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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.

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sich Vorrathsgesäße, zum Theil von solchem Umfange, daß sie schon durch
ihre Größe bei Thonkundigen Verwunderung erregen, Amphoren und Hy-
drien um Oel, Wein und Wasser darin zu holen, Mischkrüge, Salbgefäße,
Becher, Schalen, Tassen verschiedenster Art. selten Flaschen, Schüsseln, über¬
haupt fast gar kein Küchen- und Eßgeschirr. Das mag mit dem Zweck zu¬
sammenhängen, sür den sie zunächst bestimmt waren. Denn die vielen Tau¬
sende bemalter Vasen, die nach und nach zum Vorschein gekommen sind,
haben sich in den verschiedensten Gegenden ohne Ausnahme nur in den Grä-
bern gefunden. In einer der wenigen Stellen, welche von Vasenmalerei
sprechen, nennt Aristophanes mit Geringschätzung einen Maler, der die
Salbkrüglein sür die Todten pinselte, die auch sonst als zur Ausstattung
der Todten gehörig erwähnt werden. In der That finden sich in den atti¬
schen Gräbern überwiegend die kleinen, zum Theil sehr fein und sauber aus-
geführten Salbgefäße, (Lekythoi). Bedarf es freilich für die Thatsache
unzähliger mit Vasen gefüllter Gräber nicht erst der Bestätigung durch
Schriftsteller. -Es ist ein charakteristischer Zug der Bestattung bei Griechen
und Barbaren, das Grab als die Wohnung des Todten anzusehn. die man
daher durch mannigfache Ausstattung gewissermaßen wohnlich zu machen
suchte; und dazu benutzte man eine lange Zeit hindurch in manchen Gegen¬
den mit Vorliebe bemalte Vasen. Dabei zeigt sich je nach der Anschauungs¬
weise, den Mitteln und äußeren Verhältnissen große Verschiedenheit. Wo
die Beschaffenheit des Terrains, die Beschränkung des Todtencultus kleine
Gräber herbeiführte, wie meistens im eigentlichen Griechenland, namentlich
in Attika, da legte man dem Todten wenige Gefäße von geringem Um-
fang in seinen Sarg. Wo man geräumige Grabkammern aus dem Tuff,
boden höhlte oder in die Erde hineinbaute und mit dem Todtencultus Luxus
euch, wie in Etrurien, Unteritalien, am Pontus. da wurden nicht allein
die Räume architektonisch verziert, der Todte reich bekleidet und geschmückt,
sondern ihm Waffen und Geräthe mitgegeben. Hier finden sich auch bemalte
Aasen von erheblichem Umfang und sorgfältiger Ausführung in großer Anzahl
zusammengestellt; die meisten und stattlichsten unter barbarischer Bevölkerung.
Ganz ausnahmsweise dienen sie als Aschenkrug, selten sind es wirklich ge¬
brauchte, was sich am deutlichsten zeigt, wenn sie mit Draht oder sonst ge¬
stickt sind; meistens sind sie nicht blos ungebraucht, sondern nie brauchbar
Newesen. ohne Boden, nicht durchbohrt oder sonst untauglich, also nur für
die Schaustellung im Grabe gearbeitet. Daß man aber sonst bemalte Gefäße
^eher Art im Leben wirklich benutzte, läßt sich nicht bezweifeln. Theils be¬
weisen es die Vasen selbst, auf denen beim Opfer, beim Mahl:c. zum Schmuck
aufgestellte bemalte Vasen verschiedener Art abgebildet werden. Für eme be¬
sonders merkwürdige Gattung von Gefäßen haben wir aber auch em Zeug-


