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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band.

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den'unvermeidlichen Stößen gegen das Wrak Nichts zu fürchten hat, bei
seinem geringen Tiefgang (1 Fuß) über die flachsten Stellen hinwegkommt.
Stehen und gehen läßt sich aus ihm allerdings kaum; man liegt und kriecht,
indem man sich an überall angebrachten Tauen hält. Wasserblase gekleidet
muß man ebenfalls schon sein. Der Gebrauch von Segel und Rudern ist
nicht völlig ausgeschlossen. In Bremerhaven, wie gesagt, war im vorigen
Spätsommer der Beifall allgemein, im laufenden Frühjahre werden zweck¬
mäßig angestellte Experimente ergeben müssen, ob und inwiefern das interessante
neue Rettungsmittel sich sür die Verhältnisse an unseren Küsten empfiehlt.

Zur Lösung solcher und ähnlicher Aufgaben hat sich die deutsche Ret¬
tungsgesellschaft neuerdings in Kapitän Steengrafe aus Vegesack einen tech¬
nischen Inspector zugelegt, wie das schon bei ihrer Gründung zu Kiel im
Mai 1863 vorgesehen war. Die eigentliche Führung der Geschäfte der Ge-
sellschaft aber ist nach wie vor in der thätigen und vielgewandten Hand ihres
Generalsecretärs, des Syndicus der bremer Handelskammer or. H. A. sehn>
nacher; das Centralbureau im Haus Schütting auf dem Markt zu Bremen,
wo die dortige Handelskammer ihr Hauptquartier hat, die der Rettungsgesell¬
schaft den erforderlichen Raum unentgeltlich zur Verfügung stellt. Der Prä¬
sident, Consul H. H. Meier, bewährt seine notorische Energie bei außer¬
ordentlichen Gelegenheiten, wie z. B. als es den König von Preußen zum
Protector zu gewinnen oder durch eine Anzahl großer Beiträge (je 1000 Thlr.)
ein Grundcapital zu bilden galt.

Die Bedenken, welche bei der Gründung der Gesellschaft gegen die ver¬
meinte Kostspieligkeit, Weitläufigkeit und verhältnißmäßige Ueberflüssigkeit
des Apparats einer sörmlich dotirter ständigen Centralstelle laut wurden,
sind jetzt verstummt. Erst der Urheber der Gesellschaft, or. Emminghaus
(jetzt Professor am Polytechnicum zu Karlsruhe), dann or. Schumacher
haben die Vorzüglichkeit nationaler Centralisation auf diesem Felde durch
die That erwiesen. Wer hätte z. B. ohne ein zweckmäßig geleitetes Central¬
bureau das deutsche Rettungswesen im Sommer 1867 auf der pariser Welt¬
ausstellung neben dem englischen und dem französischen Rettungswesen re-
präsentiren sollen, wer die regelmäßigen Sammlungen im Binnenlande so
zahlreich veranlaßt, ihre Erträge so richtig über die ganze deutsche Küste ver¬
theilt? Ja wie wäre selbst das wünschenswerthe Zusammenwirken der Küsten-
Vereine, obschon freilich auch in losernen Formen denkbar, so fest zu ordnen
und so gut zu leiten gewesen? Man braucht auf diese Fragen heute nicht
gründlicher einzugehen, denn sie werden 'allenthalben übereinstimmend be¬
antwortet.

Die deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger zählte im Jahre
1867--1868 gegen 1ö,000 Mitglieder mit etwa 16,000 Thaler Beiträgen.


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den'unvermeidlichen Stößen gegen das Wrak Nichts zu fürchten hat, bei
seinem geringen Tiefgang (1 Fuß) über die flachsten Stellen hinwegkommt.
Stehen und gehen läßt sich aus ihm allerdings kaum; man liegt und kriecht,
indem man sich an überall angebrachten Tauen hält. Wasserblase gekleidet
muß man ebenfalls schon sein. Der Gebrauch von Segel und Rudern ist
nicht völlig ausgeschlossen. In Bremerhaven, wie gesagt, war im vorigen
Spätsommer der Beifall allgemein, im laufenden Frühjahre werden zweck¬
mäßig angestellte Experimente ergeben müssen, ob und inwiefern das interessante
neue Rettungsmittel sich sür die Verhältnisse an unseren Küsten empfiehlt.

Zur Lösung solcher und ähnlicher Aufgaben hat sich die deutsche Ret¬
tungsgesellschaft neuerdings in Kapitän Steengrafe aus Vegesack einen tech¬
nischen Inspector zugelegt, wie das schon bei ihrer Gründung zu Kiel im
Mai 1863 vorgesehen war. Die eigentliche Führung der Geschäfte der Ge-
sellschaft aber ist nach wie vor in der thätigen und vielgewandten Hand ihres
Generalsecretärs, des Syndicus der bremer Handelskammer or. H. A. sehn>
nacher; das Centralbureau im Haus Schütting auf dem Markt zu Bremen,
wo die dortige Handelskammer ihr Hauptquartier hat, die der Rettungsgesell¬
schaft den erforderlichen Raum unentgeltlich zur Verfügung stellt. Der Prä¬
sident, Consul H. H. Meier, bewährt seine notorische Energie bei außer¬
ordentlichen Gelegenheiten, wie z. B. als es den König von Preußen zum
Protector zu gewinnen oder durch eine Anzahl großer Beiträge (je 1000 Thlr.)
ein Grundcapital zu bilden galt.

Die Bedenken, welche bei der Gründung der Gesellschaft gegen die ver¬
meinte Kostspieligkeit, Weitläufigkeit und verhältnißmäßige Ueberflüssigkeit
des Apparats einer sörmlich dotirter ständigen Centralstelle laut wurden,
sind jetzt verstummt. Erst der Urheber der Gesellschaft, or. Emminghaus
(jetzt Professor am Polytechnicum zu Karlsruhe), dann or. Schumacher
haben die Vorzüglichkeit nationaler Centralisation auf diesem Felde durch
die That erwiesen. Wer hätte z. B. ohne ein zweckmäßig geleitetes Central¬
bureau das deutsche Rettungswesen im Sommer 1867 auf der pariser Welt¬
ausstellung neben dem englischen und dem französischen Rettungswesen re-
präsentiren sollen, wer die regelmäßigen Sammlungen im Binnenlande so
zahlreich veranlaßt, ihre Erträge so richtig über die ganze deutsche Küste ver¬
theilt? Ja wie wäre selbst das wünschenswerthe Zusammenwirken der Küsten-
Vereine, obschon freilich auch in losernen Formen denkbar, so fest zu ordnen
und so gut zu leiten gewesen? Man braucht auf diese Fragen heute nicht
gründlicher einzugehen, denn sie werden 'allenthalben übereinstimmend be¬
antwortet.

Die deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger zählte im Jahre
1867—1868 gegen 1ö,000 Mitglieder mit etwa 16,000 Thaler Beiträgen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120192/487>, abgerufen am 28.09.2024.