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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band.

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Mexico -- Mohne:c. --, ein Herr v. Scheliha jetzt wieder in preußische
Dienste getreten ist; derselbe hat seine Erfahrungen in einem zugleich
deutsch und englisch herausgegebenen Buche veröffentlicht. Bereits sind am
27. October v. I. unter Viceadmiral Jachmann und General v. Kameke in
der Wieker Bucht (dem Theil der Kieler Föhrde, welcher zwischen Bellevue
und Holtenau liegt) gegen alte Ruderkanonenboote Versuche mit Pulver- und
mit Nitroglycertntorpedos (Dynamik, Dualin oder 10 Centner Spreng-
Pulver) gemacht worden, welche die Fahrzeuge in der Mitte vollständig in
die Höhe sprengten und die Enden versinken ließen, während die vor einiger
Zeit in England an der alten Segelfregatte "Terpstchore" angestellte Probe
dem Schiff bloß ein großes Leck beibrachte, und noch in letzter Zeit in
Schweden vier von sechs mit Dynamik gefüllten Seculum die alte Fregatte
"De'siree", deren Boden man für den Versuch gepanzert hatte, ebenfalls
nur zum Sinken brachten. Unvollkommen waren die Torpedos von den
Dänen verwandt worden, als der Uebergang der Preußen über den Alsen-
sund drohte. Jene Torpedos hatten Glasröhren, die über das Wasser
ragten, und durch welche, wenn ein anstoßendes Schiff sie zerbrach, das See¬
wasser hineinlaufen und den Sprengsatz explodiren lassen sollte. Die Preußen
aber nahmen ein Tau zwischen zwei Boote und kämmten die Glasröhren ab,
ohne durch die Explosion Schaden zu leiden.

Doch ist dabei auch in mehrfacher Beziehung Vorsicht nöthig. In
Oestreich, wo Venedig. Pola und Lissa durch Seculum geschlossen sind, wur¬
den S Torpedos (1 in Malamocco vor Venedig, 4 in Pola) durch Gewitter
entzündet. Damit dies und Explosionen beim Anstoßen der eigenen Schiffe
vermieden werde, wird der Contact der electrischen Zündung mit der Lei¬
tung erst im letzten Moment hergestellt. -- Vor Pola liegen 2 Torpedolinien
in 10-12 Fuß Tiefe.

Besonders sinnreich ist das östreichische für Trieft berechnete System,
das allerdings nur bei Angriffen am Tage gut wirken wird. Von jedem
Torpedo läuft ein electrischer Draht, durch den er zu entzünden ist, nach dem
Centralobservatorium der Stadt, welches die ganze Bai überschaut. Hier ist
eine camera odsoura (wie bei einem photographischen Apparat) angebracht,
auf deren Platte im Landschaftsbilde alle Punkte markirr sind, wo Torpedos
liegen. Nähert sich ein feindliches Schiff einem dieser Punkte, so wird mittelst
einfachen Fingerdrucks durch den electrischen Draht der Torpedo entzündet.

Vielleicht noch wichtiger ist eine andere Triestiner Erfindung, an der
ein Engländer Wheathead und ein Dalmatiner Lupis betheiligt sind, und
bei der vermieden wird, daß eine große Zahl Torpedos unthätig liegt und
den Feind erwartet. Nach einer Version besteht diese zur Zeit geheimgehaltene
Erfindung darin, daß ein Torpedo in Form einer Rakete unter Wasser


Grenzboten I. 18et!>. 47

Mexico — Mohne:c. —, ein Herr v. Scheliha jetzt wieder in preußische
Dienste getreten ist; derselbe hat seine Erfahrungen in einem zugleich
deutsch und englisch herausgegebenen Buche veröffentlicht. Bereits sind am
27. October v. I. unter Viceadmiral Jachmann und General v. Kameke in
der Wieker Bucht (dem Theil der Kieler Föhrde, welcher zwischen Bellevue
und Holtenau liegt) gegen alte Ruderkanonenboote Versuche mit Pulver- und
mit Nitroglycertntorpedos (Dynamik, Dualin oder 10 Centner Spreng-
Pulver) gemacht worden, welche die Fahrzeuge in der Mitte vollständig in
die Höhe sprengten und die Enden versinken ließen, während die vor einiger
Zeit in England an der alten Segelfregatte „Terpstchore" angestellte Probe
dem Schiff bloß ein großes Leck beibrachte, und noch in letzter Zeit in
Schweden vier von sechs mit Dynamik gefüllten Seculum die alte Fregatte
„De'siree", deren Boden man für den Versuch gepanzert hatte, ebenfalls
nur zum Sinken brachten. Unvollkommen waren die Torpedos von den
Dänen verwandt worden, als der Uebergang der Preußen über den Alsen-
sund drohte. Jene Torpedos hatten Glasröhren, die über das Wasser
ragten, und durch welche, wenn ein anstoßendes Schiff sie zerbrach, das See¬
wasser hineinlaufen und den Sprengsatz explodiren lassen sollte. Die Preußen
aber nahmen ein Tau zwischen zwei Boote und kämmten die Glasröhren ab,
ohne durch die Explosion Schaden zu leiden.

