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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band.

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indirecte Mahl- und Schlachtsteuer in eine Fixsteuer, welche nach gewissen,
im Verhältnisse zur Einwohnerzahl der Städte sich steigernden festen Sätzen
erhoben wird. Mit den Seestädten bestehen Separatverträge wegen der Zah¬
lung der ordentlichen Contribution. Gleichzeitig mit der gesetzlichen Fest¬
stellung der Handelsclassensteuer und der fixirren Mahl- und Schlachtsteuer,
am 1. Oct. 1863, wurde zur Ablösung der Landzölle und des größeren
Theiles der Handelssteuer, ein beide Großherzogrhümer, jedoch mit Ausschluß
des Strelitz'schen Fürstenthums Ratzeburg, umfassender Grenzzoll mit niedrigen
Sätzen (im Maximum 2"/^ Thlr. für den Centner) eingeführt, welcher zu¬
sammen mit der Handelsclassensteuer für den Großherzog von Mecklenburg-
Schwerin eine feste Jahreseinnahme von 200,000 Thlr. abwerfen sollte.
Ueberschüsse kamen im Verhältniß von 30 und 70 Procent zwischen der
landesherrlichen Casse und der Landes-Necepturcasse zur Theilung. Die Aus¬
künfte aus der gesammten ordentlichen Contribution stehen dem Großherzoge
zur Verfügung, ohne daß den Ständen eine Mitwirkung bei der Verwendung
oder eine Controle zusteht und ohne daß auch nur irgend eine Mittheilung
darüber an die Oeffentlichkeit tritt.

Neben diesem ordentlichen Steuersystem besteht seit dem Jahre 1809
ein außerordentliches Steuersystem, welches theils Stempel- und Erbschafts¬
steuern, theils die sogenannte außerordentliche Contribution zu seiner Ver¬
fügung hat und die Auskünfte hieraus in einer unter gemeinsamer landes¬
herrlich-ständischer Aufsicht stehenden Casse, der Landesreceptureasse, vereinigt.
Die Steuerarten der außerordentlichen Contribution bestehen aus einer sehr
bunten Mischung: Hufensteuer, Gewerbesteuer, Einkommensteuer, Zinsen¬
steuer ze. Die Casse wurde anfangs nur zur Abbürdung von Landesschulden
gegründet und sollte nach Erfüllung dieses Zweckes mit dem ganzen außer¬
ordentlichen Steuersystem wieder eingehen; es tauchten jedoch immer neue
Bedürfnisse auf, namentlich die Landeshilfen zu Chausseen und Wasserbauten,
später auch zu Eisenbahnen, und so hat sich denn dieses außerordentliche
Steuersystem neben dem ordentlichen fest eingebürgert. Ueber das Bedürf¬
niß wird jährlich ein Voranschlag vorgelegt und zwischen Regierung und
Ständen vereinbart und die Deckung findet, abgesehen von den Stempel-
und Erbschaftssteuer-Auskünften, durch Ausschreibung der entsprechenden An¬
zahl von Simplen der außerordentlichen Contribution statt. In den letzten
Jahren sind gewöhnlich 2 bis 2^ solcher Simplen erhoben werden, der Er¬
trag aus einem Simplum beträgt gegenwärtig ungefähr 130.000 Thlr. Der
Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben und die ständische Mitwirkung
bei der Controle lassen diese Einrichtung als eine Art von partieller Einfüh¬
rung des Budgetsystems erscheinen.

Durch den Anschluß Mecklenburgs an den Bund und den Eintritt in


Grenzboten I. 1869. 27

indirecte Mahl- und Schlachtsteuer in eine Fixsteuer, welche nach gewissen,
im Verhältnisse zur Einwohnerzahl der Städte sich steigernden festen Sätzen
erhoben wird. Mit den Seestädten bestehen Separatverträge wegen der Zah¬
lung der ordentlichen Contribution. Gleichzeitig mit der gesetzlichen Fest¬
stellung der Handelsclassensteuer und der fixirren Mahl- und Schlachtsteuer,
am 1. Oct. 1863, wurde zur Ablösung der Landzölle und des größeren
Theiles der Handelssteuer, ein beide Großherzogrhümer, jedoch mit Ausschluß
des Strelitz'schen Fürstenthums Ratzeburg, umfassender Grenzzoll mit niedrigen
Sätzen (im Maximum 2»/^ Thlr. für den Centner) eingeführt, welcher zu¬
sammen mit der Handelsclassensteuer für den Großherzog von Mecklenburg-
Schwerin eine feste Jahreseinnahme von 200,000 Thlr. abwerfen sollte.
Ueberschüsse kamen im Verhältniß von 30 und 70 Procent zwischen der
landesherrlichen Casse und der Landes-Necepturcasse zur Theilung. Die Aus¬
künfte aus der gesammten ordentlichen Contribution stehen dem Großherzoge
zur Verfügung, ohne daß den Ständen eine Mitwirkung bei der Verwendung
oder eine Controle zusteht und ohne daß auch nur irgend eine Mittheilung
darüber an die Oeffentlichkeit tritt.

