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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band.

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verändert, und bei dem eine Irrung von 30 Schritt in der Distanz die
Bombe diesseits statt jenseits ins Wasser schlagen läßt. Und doch ist
gerade das Verticalfeuer des Mörsers enorm wichtig geworden: früher
genügten Kanonen mit ihren Schüssen auf die Flanken des Schiffs, dieses
zu durchschlagen, heutzutage bietet einzig das Deck in größeren Distanzen
Chancen für den Durchschlag der Geschosse, weil sich das Deck, ohne das
Schiff übermäßig zu beschweren, nicht stark panzern läßt. Aus diesen Gründen
ist man vor einigen Monaten, und zwar bei uns in Preußen, zuerst dazu ge-
schritten, einen gezogenen Mörser für Versuche herzustellen, und damit die
Präcision des Schusses erheblich zu steigern*). Bei Vertheidigung von Hafen¬
eingängen wie z. B. bei Kiel, wo die Entfernung genau bekannt ist, wird
der gezogene Mörser sich möglicherweise als der gefährlichste Feind der Panzer¬
schiffe erweisen.

Ferner aber ist für die Wirkung der Küstengeschütze bei Häfen und Flu߬
mündungen eine Hilfe anderer Art von höchster Wichtigkeit, wir meinen die
Herstellung unterseeischer Sperrungen, welche entweder die feindlichen
Schiffe gar nicht hereinlassen, oder sie wenigstens so lange an einem Punkte,
dessen Entfernung genau bekannt ist, festhalten, daß die Küstengeschütze sie
in den Grund bohren können. Wo die Sperrungen nicht genügten, sind im
letzten amerikanischen Kriege wiederholt Panzerschiffe und selbst Holzschiffe
unter dem Feuer der Batterien vorbeigefahren, und haben mit Kar¬
tätschen Barbettgeschütze, und selbst Geschütze in Scharten durch Tödtung
aller Kanoniere kampfunfähig gemacht. Für Sperrungen ist Versenkung von
Schiffen oder Steinen, wie in Sebastopol oder Charleston, nicht zu empfehlen,
weil sie den Hafen für die Zeit nach dem Kriege ruinirt, und die eigene
Flotte an Ausfällen hindert. Das Sperren durch Ketten, welches im Mittel¬
alter in Constantinopel, Pisa, Genua u. s. w. vielfach im Gebrauch war,
und auch jüngst von den Paraguiten angewandt wurde, genügt deshalb nicht,
weil leichte Ketten zu schwach sind gegenüber dem Anlaufe von Panzer¬
dampfern, schwere Ketten aber durch ihr eigenes Gewicht in der Mitte sich



") Es ist dies ein achtzölliges Bronzerohr, welches von hinten geladen wird; seine Länge
beträgt etwa ö'/z Fuß, die Anzahl der Züge ist 30, der Drallwinkel 7 Gr. Der Verschluß
ist ein Doppclkcilvcrschluß, ähnlich dem sonst eingeführten; beide Keile sind von Schmiede¬
eisen, not in den vorderen ist eine Stahlplatte mit einem Knpferringe als Liderung eingesetzt.
Damit der Hintere Theil des Ladungsraums nicht ausbrennt, wobei der gasdichte Verschluß
aufgehoben würde, ist hier ein Stahlring eingesetzt. Damit die Kurbel zum Bewegen der Keile
nicht daran hindert, dem Rohre hohe Elevationen zu geben, ist sie zum Abnehmen eingerichtet,
und wird nach dem Laden vom Rohre getrennt. Zur Erleichterung der Handhabung des
Rohres ist über seinem Schwerpunkt ein beweglicher eiserner Bügel durch eiserne Bänder be¬
festigt, und zugleich ist für dieses Rohr eine fahrbare Lafette eigener Construction und anderer¬
seits auch eine ganz eigen eingerichtete Nichtmaschme construirt, welche Elevationen bis zu 75°
zu nehmen gestattet.