Doch ist dabei auch in mehrfacher Beziehung Vorsicht nöthig. In
Oestreich, wo Venedig. Pola und Lissa durch Seculum geschlossen sind, wur¬
den S Torpedos (1 in Malamocco vor Venedig, 4 in Pola) durch Gewitter
entzündet. Damit dies und Explosionen beim Anstoßen der eigenen Schiffe
vermieden werde, wird der Contact der electrischen Zündung mit der Lei¬
tung erst im letzten Moment hergestellt. — Vor Pola liegen 2 Torpedolinien
in 10-12 Fuß Tiefe.

Besonders sinnreich ist das östreichische für Trieft berechnete System,
das allerdings nur bei Angriffen am Tage gut wirken wird. Von jedem
Torpedo läuft ein electrischer Draht, durch den er zu entzünden ist, nach dem
Centralobservatorium der Stadt, welches die ganze Bai überschaut. Hier ist
eine camera odsoura (wie bei einem photographischen Apparat) angebracht,
auf deren Platte im Landschaftsbilde alle Punkte markirr sind, wo Torpedos
liegen. Nähert sich ein feindliches Schiff einem dieser Punkte, so wird mittelst
einfachen Fingerdrucks durch den electrischen Draht der Torpedo entzündet.

Vielleicht noch wichtiger ist eine andere Triestiner Erfindung, an der
ein Engländer Wheathead und ein Dalmatiner Lupis betheiligt sind, und
bei der vermieden wird, daß eine große Zahl Torpedos unthätig liegt und
den Feind erwartet. Nach einer Version besteht diese zur Zeit geheimgehaltene
Erfindung darin, daß ein Torpedo in Form einer Rakete unter Wasser


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[0381] Mexico — Mohne:c. —, ein Herr v. Scheliha jetzt wieder in preußische Dienste getreten ist; derselbe hat seine Erfahrungen in einem zugleich deutsch und englisch herausgegebenen Buche veröffentlicht. Bereits sind am 27. October v. I. unter Viceadmiral Jachmann und General v. Kameke in der Wieker Bucht (dem Theil der Kieler Föhrde, welcher zwischen Bellevue und Holtenau liegt) gegen alte Ruderkanonenboote Versuche mit Pulver- und mit Nitroglycertntorpedos (Dynamik, Dualin oder 10 Centner Spreng- Pulver) gemacht worden, welche die Fahrzeuge in der Mitte vollständig in die Höhe sprengten und die Enden versinken ließen, während die vor einiger Zeit in England an der alten Segelfregatte „Terpstchore" angestellte Probe dem Schiff bloß ein großes Leck beibrachte, und noch in letzter Zeit in Schweden vier von sechs mit Dynamik gefüllten Seculum die alte Fregatte „De'siree", deren Boden man für den Versuch gepanzert hatte, ebenfalls nur zum Sinken brachten. Unvollkommen waren die Torpedos von den Dänen verwandt worden, als der Uebergang der Preußen über den Alsen- sund drohte. Jene Torpedos hatten Glasröhren, die über das Wasser ragten, und durch welche, wenn ein anstoßendes Schiff sie zerbrach, das See¬ wasser hineinlaufen und den Sprengsatz explodiren lassen sollte. Die Preußen aber nahmen ein Tau zwischen zwei Boote und kämmten die Glasröhren ab, ohne durch die Explosion Schaden zu leiden. Doch ist dabei auch in mehrfacher Beziehung Vorsicht nöthig. In Oestreich, wo Venedig. Pola und Lissa durch Seculum geschlossen sind, wur¬ den S Torpedos (1 in Malamocco vor Venedig, 4 in Pola) durch Gewitter entzündet. Damit dies und Explosionen beim Anstoßen der eigenen Schiffe vermieden werde, wird der Contact der electrischen Zündung mit der Lei¬ tung erst im letzten Moment hergestellt. — Vor Pola liegen 2 Torpedolinien in 10-12 Fuß Tiefe. Besonders sinnreich ist das östreichische für Trieft berechnete System, das allerdings nur bei Angriffen am Tage gut wirken wird. Von jedem Torpedo läuft ein electrischer Draht, durch den er zu entzünden ist, nach dem Centralobservatorium der Stadt, welches die ganze Bai überschaut. Hier ist eine camera odsoura (wie bei einem photographischen Apparat) angebracht, auf deren Platte im Landschaftsbilde alle Punkte markirr sind, wo Torpedos liegen. Nähert sich ein feindliches Schiff einem dieser Punkte, so wird mittelst einfachen Fingerdrucks durch den electrischen Draht der Torpedo entzündet. Vielleicht noch wichtiger ist eine andere Triestiner Erfindung, an der ein Engländer Wheathead und ein Dalmatiner Lupis betheiligt sind, und bei der vermieden wird, daß eine große Zahl Torpedos unthätig liegt und den Feind erwartet. Nach einer Version besteht diese zur Zeit geheimgehaltene Erfindung darin, daß ein Torpedo in Form einer Rakete unter Wasser Grenzboten I. 18et!>. 47

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120192/381>, abgerufen am 28.09.2024.