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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.

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um auf die Preise einzuwirken. Des Kaufmanns Kenntniß der wahren
Sachlage vermindert die Gefahr des Mangels wie der Ueberfüllung auf den
Märkten und das für Consumenten und Händler verderbliche schwanken der
Preise, welches durch betrügerische oder irrthümliche Nachrichten herbei¬
geführt wird.

Einen anderen Nutzen bietet die französische und für die Ausfuhr auch
die englische Statistik durch die Werthberechnung des Verkehrs. Die Werth¬
berechnung, wenn sie auf die wirklichen Preise begründet ist, hat den Vorzug,
die Größe des Verkehrs nach dem richtigen Maßstab darzustellen. Es kann
möglicherweise die Menge aller eingeführten Waaren abgenommen haben,
aber dennoch der Wohlstand und die Consumtionskraft des Volkes ge¬
stiegen sein.

Wenn 1.000.000 Ctr. Kaffee zu 20 Thlr. pr. Ctr. anstatt 1,500,000 Ctr.
zu 10 Thlr. eingeführt wurden, so muß offenbar der Erwerb des Volkes
im ersten Jahre größer als im zweiten gewesen sein, denn es mußten in
jenem 20 Mill. Thaler für den Genuß des Kaffees ausgegeben werden können,
während es zu diesem Zweck im zweiten Falle nur 15 Millionen Thaler be.
durfte. Ebenso können andere Einfuhrquantitäten sich vermindert haben,
während dennoch die Werthsamme der Totaleinfuhr zunahm.

Würde diese Werthberechnung den Monatsberichten beigefügt, so könnte
hierin für den Verkehr in auswärtigen Wechseln, für den Geldmarkt im All¬
gemeinen ein wichtiger Anhaltspunkt geschaffen werden; es ließe sich der
Geldbedarf für den auswärtigen Handel übersehen. ja theilweise der Cours
der Devisen im voraus bestimmen.

Besondere Schwierigkeiten, welche der Verwandlung der Zollvereins¬
statistik in eine brauchbare Handelsstatistik entgegenstünden, walten bei uns
nicht ob. Wir verweisen in dieser Beziehung auf England, dessen Zoll-
ämter durch Mee>e getrennt sind, auf Frankreich, dessen Ausdehnung
hinter der des Zollvereinsgebiets wenig zurücksteht und dessen Zolltarif viel
zahlreichere Posten enthält, als der unsere. Die Zollverwaltungen beider
Staaten leisten in vollem Maße, was wir von der Zollverwaltung des Zoll"
Vereins in Anspruch nehmen. Wir verweisen aber auch auf Rußland, das
trotz seiner ungeheueren Ausdehnung nicht so weit in der Handelsstatistik
zurück ist, wie bis jetzt der Zollverein.

Von nicht minderer Bedeutung wäre es, wenn seitens der Bundesregie¬
rung auch die Organisation einer das Bundesgebiet umfassenden landwirth.
schaftlichen Statistik ins Auge gefaßt würde. Auch in dieser Beziehung sind
andere Staaten uns voraus, wenn das Maß des Wünschenswerthen und
Erreichbaren auch bei ihnen noch lange nicht erzielt ist. Allerdings sind die


um auf die Preise einzuwirken. Des Kaufmanns Kenntniß der wahren
Sachlage vermindert die Gefahr des Mangels wie der Ueberfüllung auf den
Märkten und das für Consumenten und Händler verderbliche schwanken der
Preise, welches durch betrügerische oder irrthümliche Nachrichten herbei¬
geführt wird.

Einen anderen Nutzen bietet die französische und für die Ausfuhr auch
die englische Statistik durch die Werthberechnung des Verkehrs. Die Werth¬
berechnung, wenn sie auf die wirklichen Preise begründet ist, hat den Vorzug,
die Größe des Verkehrs nach dem richtigen Maßstab darzustellen. Es kann
möglicherweise die Menge aller eingeführten Waaren abgenommen haben,
aber dennoch der Wohlstand und die Consumtionskraft des Volkes ge¬
stiegen sein.

Wenn 1.000.000 Ctr. Kaffee zu 20 Thlr. pr. Ctr. anstatt 1,500,000 Ctr.
zu 10 Thlr. eingeführt wurden, so muß offenbar der Erwerb des Volkes
im ersten Jahre größer als im zweiten gewesen sein, denn es mußten in
jenem 20 Mill. Thaler für den Genuß des Kaffees ausgegeben werden können,
während es zu diesem Zweck im zweiten Falle nur 15 Millionen Thaler be.
durfte. Ebenso können andere Einfuhrquantitäten sich vermindert haben,
während dennoch die Werthsamme der Totaleinfuhr zunahm.

Würde diese Werthberechnung den Monatsberichten beigefügt, so könnte
hierin für den Verkehr in auswärtigen Wechseln, für den Geldmarkt im All¬
gemeinen ein wichtiger Anhaltspunkt geschaffen werden; es ließe sich der
Geldbedarf für den auswärtigen Handel übersehen. ja theilweise der Cours
der Devisen im voraus bestimmen.

Besondere Schwierigkeiten, welche der Verwandlung der Zollvereins¬
statistik in eine brauchbare Handelsstatistik entgegenstünden, walten bei uns
nicht ob. Wir verweisen in dieser Beziehung auf England, dessen Zoll-
ämter durch Mee>e getrennt sind, auf Frankreich, dessen Ausdehnung
hinter der des Zollvereinsgebiets wenig zurücksteht und dessen Zolltarif viel
zahlreichere Posten enthält, als der unsere. Die Zollverwaltungen beider
Staaten leisten in vollem Maße, was wir von der Zollverwaltung des Zoll«
Vereins in Anspruch nehmen. Wir verweisen aber auch auf Rußland, das
trotz seiner ungeheueren Ausdehnung nicht so weit in der Handelsstatistik
zurück ist, wie bis jetzt der Zollverein.

Von nicht minderer Bedeutung wäre es, wenn seitens der Bundesregie¬
rung auch die Organisation einer das Bundesgebiet umfassenden landwirth.
schaftlichen Statistik ins Auge gefaßt würde. Auch in dieser Beziehung sind
andere Staaten uns voraus, wenn das Maß des Wünschenswerthen und
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686/120>, abgerufen am 24.07.2024.