Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band.verdient auch der grade jetzt wieder so wichtig werdende Gegensatz zwischen Savonarola. Geschichte Girolamo Savonarola's von Pasqucile Villari, deutsch von M. Ber" II. Als der 30jährige Dominicaner auf Befehl seiner Oberen zum ersten Mal verdient auch der grade jetzt wieder so wichtig werdende Gegensatz zwischen Savonarola. Geschichte Girolamo Savonarola's von Pasqucile Villari, deutsch von M. Ber» II. Als der 30jährige Dominicaner auf Befehl seiner Oberen zum ersten Mal <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0146" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/120335"/> <p xml:id="ID_426" prev="#ID_425"> verdient auch der grade jetzt wieder so wichtig werdende Gegensatz zwischen<lb/> Oestreich und Rußland, welcher wohl zeitweise durch den Kampf gegen<lb/> Napoleon oder die Revolution übertüncht werden konnte, aber in den Ver¬<lb/> hältnissen zu tief begründet war um nicht immer wieder hervor zu treten.<lb/> Schon seit 1804 ward Gentz nicht müde, auf die drohende Gefahr des Bünd¬<lb/> nisses zwischen Frankreich und Rußland hinzuweisen. Unablässig wiederholte<lb/> er, daß nur ein Bündniß zwischen Oestreich und Preußen diesem Unheil be¬<lb/> gegnen könne, daß allein diese beiden Mächte in ihrer Vereinigung der Welt<lb/> ihre Ruhe wiedergeben könnten.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Savonarola.</head><lb/> <p xml:id="ID_427"> Geschichte Girolamo Savonarola's von Pasqucile Villari, deutsch von M. Ber»<lb/> duschek. Leipzig, Brockhaus 1868.</p><lb/> <div n="2"> <head> II.</head><lb/> <p xml:id="ID_428" next="#ID_429"> Als der 30jährige Dominicaner auf Befehl seiner Oberen zum ersten Mal<lb/> nach Florenz kam, war er Allem, was ihn hier umgab, so völlig fremd,<lb/> daß schlechterdings keine Anknüpfungspunkte für irgend eine Wirksamkeit vor¬<lb/> handen schienen. Ein religiöser Schwärmer, den der Anblick der zeitgenössi¬<lb/> schen Gräuel in die Klosterzelle trieb, wo Thomas von Aquino und Aristo¬<lb/> teles seine Lehrer sind, der aber zugleich den Drang in sich nicht bemeistern<lb/> kann, den Eifer für die Erneuerung der Sitten, der in ihm brennt, auch in<lb/> Anderen zu wecken, mußte den Florentinern Lorenzo's des Prächtigen etwas<lb/> Unverständliches sein, eine Curiosität, ein Gegenstand des Spottes. Es über¬<lb/> rascht uns nicht, wenn wir lesen, daß Savonarola's Predigten, die mehr<lb/> Eifer als Kunst verriethen, nicht den mindesten Eindruck hervorbrachten.<lb/> Die Folge davon war aber nicht Entmuthigung und gänzliche Flucht aus<lb/> der Welt, sondern eine nur um so gewaltigere Steigerung des Glaubens<lb/> an seinen Beruf. Der Gleichgiltigkeit -gegenüber dringt er nur um so tiefer<lb/> in das eigene Innere, am Widerstand entwickelt sich die mystische Anlage<lb/> seines Wesens zu einer alle anderen Geisteskräfte beherrschenden Stärke.<lb/> Dem Flug seiner Einbildungskraft folgend, der das Studium der alttesta-<lb/> mentlichen Propheten stets neue Nahrung zuführt, achtet er kein Hinderniß,<lb/> Jahre lang übt er sich als Prediger in verschiedenen Orten Oberitaliens,<lb/> und wenn er nun nach Florenz zurückkehrt, so hat er inzwischen nicht nur</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0146]
verdient auch der grade jetzt wieder so wichtig werdende Gegensatz zwischen
Oestreich und Rußland, welcher wohl zeitweise durch den Kampf gegen
Napoleon oder die Revolution übertüncht werden konnte, aber in den Ver¬
hältnissen zu tief begründet war um nicht immer wieder hervor zu treten.
Schon seit 1804 ward Gentz nicht müde, auf die drohende Gefahr des Bünd¬
nisses zwischen Frankreich und Rußland hinzuweisen. Unablässig wiederholte
er, daß nur ein Bündniß zwischen Oestreich und Preußen diesem Unheil be¬
gegnen könne, daß allein diese beiden Mächte in ihrer Vereinigung der Welt
ihre Ruhe wiedergeben könnten.
Savonarola.
Geschichte Girolamo Savonarola's von Pasqucile Villari, deutsch von M. Ber»
duschek. Leipzig, Brockhaus 1868.
II.
Als der 30jährige Dominicaner auf Befehl seiner Oberen zum ersten Mal
nach Florenz kam, war er Allem, was ihn hier umgab, so völlig fremd,
daß schlechterdings keine Anknüpfungspunkte für irgend eine Wirksamkeit vor¬
handen schienen. Ein religiöser Schwärmer, den der Anblick der zeitgenössi¬
schen Gräuel in die Klosterzelle trieb, wo Thomas von Aquino und Aristo¬
teles seine Lehrer sind, der aber zugleich den Drang in sich nicht bemeistern
kann, den Eifer für die Erneuerung der Sitten, der in ihm brennt, auch in
Anderen zu wecken, mußte den Florentinern Lorenzo's des Prächtigen etwas
Unverständliches sein, eine Curiosität, ein Gegenstand des Spottes. Es über¬
rascht uns nicht, wenn wir lesen, daß Savonarola's Predigten, die mehr
Eifer als Kunst verriethen, nicht den mindesten Eindruck hervorbrachten.
Die Folge davon war aber nicht Entmuthigung und gänzliche Flucht aus
der Welt, sondern eine nur um so gewaltigere Steigerung des Glaubens
an seinen Beruf. Der Gleichgiltigkeit -gegenüber dringt er nur um so tiefer
in das eigene Innere, am Widerstand entwickelt sich die mystische Anlage
seines Wesens zu einer alle anderen Geisteskräfte beherrschenden Stärke.
Dem Flug seiner Einbildungskraft folgend, der das Studium der alttesta-
mentlichen Propheten stets neue Nahrung zuführt, achtet er kein Hinderniß,
Jahre lang übt er sich als Prediger in verschiedenen Orten Oberitaliens,
und wenn er nun nach Florenz zurückkehrt, so hat er inzwischen nicht nur
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