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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band.

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des anderen also umgehen will." Nun bin ich wieder in die vorige Kammer
des Wachtmeisters begleitet worden.

Am 9. März kommt ein Wachtmeister zu mir und heißt mich in die
Kanzlei kommen. Er geleitet mich, mit einem Federspieß mir vortretend,
die zwei Schützen, die mich bewachten, mit ihren Rohren hinter mir. In der
Kanzlei finde ich den Marschalk. den Statthalter zu Stockholm, den deutschen
Secrerair Ambrosius Palm und Andere mehr. Da steht der deutsche Secre-
tair auf und zeigt mir im Namen des Königs an, Seine Majestät könnten
leicht abnehmen, daß meine Absenkung nicht auf so wenig, wie ich vorgegeben,
fundirt sei. und daß weit mehr dahinter stecke. Sie ließen deswegen noch
zum Ueberfluß einmal mich gnädigst ernähren, daß ich gutwillig bekennen
sollte, was ich in Moskau zu verrichten gehabt. Wenn ich aber ja nicht
wollte, wollten königliche Majestät mir hiermit angesagt haben, daß Sie
endlich entschlossen seien, ernstere und schärfere Mittel in die Hand zu neh¬
men und mit Gewalt von mir herauszubringen, was mit Liebe nicht sein
könnte. Ich antwortete: "Ich wäre der tröstlichen Zuversicht, königliche
Majestät werden als ein christlicher Potentat, dessen angeborene hohe Tugen¬
den ich weit und breit rühmen gehört, sich gnädigst eines Anderen resolviren
und nicht solche unbillige und in der Christenheit in solchen Fällen un¬
gebräuchliche Mittel in die Hand nehmen, sondern weil ich mich auf kaiserliche
Majestät berufe, Derselben zu Ehren, mir entweder gnädigst zu gönnen, Die-
selbe von meinem Zustand in Kenntniß zu setzen, oder aber sür Ihre Person
an königliche Majestät hinaus berichten und Derselben schreiben." Darauf
gab mir Olaf Schwerkerson zur Antwort, der König würde das nicht thun,
sondern sich an mich halten. Ich wandte ein, königliche Majestät würden
beherzigen, wie unparteiisch der Kaiser sich in den polnischen Händeln ver¬
halten, obwol Desselben Herr Bruder höchlich dabei interessirt gewesen.
Olaf Schwerkerson aber sagte: "Königliche Majestät werden nach allem die¬
sen nichts fragen. Denn wenn man der Sache auf den Grund geht, sind
eure Landsleute, die Schlesier. Anfang und Ursache aller dieser Mißhellig-
keiten." Ich antwortete: "Damals bin ich nicht im Lande, sondern in Italien
gewesen; ich weiß also nicht, ob sie so große Schuld haben, aber so viel weiß
ich, daß sie am Meisten Haare deshalb gelassen haben, denn in ihrem Lande
sind mehr als sechszig Dörfer und vier bis sechs Städtlein abgebrannt wor¬
den. Aber dies lasse ich helfen, und ich wiederhole die Bitte, daß die Herren
königlicher Majestät mein Gesuch vortragen." Darauf sagte Olaf wieder,
damit dürften sie dem Könige nicht kommen, denn er würde fragen, ob sie
rasend wären, daß sie meinen Fabeln glaubten. '

Der Marschall sepe Rebinck redete auch dazu: "Wir bezeugen bei Gott,
daß unter uns Keiner ist, dem es nicht nahezu leid thut, daß königliche Ma-


des anderen also umgehen will." Nun bin ich wieder in die vorige Kammer
des Wachtmeisters begleitet worden.

Am 9. März kommt ein Wachtmeister zu mir und heißt mich in die
Kanzlei kommen. Er geleitet mich, mit einem Federspieß mir vortretend,
die zwei Schützen, die mich bewachten, mit ihren Rohren hinter mir. In der
Kanzlei finde ich den Marschalk. den Statthalter zu Stockholm, den deutschen
Secrerair Ambrosius Palm und Andere mehr. Da steht der deutsche Secre-
tair auf und zeigt mir im Namen des Königs an, Seine Majestät könnten
leicht abnehmen, daß meine Absenkung nicht auf so wenig, wie ich vorgegeben,
fundirt sei. und daß weit mehr dahinter stecke. Sie ließen deswegen noch
zum Ueberfluß einmal mich gnädigst ernähren, daß ich gutwillig bekennen
sollte, was ich in Moskau zu verrichten gehabt. Wenn ich aber ja nicht
wollte, wollten königliche Majestät mir hiermit angesagt haben, daß Sie
endlich entschlossen seien, ernstere und schärfere Mittel in die Hand zu neh¬
men und mit Gewalt von mir herauszubringen, was mit Liebe nicht sein
könnte. Ich antwortete: „Ich wäre der tröstlichen Zuversicht, königliche
Majestät werden als ein christlicher Potentat, dessen angeborene hohe Tugen¬
den ich weit und breit rühmen gehört, sich gnädigst eines Anderen resolviren
und nicht solche unbillige und in der Christenheit in solchen Fällen un¬
gebräuchliche Mittel in die Hand nehmen, sondern weil ich mich auf kaiserliche
Majestät berufe, Derselben zu Ehren, mir entweder gnädigst zu gönnen, Die-
selbe von meinem Zustand in Kenntniß zu setzen, oder aber sür Ihre Person
an königliche Majestät hinaus berichten und Derselben schreiben." Darauf
gab mir Olaf Schwerkerson zur Antwort, der König würde das nicht thun,
sondern sich an mich halten. Ich wandte ein, königliche Majestät würden
beherzigen, wie unparteiisch der Kaiser sich in den polnischen Händeln ver¬
halten, obwol Desselben Herr Bruder höchlich dabei interessirt gewesen.
Olaf Schwerkerson aber sagte: „Königliche Majestät werden nach allem die¬
sen nichts fragen. Denn wenn man der Sache auf den Grund geht, sind
eure Landsleute, die Schlesier. Anfang und Ursache aller dieser Mißhellig-
keiten." Ich antwortete: „Damals bin ich nicht im Lande, sondern in Italien
gewesen; ich weiß also nicht, ob sie so große Schuld haben, aber so viel weiß
ich, daß sie am Meisten Haare deshalb gelassen haben, denn in ihrem Lande
sind mehr als sechszig Dörfer und vier bis sechs Städtlein abgebrannt wor¬
den. Aber dies lasse ich helfen, und ich wiederhole die Bitte, daß die Herren
königlicher Majestät mein Gesuch vortragen." Darauf sagte Olaf wieder,
damit dürften sie dem Könige nicht kommen, denn er würde fragen, ob sie
rasend wären, daß sie meinen Fabeln glaubten. '

Der Marschall sepe Rebinck redete auch dazu: „Wir bezeugen bei Gott,
daß unter uns Keiner ist, dem es nicht nahezu leid thut, daß königliche Ma-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120192/482>, abgerufen am 28.09.2024.