Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Landwehrmänner der übrigen Waffengattungen werden den ent¬
sprechenden Abtheilungen des stehenden Heeres einverleibt und sollen dort
als Besatzungs- oder Depottruppen verwendet werden.

Bei der Infanterie, bei welcher sich die eben besprochene Organisation
am meisten und consequentesten durchgeführt findet, stellt sich demnach die
Sache so, daß die drei ersten Bataillone eines jeden Regiments in dem Ver¬
hältniß von ungefähr 3:4 aus den Mannschaften der activen Armee und
Reserve, das 4. Bataillon aus den Ersatzmannschaften I. Classe und die 5.
und ß, Bataillone aus Landwehrmännern bestehen. Diese Organisation ist,
wenigstens in ihren Hauptgrundzügen, auch durchgeführt.

Das ganze Land ist in 32 Landwehrbezirkscommandos eingetheilt, welchen
alle administrativen auf das Ersatzgeschäft und die Mobilisirung des Heeres
bezüglichen Geschäfte übertragen sind. Die Landwehrbataillone sind formirt
und 16 derselben wurden im letztvergangenen Herbste bereits zu einer ein¬
monatlichen Dienstleistung einberufen. Allerdings konnten bisher Landwehr-
osficiere noch nicht herangebildet werden; allein dieser Mangel dürfte der
Schlagfertigkeit der bairischen Armee im Augenblick deswegen keinen Eintrag
thun, weil aus dem Jahre 1866 ein großer Theil der für die damaligen 4.
und 6. Bataillone ernannten Officiere noch vorhanden ist, mit denen die
Landwehrbataillone fast vollständig besetzt werden können.

Zugleich mit der Eintheilung des Königreiches in 32 Landwehrbezirke
wurden jedem Jnfanterie-Regimente zwei derselben als ständige Aushebungs-
Rayons zugetheilt, während sür die Jäger, Cavalerie und Specialwaffen die
Ergänzungsmannschaften wenigstens aus dem Bezirke des betreffenden Ge¬
neral - (Divisions-) Commandos gestellt werden müssen. Ebenso wurden die
Garnisonsorte der einzelnen Truppenkörper in möglichstem Anschluß an die
Aushebungsbezirke ein für alle Male festgestellt, wodurch der namentlich
zwischen der Rheinpfalz und dem diesseitigen Baiern früher sehr häufig statt¬
findende, ebenso nutzlose, als kostspielige Truppenwechsel sein verdientes Ende
gefunden hat.

Die früher bereits bestandene Eintheilung des Heeres in 4 Armeedivisionen
wurde beibehalten, doch geht man zur weiteren Aeeommodirung an die Ein¬
richtungen des norddeutschen Bundes damit um, je 2 derselben in Armee¬
corps zusammen zu legen.*) Ein Unicum unserer Wehrverfassung dürste in
Zukunft der gegenwärtig den Kammern vorgelegte Gesetzentwurf bilden, dem
zu Folge denjenigen Untauglichen, deren Erwerbsfähigkeit nicht beeinträch¬
tigt ist, und den zwar Eingereihten, aber zum Dienste nicht wirklich Ein¬
berufenen ein Beitrag zur Staatscasse auferlegt werden soll.



Die Red.
') Nach den neuesten Nachrichten hat diese Zusammenlegung bereits stattgefunden.
14*

Die Landwehrmänner der übrigen Waffengattungen werden den ent¬
sprechenden Abtheilungen des stehenden Heeres einverleibt und sollen dort
als Besatzungs- oder Depottruppen verwendet werden.

Bei der Infanterie, bei welcher sich die eben besprochene Organisation
am meisten und consequentesten durchgeführt findet, stellt sich demnach die
Sache so, daß die drei ersten Bataillone eines jeden Regiments in dem Ver¬
hältniß von ungefähr 3:4 aus den Mannschaften der activen Armee und
Reserve, das 4. Bataillon aus den Ersatzmannschaften I. Classe und die 5.
und ß, Bataillone aus Landwehrmännern bestehen. Diese Organisation ist,
wenigstens in ihren Hauptgrundzügen, auch durchgeführt.

Das ganze Land ist in 32 Landwehrbezirkscommandos eingetheilt, welchen
alle administrativen auf das Ersatzgeschäft und die Mobilisirung des Heeres
bezüglichen Geschäfte übertragen sind. Die Landwehrbataillone sind formirt
und 16 derselben wurden im letztvergangenen Herbste bereits zu einer ein¬
monatlichen Dienstleistung einberufen. Allerdings konnten bisher Landwehr-
osficiere noch nicht herangebildet werden; allein dieser Mangel dürfte der
Schlagfertigkeit der bairischen Armee im Augenblick deswegen keinen Eintrag
thun, weil aus dem Jahre 1866 ein großer Theil der für die damaligen 4.
und 6. Bataillone ernannten Officiere noch vorhanden ist, mit denen die
Landwehrbataillone fast vollständig besetzt werden können.