Neben diesem ordentlichen Steuersystem besteht seit dem Jahre 1809
ein außerordentliches Steuersystem, welches theils Stempel- und Erbschafts¬
steuern, theils die sogenannte außerordentliche Contribution zu seiner Ver¬
fügung hat und die Auskünfte hieraus in einer unter gemeinsamer landes¬
herrlich-ständischer Aufsicht stehenden Casse, der Landesreceptureasse, vereinigt.
Die Steuerarten der außerordentlichen Contribution bestehen aus einer sehr
bunten Mischung: Hufensteuer, Gewerbesteuer, Einkommensteuer, Zinsen¬
steuer ze. Die Casse wurde anfangs nur zur Abbürdung von Landesschulden
gegründet und sollte nach Erfüllung dieses Zweckes mit dem ganzen außer¬
ordentlichen Steuersystem wieder eingehen; es tauchten jedoch immer neue
Bedürfnisse auf, namentlich die Landeshilfen zu Chausseen und Wasserbauten,
später auch zu Eisenbahnen, und so hat sich denn dieses außerordentliche
Steuersystem neben dem ordentlichen fest eingebürgert. Ueber das Bedürf¬
niß wird jährlich ein Voranschlag vorgelegt und zwischen Regierung und
Ständen vereinbart und die Deckung findet, abgesehen von den Stempel-
und Erbschaftssteuer-Auskünften, durch Ausschreibung der entsprechenden An¬
zahl von Simplen der außerordentlichen Contribution statt. In den letzten
Jahren sind gewöhnlich 2 bis 2^ solcher Simplen erhoben werden, der Er¬
trag aus einem Simplum beträgt gegenwärtig ungefähr 130.000 Thlr. Der
Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben und die ständische Mitwirkung
bei der Controle lassen diese Einrichtung als eine Art von partieller Einfüh¬
rung des Budgetsystems erscheinen.

Durch den Anschluß Mecklenburgs an den Bund und den Eintritt in


Grenzboten I. 1869. 27
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[0221] indirecte Mahl- und Schlachtsteuer in eine Fixsteuer, welche nach gewissen, im Verhältnisse zur Einwohnerzahl der Städte sich steigernden festen Sätzen erhoben wird. Mit den Seestädten bestehen Separatverträge wegen der Zah¬ lung der ordentlichen Contribution. Gleichzeitig mit der gesetzlichen Fest¬ stellung der Handelsclassensteuer und der fixirren Mahl- und Schlachtsteuer, am 1. Oct. 1863, wurde zur Ablösung der Landzölle und des größeren Theiles der Handelssteuer, ein beide Großherzogrhümer, jedoch mit Ausschluß des Strelitz'schen Fürstenthums Ratzeburg, umfassender Grenzzoll mit niedrigen Sätzen (im Maximum 2»/^ Thlr. für den Centner) eingeführt, welcher zu¬ sammen mit der Handelsclassensteuer für den Großherzog von Mecklenburg- Schwerin eine feste Jahreseinnahme von 200,000 Thlr. abwerfen sollte. Ueberschüsse kamen im Verhältniß von 30 und 70 Procent zwischen der landesherrlichen Casse und der Landes-Necepturcasse zur Theilung. Die Aus¬ künfte aus der gesammten ordentlichen Contribution stehen dem Großherzoge zur Verfügung, ohne daß den Ständen eine Mitwirkung bei der Verwendung oder eine Controle zusteht und ohne daß auch nur irgend eine Mittheilung darüber an die Oeffentlichkeit tritt. Neben diesem ordentlichen Steuersystem besteht seit dem Jahre 1809 ein außerordentliches Steuersystem, welches theils Stempel- und Erbschafts¬ steuern, theils die sogenannte außerordentliche Contribution zu seiner Ver¬ fügung hat und die Auskünfte hieraus in einer unter gemeinsamer landes¬ herrlich-ständischer Aufsicht stehenden Casse, der Landesreceptureasse, vereinigt. Die Steuerarten der außerordentlichen Contribution bestehen aus einer sehr bunten Mischung: Hufensteuer, Gewerbesteuer, Einkommensteuer, Zinsen¬ steuer ze. Die Casse wurde anfangs nur zur Abbürdung von Landesschulden gegründet und sollte nach Erfüllung dieses Zweckes mit dem ganzen außer¬ ordentlichen Steuersystem wieder eingehen; es tauchten jedoch immer neue Bedürfnisse auf, namentlich die Landeshilfen zu Chausseen und Wasserbauten, später auch zu Eisenbahnen, und so hat sich denn dieses außerordentliche Steuersystem neben dem ordentlichen fest eingebürgert. Ueber das Bedürf¬ niß wird jährlich ein Voranschlag vorgelegt und zwischen Regierung und Ständen vereinbart und die Deckung findet, abgesehen von den Stempel- und Erbschaftssteuer-Auskünften, durch Ausschreibung der entsprechenden An¬ zahl von Simplen der außerordentlichen Contribution statt. In den letzten Jahren sind gewöhnlich 2 bis 2^ solcher Simplen erhoben werden, der Er¬ trag aus einem Simplum beträgt gegenwärtig ungefähr 130.000 Thlr. Der Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben und die ständische Mitwirkung bei der Controle lassen diese Einrichtung als eine Art von partieller Einfüh¬ rung des Budgetsystems erscheinen. Durch den Anschluß Mecklenburgs an den Bund und den Eintritt in Grenzboten I. 1869. 27

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120192/221>, abgerufen am 28.09.2024.