verändert, und bei dem eine Irrung von 30 Schritt in der Distanz die
Bombe diesseits statt jenseits ins Wasser schlagen läßt. Und doch ist
gerade das Verticalfeuer des Mörsers enorm wichtig geworden: früher
genügten Kanonen mit ihren Schüssen auf die Flanken des Schiffs, dieses
zu durchschlagen, heutzutage bietet einzig das Deck in größeren Distanzen
Chancen für den Durchschlag der Geschosse, weil sich das Deck, ohne das
Schiff übermäßig zu beschweren, nicht stark panzern läßt. Aus diesen Gründen
ist man vor einigen Monaten, und zwar bei uns in Preußen, zuerst dazu ge-
schritten, einen gezogenen Mörser für Versuche herzustellen, und damit die
Präcision des Schusses erheblich zu steigern*). Bei Vertheidigung von Hafen¬
eingängen wie z. B. bei Kiel, wo die Entfernung genau bekannt ist, wird
der gezogene Mörser sich möglicherweise als der gefährlichste Feind der Panzer¬
schiffe erweisen.

Ferner aber ist für die Wirkung der Küstengeschütze bei Häfen und Flu߬
mündungen eine Hilfe anderer Art von höchster Wichtigkeit, wir meinen die
Herstellung unterseeischer Sperrungen, welche entweder die feindlichen
Schiffe gar nicht hereinlassen, oder sie wenigstens so lange an einem Punkte,
dessen Entfernung genau bekannt ist, festhalten, daß die Küstengeschütze sie
in den Grund bohren können. Wo die Sperrungen nicht genügten, sind im
letzten amerikanischen Kriege wiederholt Panzerschiffe und selbst Holzschiffe
unter dem Feuer der Batterien vorbeigefahren, und haben mit Kar¬
tätschen Barbettgeschütze, und selbst Geschütze in Scharten durch Tödtung
aller Kanoniere kampfunfähig gemacht. Für Sperrungen ist Versenkung von
Schiffen oder Steinen, wie in Sebastopol oder Charleston, nicht zu empfehlen,
weil sie den Hafen für die Zeit nach dem Kriege ruinirt, und die eigene
Flotte an Ausfällen hindert. Das Sperren durch Ketten, welches im Mittel¬
alter in Constantinopel, Pisa, Genua u. s. w. vielfach im Gebrauch war,
und auch jüngst von den Paraguiten angewandt wurde, genügt deshalb nicht,
weil leichte Ketten zu schwach sind gegenüber dem Anlaufe von Panzer¬
dampfern, schwere Ketten aber durch ihr eigenes Gewicht in der Mitte sich



") Es ist dies ein achtzölliges Bronzerohr, welches von hinten geladen wird; seine Länge
beträgt etwa ö'/z Fuß, die Anzahl der Züge ist 30, der Drallwinkel 7 Gr. Der Verschluß
ist ein Doppclkcilvcrschluß, ähnlich dem sonst eingeführten; beide Keile sind von Schmiede¬
eisen, not in den vorderen ist eine Stahlplatte mit einem Knpferringe als Liderung eingesetzt.
Damit der Hintere Theil des Ladungsraums nicht ausbrennt, wobei der gasdichte Verschluß
aufgehoben würde, ist hier ein Stahlring eingesetzt. Damit die Kurbel zum Bewegen der Keile
nicht daran hindert, dem Rohre hohe Elevationen zu geben, ist sie zum Abnehmen eingerichtet,
und wird nach dem Laden vom Rohre getrennt. Zur Erleichterung der Handhabung des
Rohres ist über seinem Schwerpunkt ein beweglicher eiserner Bügel durch eiserne Bänder be¬
festigt, und zugleich ist für dieses Rohr eine fahrbare Lafette eigener Construction und anderer¬
seits auch eine ganz eigen eingerichtete Nichtmaschme construirt, welche Elevationen bis zu 75°
zu nehmen gestattet.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120192/379>, abgerufen am 28.09.2024.