Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.die Auffassung in Frage gestellt, nach welcher Preußens Haltung in Basel Die einhundertsieben und fünfzig Seiten, welche der zweite Abschnitt in die Auffassung in Frage gestellt, nach welcher Preußens Haltung in Basel Die einhundertsieben und fünfzig Seiten, welche der zweite Abschnitt in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0507" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/118039"/> <p xml:id="ID_1572" prev="#ID_1571"> die Auffassung in Frage gestellt, nach welcher Preußens Haltung in Basel<lb/> wesentlich aus der gegründeten Furcht vor Oestreichs „verräterischen Ma߬<lb/> nahmen" zu erklären ist. Die Berechtigung zu Rückschlüssen dieser Art er¬<lb/> kennt der Verfasser vollständig an, aus dem Umstände aber, daß sich im<lb/> wiener Archiv keinerlei Jndicien für eine Verbindung Thuguts mit Carletti<lb/> gefunden haben und daß der Glaube Hardenbergs von durch Carletti gepflo¬<lb/> genen Verhandlungen wesentlich auf Mittheilungen beruhte, welche er von<lb/> Merlin und Pichegru empfangen, wird der Schluß gezogen, daß diese Ver-<lb/> Handlungen in Wahrheit niemals existirt haben, sondern von den gewissem<lb/> losen Vertretern Frankreichs erfunden worden, um den Riß, der Oestreich<lb/> und Preußen damals trennte, zu vertiefen und zu erweitern.</p><lb/> <p xml:id="ID_1573" next="#ID_1574"> Die einhundertsieben und fünfzig Seiten, welche der zweite Abschnitt in<lb/> Anspruch nimmt, sind, wie wir annehmen möchten, die wichtigsten des ge-<lb/> sammten Buches; sie haben die Präliminarien von Leoben zum beinahe aus¬<lb/> schließlichen Gegenstande. Hüffer wendet sich mit besonderer Ausführlichkeit<lb/> gegen Häußers Auffassung dieses Vertrages und bekämpft dieselbe mit dem<lb/> reichen ihm zu Gebote stehenden Material in erfolgreichster Weise, indem er<lb/> sich ebenso auf die einschläglichen französischen und östreichischen Actenstücke,<lb/> Wie auf die diplomatischen Berichte Lucchesinis und des Residenten Caesar<lb/> beruft. Daß die in den Präliminarien ausgesprochene Integrität der Reichs¬<lb/> grenzen keine bloße Phrase gewesen, sondern vom Kaiser ernstlich gewollt<lb/> worden, wird aus dem Gang der Verhandlungen und den für die verschie¬<lb/> denen Stadien derselben ertheilten Jnstructionen Schritt für Schritt dedu-<lb/> cirt; nicht wegen seiner Bestimmungen über Deutschland, sondern wegen der<lb/> Absichten auf Venedig ist nach des Autors Ansicht der Inhalt des<lb/> Vertrages so sorgfältig verheimlicht worden, daß das für den Kaiser be¬<lb/> stimmte Exemplar von drei verschiedenen Schreibern copirt wurde. Von be¬<lb/> sonderer Wichtigkeit sind in dieser Beziehung die Zeugnisse über die preußische<lb/> Auffassung der leobner Uebereinkunft; die mitgetheilten Bruchstücke aus den<lb/> Berichten des preußischen Gesandten in Paris. Frhrn, v. Sandoz. bestätigen<lb/> unwidersprechlich, daß nicht nur dieser der Ansicht war. Deutschland habe von<lb/> den Präliminarien keine Beeinträchtigung seiner Grenzen zu fürchten, sondern<lb/> daß diese Anschauung auch von den französischen Machthabern getheilt wurde:<lb/> sowohl der Director Rewbell. als Carnot und Letourneur sprachen sich da¬<lb/> hin aus, daß das linke Rheinufer nicht mehr Gegenstand der Verhandlungen<lb/> sein könne, da General Buonaparte auf dasselbe „beinahe gänzlich" verzichtet<lb/> habe; daß der „zum Glück" einflußlose Minister de Lacroix anderer Meinung<lb/> war, wird von Sandoz ausdrücklich hervorgehoben. Erfahren wir im weiteren<lb/> Verlauf sogar den Zeitpunkt, von dem ab ein Umschwung in den An- und Ab¬<lb/> sichten der Directoren, namentlich Rewbells und Barras eintrat, so kann</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0507]
