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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.

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ten. Die Offiziere, vom ersten bis auf den niedersten, bezeugten durchgehends
eine ausnehmende Bravour und Tapferkeit und würde gewiß von Ew.
hochfstl. durchl. Auxiliarcorps ein Großes gethan worden sein, wenn nur der
gemeine Mann seine Schuldigkeit hätte thun wollen, allein hatte derselbe
einen so schlechten Muth, daß dessen Conduite auf gewisse Weise der vor¬
maligen Stuttgarter Historie vollkommen gleichkam, indem derselbe größten-
theils seine Schuldigkeit außer Augen gesetzt hatte. Der Verlust bei dem
hochfstl. Corps ist groß und besonders in Ansehung der Verlaufenen be-
trächtlich. , . . Ew. hochfstl. Durchl. kann in Unterthänigkeit nicht bergen,
daß durch diese fascheuseste Begebenheit in den blutigsten Schmerzen gesetzt
worden und untröstlich bin, mich Z, 1" tete solcher Leute sehen zu müssen,
weshalben mich allerdings gemüßigt sehen muß, fürohin das Commando über
derlei Leute mir abzubitten." Das Herzog!. Corps hatte 134 Todte, 160
Verwundete, 124 Gefangene und 1832 Vermißte. Von diesen stellten sich
zwar einige Hunderte wieder ein, aber die allermeisten hatten die Verwirrung
benutzt, unverweilt nach der Heimath zurückzukehren. Des militairischen Geistes
und der Disciplin gänzlich entbehrend, konnten diese Leute nicht vergessen, daß
sie durch willkürliche Gewalt, nicht durch Gesetz, ihrer Heimath entrissen und
bestimmt seien, für eine Sache zu kämpfen, die ihnen, den Lutheranern, in
der Seele zuwider war.

Als im Jahr 1758 neue Aushebungen veranstaltet wurden, war der
Widerstand auch von Seite der Landschaft so erheblich, daß der Herzog
durch den Kaiser selbst auf die Landschaft drücken lassen mußte. Es erfolgte
dann auch ein Verweis des Kaisers an die in ihrem guten Recht befind¬
lichen Stände des Herzogthums, der in der That, nicht blos in Ansehung
der k. k. Sprache, zu den charakteristischen Documenten des Jahrhunderts
gehört. Der Kaiser schreibt, er könne "nicht änderst als mißfälligst ansehen,
daß Ihr anstatt Jhme, Herzog, für die zu eurem und des Landes eigenem
Schutz angeordnete Landesdefenston zu danken und den darzu ergehenden
Aufwand der Schuldigkeit nach bereitwillig darzureichen, das diesfällsige von
demselben an euch gebrachte Ansinnen, mit leeren, ohngegründeten, aufzöger¬
lichen, die Sache nur in das Weite hinausspielen wollenden Ausflüchten auf¬
zuhalten gesucht und dabei euere Vorstellungen in den unanständigsten Aue¬
drücken verfasset, ohne daß die zu wiederholten Malen an euch schriftlich und
mündlich beschehene so gut als ernstliche Vermahnungen bei euch was ge¬
wirket haben, sondern ihr auf eurem abneigigen Willen und wesentlicher
Widersetzlichkeit allenthalben bestanden seid und damit auch jenen Beistand
Jhme, Herzog, versaget habt, dessen er über das Ordinarium benöthigt zu
sein erachtet, um den für die jetztrnaligen Reichs- und Kreisprästanda zu
machen habenden manchfachen Aufwand bestreiten zu können". Das lang-


ten. Die Offiziere, vom ersten bis auf den niedersten, bezeugten durchgehends
eine ausnehmende Bravour und Tapferkeit und würde gewiß von Ew.
hochfstl. durchl. Auxiliarcorps ein Großes gethan worden sein, wenn nur der
gemeine Mann seine Schuldigkeit hätte thun wollen, allein hatte derselbe
einen so schlechten Muth, daß dessen Conduite auf gewisse Weise der vor¬
maligen Stuttgarter Historie vollkommen gleichkam, indem derselbe größten-
theils seine Schuldigkeit außer Augen gesetzt hatte. Der Verlust bei dem
hochfstl. Corps ist groß und besonders in Ansehung der Verlaufenen be-
trächtlich. , . . Ew. hochfstl. Durchl. kann in Unterthänigkeit nicht bergen,
daß durch diese fascheuseste Begebenheit in den blutigsten Schmerzen gesetzt
worden und untröstlich bin, mich Z, 1» tete solcher Leute sehen zu müssen,
weshalben mich allerdings gemüßigt sehen muß, fürohin das Commando über
derlei Leute mir abzubitten." Das Herzog!. Corps hatte 134 Todte, 160
Verwundete, 124 Gefangene und 1832 Vermißte. Von diesen stellten sich
zwar einige Hunderte wieder ein, aber die allermeisten hatten die Verwirrung
benutzt, unverweilt nach der Heimath zurückzukehren. Des militairischen Geistes
und der Disciplin gänzlich entbehrend, konnten diese Leute nicht vergessen, daß
sie durch willkürliche Gewalt, nicht durch Gesetz, ihrer Heimath entrissen und
bestimmt seien, für eine Sache zu kämpfen, die ihnen, den Lutheranern, in
der Seele zuwider war.

Als im Jahr 1758 neue Aushebungen veranstaltet wurden, war der
Widerstand auch von Seite der Landschaft so erheblich, daß der Herzog
durch den Kaiser selbst auf die Landschaft drücken lassen mußte. Es erfolgte
dann auch ein Verweis des Kaisers an die in ihrem guten Recht befind¬
lichen Stände des Herzogthums, der in der That, nicht blos in Ansehung
der k. k. Sprache, zu den charakteristischen Documenten des Jahrhunderts
gehört. Der Kaiser schreibt, er könne „nicht änderst als mißfälligst ansehen,
daß Ihr anstatt Jhme, Herzog, für die zu eurem und des Landes eigenem
Schutz angeordnete Landesdefenston zu danken und den darzu ergehenden
Aufwand der Schuldigkeit nach bereitwillig darzureichen, das diesfällsige von
demselben an euch gebrachte Ansinnen, mit leeren, ohngegründeten, aufzöger¬
lichen, die Sache nur in das Weite hinausspielen wollenden Ausflüchten auf¬
zuhalten gesucht und dabei euere Vorstellungen in den unanständigsten Aue¬
drücken verfasset, ohne daß die zu wiederholten Malen an euch schriftlich und
mündlich beschehene so gut als ernstliche Vermahnungen bei euch was ge¬
wirket haben, sondern ihr auf eurem abneigigen Willen und wesentlicher
Widersetzlichkeit allenthalben bestanden seid und damit auch jenen Beistand
Jhme, Herzog, versaget habt, dessen er über das Ordinarium benöthigt zu
sein erachtet, um den für die jetztrnaligen Reichs- und Kreisprästanda zu
machen habenden manchfachen Aufwand bestreiten zu können". Das lang-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686/116>, abgerufen am 24.07.2024.