Zugleich mit der Eintheilung des Königreiches in 32 Landwehrbezirke
wurden jedem Jnfanterie-Regimente zwei derselben als ständige Aushebungs-
Rayons zugetheilt, während sür die Jäger, Cavalerie und Specialwaffen die
Ergänzungsmannschaften wenigstens aus dem Bezirke des betreffenden Ge¬
neral - (Divisions-) Commandos gestellt werden müssen. Ebenso wurden die
Garnisonsorte der einzelnen Truppenkörper in möglichstem Anschluß an die
Aushebungsbezirke ein für alle Male festgestellt, wodurch der namentlich
zwischen der Rheinpfalz und dem diesseitigen Baiern früher sehr häufig statt¬
findende, ebenso nutzlose, als kostspielige Truppenwechsel sein verdientes Ende
gefunden hat.

Die früher bereits bestandene Eintheilung des Heeres in 4 Armeedivisionen
wurde beibehalten, doch geht man zur weiteren Aeeommodirung an die Ein¬
richtungen des norddeutschen Bundes damit um, je 2 derselben in Armee¬
corps zusammen zu legen.*) Ein Unicum unserer Wehrverfassung dürste in
Zukunft der gegenwärtig den Kammern vorgelegte Gesetzentwurf bilden, dem
zu Folge denjenigen Untauglichen, deren Erwerbsfähigkeit nicht beeinträch¬
tigt ist, und den zwar Eingereihten, aber zum Dienste nicht wirklich Ein¬
berufenen ein Beitrag zur Staatscasse auferlegt werden soll.