die Auffassung in Frage gestellt, nach welcher Preußens Haltung in Basel
wesentlich aus der gegründeten Furcht vor Oestreichs „verräterischen Ma߬
nahmen" zu erklären ist. Die Berechtigung zu Rückschlüssen dieser Art er¬
kennt der Verfasser vollständig an, aus dem Umstände aber, daß sich im
wiener Archiv keinerlei Jndicien für eine Verbindung Thuguts mit Carletti
gefunden haben und daß der Glaube Hardenbergs von durch Carletti gepflo¬
genen Verhandlungen wesentlich auf Mittheilungen beruhte, welche er von
Merlin und Pichegru empfangen, wird der Schluß gezogen, daß diese Ver-
Handlungen in Wahrheit niemals existirt haben, sondern von den gewissem
losen Vertretern Frankreichs erfunden worden, um den Riß, der Oestreich
und Preußen damals trennte, zu vertiefen und zu erweitern.
Die einhundertsieben und fünfzig Seiten, welche der zweite Abschnitt in
Anspruch nimmt, sind, wie wir annehmen möchten, die wichtigsten des ge-
sammten Buches; sie haben die Präliminarien von Leoben zum beinahe aus¬
schließlichen Gegenstande. Hüffer wendet sich mit besonderer Ausführlichkeit
gegen Häußers Auffassung dieses Vertrages und bekämpft dieselbe mit dem
reichen ihm zu Gebote stehenden Material in erfolgreichster Weise, indem er
sich ebenso auf die einschläglichen französischen und östreichischen Actenstücke,
Wie auf die diplomatischen Berichte Lucchesinis und des Residenten Caesar
beruft. Daß die in den Präliminarien ausgesprochene Integrität der Reichs¬
grenzen keine bloße Phrase gewesen, sondern vom Kaiser ernstlich gewollt
worden, wird aus dem Gang der Verhandlungen und den für die verschie¬
denen Stadien derselben ertheilten Jnstructionen Schritt für Schritt dedu-
cirt; nicht wegen seiner Bestimmungen über Deutschland, sondern wegen der
Absichten auf Venedig ist nach des Autors Ansicht der Inhalt des
Vertrages so sorgfältig verheimlicht worden, daß das für den Kaiser be¬
stimmte Exemplar von drei verschiedenen Schreibern copirt wurde. Von be¬
sonderer Wichtigkeit sind in dieser Beziehung die Zeugnisse über die preußische
Auffassung der leobner Uebereinkunft; die mitgetheilten Bruchstücke aus den
Berichten des preußischen Gesandten in Paris. Frhrn, v. Sandoz. bestätigen
unwidersprechlich, daß nicht nur dieser der Ansicht war. Deutschland habe von
den Präliminarien keine Beeinträchtigung seiner Grenzen zu fürchten, sondern
daß diese Anschauung auch von den französischen Machthabern getheilt wurde:
sowohl der Director Rewbell. als Carnot und Letourneur sprachen sich da¬
hin aus, daß das linke Rheinufer nicht mehr Gegenstand der Verhandlungen
sein könne, da General Buonaparte auf dasselbe „beinahe gänzlich" verzichtet
habe; daß der „zum Glück" einflußlose Minister de Lacroix anderer Meinung
war, wird von Sandoz ausdrücklich hervorgehoben. Erfahren wir im weiteren
Verlauf sogar den Zeitpunkt, von dem ab ein Umschwung in den An- und Ab¬
sichten der Directoren, namentlich Rewbells und Barras eintrat, so kann
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