Die Red.
') Nach den neuesten Nachrichten hat diese Zusammenlegung bereits stattgefunden.
14*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0118" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/120307"/>
          <p xml:id="ID_338"> Die Landwehrmänner der übrigen Waffengattungen werden den ent¬<lb/>
sprechenden Abtheilungen des stehenden Heeres einverleibt und sollen dort<lb/>
als Besatzungs- oder Depottruppen verwendet werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_339"> Bei der Infanterie, bei welcher sich die eben besprochene Organisation<lb/>
am meisten und consequentesten durchgeführt findet, stellt sich demnach die<lb/>
Sache so, daß die drei ersten Bataillone eines jeden Regiments in dem Ver¬<lb/>
hältniß von ungefähr 3:4 aus den Mannschaften der activen Armee und<lb/>
Reserve, das 4. Bataillon aus den Ersatzmannschaften I. Classe und die 5.<lb/>
und ß, Bataillone aus Landwehrmännern bestehen. Diese Organisation ist,<lb/>
wenigstens in ihren Hauptgrundzügen, auch durchgeführt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_340"> Das ganze Land ist in 32 Landwehrbezirkscommandos eingetheilt, welchen<lb/>
alle administrativen auf das Ersatzgeschäft und die Mobilisirung des Heeres<lb/>
bezüglichen Geschäfte übertragen sind. Die Landwehrbataillone sind formirt<lb/>
und 16 derselben wurden im letztvergangenen Herbste bereits zu einer ein¬<lb/>
monatlichen Dienstleistung einberufen. Allerdings konnten bisher Landwehr-<lb/>
osficiere noch nicht herangebildet werden; allein dieser Mangel dürfte der<lb/>
Schlagfertigkeit der bairischen Armee im Augenblick deswegen keinen Eintrag<lb/>
thun, weil aus dem Jahre 1866 ein großer Theil der für die damaligen 4.<lb/>
und 6. Bataillone ernannten Officiere noch vorhanden ist, mit denen die<lb/>
Landwehrbataillone fast vollständig besetzt werden können.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_341"> Zugleich mit der Eintheilung des Königreiches in 32 Landwehrbezirke<lb/>
wurden jedem Jnfanterie-Regimente zwei derselben als ständige Aushebungs-<lb/>
Rayons zugetheilt, während sür die Jäger, Cavalerie und Specialwaffen die<lb/>
Ergänzungsmannschaften wenigstens aus dem Bezirke des betreffenden Ge¬<lb/>
neral - (Divisions-) Commandos gestellt werden müssen. Ebenso wurden die<lb/>
Garnisonsorte der einzelnen Truppenkörper in möglichstem Anschluß an die<lb/>
Aushebungsbezirke ein für alle Male festgestellt, wodurch der namentlich<lb/>
zwischen der Rheinpfalz und dem diesseitigen Baiern früher sehr häufig statt¬<lb/>
findende, ebenso nutzlose, als kostspielige Truppenwechsel sein verdientes Ende<lb/>
gefunden hat.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_342" next="#ID_343"> Die früher bereits bestandene Eintheilung des Heeres in 4 Armeedivisionen<lb/>
wurde beibehalten, doch geht man zur weiteren Aeeommodirung an die Ein¬<lb/>
richtungen des norddeutschen Bundes damit um, je 2 derselben in Armee¬<lb/>
corps zusammen zu legen.*) Ein Unicum unserer Wehrverfassung dürste in<lb/>
Zukunft der gegenwärtig den Kammern vorgelegte Gesetzentwurf bilden, dem<lb/>
zu Folge denjenigen Untauglichen, deren Erwerbsfähigkeit nicht beeinträch¬<lb/>
tigt ist, und den zwar Eingereihten, aber zum Dienste nicht wirklich Ein¬<lb/>
berufenen ein Beitrag zur Staatscasse auferlegt werden soll.</p><lb/>
          <note xml:id="FID_4" place="foot"> ') Nach den neuesten Nachrichten hat diese Zusammenlegung bereits stattgefunden.</note><lb/>
          <note type="byline"> Die Red.</note><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> 14*</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0118] Die Landwehrmänner der übrigen Waffengattungen werden den ent¬ sprechenden Abtheilungen des stehenden Heeres einverleibt und sollen dort als Besatzungs- oder Depottruppen verwendet werden. Bei der Infanterie, bei welcher sich die eben besprochene Organisation am meisten und consequentesten durchgeführt findet, stellt sich demnach die Sache so, daß die drei ersten Bataillone eines jeden Regiments in dem Ver¬ hältniß von ungefähr 3:4 aus den Mannschaften der activen Armee und Reserve, das 4. Bataillon aus den Ersatzmannschaften I. Classe und die 5. und ß, Bataillone aus Landwehrmännern bestehen. Diese Organisation ist, wenigstens in ihren Hauptgrundzügen, auch durchgeführt. Das ganze Land ist in 32 Landwehrbezirkscommandos eingetheilt, welchen alle administrativen auf das Ersatzgeschäft und die Mobilisirung des Heeres bezüglichen Geschäfte übertragen sind. Die Landwehrbataillone sind formirt und 16 derselben wurden im letztvergangenen Herbste bereits zu einer ein¬ monatlichen Dienstleistung einberufen. Allerdings konnten bisher Landwehr- osficiere noch nicht herangebildet werden; allein dieser Mangel dürfte der Schlagfertigkeit der bairischen Armee im Augenblick deswegen keinen Eintrag thun, weil aus dem Jahre 1866 ein großer Theil der für die damaligen 4. und 6. Bataillone ernannten Officiere noch vorhanden ist, mit denen die Landwehrbataillone fast vollständig besetzt werden können. Zugleich mit der Eintheilung des Königreiches in 32 Landwehrbezirke wurden jedem Jnfanterie-Regimente zwei derselben als ständige Aushebungs- Rayons zugetheilt, während sür die Jäger, Cavalerie und Specialwaffen die Ergänzungsmannschaften wenigstens aus dem Bezirke des betreffenden Ge¬ neral - (Divisions-) Commandos gestellt werden müssen. Ebenso wurden die Garnisonsorte der einzelnen Truppenkörper in möglichstem Anschluß an die Aushebungsbezirke ein für alle Male festgestellt, wodurch der namentlich zwischen der Rheinpfalz und dem diesseitigen Baiern früher sehr häufig statt¬ findende, ebenso nutzlose, als kostspielige Truppenwechsel sein verdientes Ende gefunden hat. Die früher bereits bestandene Eintheilung des Heeres in 4 Armeedivisionen wurde beibehalten, doch geht man zur weiteren Aeeommodirung an die Ein¬ richtungen des norddeutschen Bundes damit um, je 2 derselben in Armee¬ corps zusammen zu legen.*) Ein Unicum unserer Wehrverfassung dürste in Zukunft der gegenwärtig den Kammern vorgelegte Gesetzentwurf bilden, dem zu Folge denjenigen Untauglichen, deren Erwerbsfähigkeit nicht beeinträch¬ tigt ist, und den zwar Eingereihten, aber zum Dienste nicht wirklich Ein¬ berufenen ein Beitrag zur Staatscasse auferlegt werden soll. Die Red. ') Nach den neuesten Nachrichten hat diese Zusammenlegung bereits stattgefunden. 14*

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120192
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120192/118
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120192/118>, abgerufen am 28.09.2024.