sich Vorrathsgesäße, zum Theil von solchem Umfange, daß sie schon durch
ihre Größe bei Thonkundigen Verwunderung erregen, Amphoren und Hy-
drien um Oel, Wein und Wasser darin zu holen, Mischkrüge, Salbgefäße,
Becher, Schalen, Tassen verschiedenster Art. selten Flaschen, Schüsseln, über¬
haupt fast gar kein Küchen- und Eßgeschirr. Das mag mit dem Zweck zu¬
sammenhängen, sür den sie zunächst bestimmt waren. Denn die vielen Tau¬
sende bemalter Vasen, die nach und nach zum Vorschein gekommen sind,
haben sich in den verschiedensten Gegenden ohne Ausnahme nur in den Grä-
bern gefunden. In einer der wenigen Stellen, welche von Vasenmalerei
sprechen, nennt Aristophanes mit Geringschätzung einen Maler, der die
Salbkrüglein sür die Todten pinselte, die auch sonst als zur Ausstattung
der Todten gehörig erwähnt werden. In der That finden sich in den atti¬
schen Gräbern überwiegend die kleinen, zum Theil sehr fein und sauber aus-
geführten Salbgefäße, (Lekythoi). Bedarf es freilich für die Thatsache
unzähliger mit Vasen gefüllter Gräber nicht erst der Bestätigung durch
Schriftsteller. -Es ist ein charakteristischer Zug der Bestattung bei Griechen
und Barbaren, das Grab als die Wohnung des Todten anzusehn. die man
daher durch mannigfache Ausstattung gewissermaßen wohnlich zu machen
suchte; und dazu benutzte man eine lange Zeit hindurch in manchen Gegen¬
den mit Vorliebe bemalte Vasen. Dabei zeigt sich je nach der Anschauungs¬
weise, den Mitteln und äußeren Verhältnissen große Verschiedenheit. Wo
die Beschaffenheit des Terrains, die Beschränkung des Todtencultus kleine
Gräber herbeiführte, wie meistens im eigentlichen Griechenland, namentlich
in Attika, da legte man dem Todten wenige Gefäße von geringem Um-
fang in seinen Sarg. Wo man geräumige Grabkammern aus dem Tuff,
boden höhlte oder in die Erde hineinbaute und mit dem Todtencultus Luxus
euch, wie in Etrurien, Unteritalien, am Pontus. da wurden nicht allein
die Räume architektonisch verziert, der Todte reich bekleidet und geschmückt,
sondern ihm Waffen und Geräthe mitgegeben. Hier finden sich auch bemalte
Aasen von erheblichem Umfang und sorgfältiger Ausführung in großer Anzahl
zusammengestellt; die meisten und stattlichsten unter barbarischer Bevölkerung.
Ganz ausnahmsweise dienen sie als Aschenkrug, selten sind es wirklich ge¬
brauchte, was sich am deutlichsten zeigt, wenn sie mit Draht oder sonst ge¬
stickt sind; meistens sind sie nicht blos ungebraucht, sondern nie brauchbar
Newesen. ohne Boden, nicht durchbohrt oder sonst untauglich, also nur für
die Schaustellung im Grabe gearbeitet. Daß man aber sonst bemalte Gefäße
^eher Art im Leben wirklich benutzte, läßt sich nicht bezweifeln. Theils be¬
weisen es die Vasen selbst, auf denen beim Opfer, beim Mahl:c. zum Schmuck
aufgestellte bemalte Vasen verschiedener Art abgebildet werden. Für eme be¬
sonders merkwürdige Gattung von Gefäßen haben wir aber auch em Zeug-


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[0489] sich Vorrathsgesäße, zum Theil von solchem Umfange, daß sie schon durch ihre Größe bei Thonkundigen Verwunderung erregen, Amphoren und Hy- drien um Oel, Wein und Wasser darin zu holen, Mischkrüge, Salbgefäße, Becher, Schalen, Tassen verschiedenster Art. selten Flaschen, Schüsseln, über¬ haupt fast gar kein Küchen- und Eßgeschirr. Das mag mit dem Zweck zu¬ sammenhängen, sür den sie zunächst bestimmt waren. Denn die vielen Tau¬ sende bemalter Vasen, die nach und nach zum Vorschein gekommen sind, haben sich in den verschiedensten Gegenden ohne Ausnahme nur in den Grä- bern gefunden. In einer der wenigen Stellen, welche von Vasenmalerei sprechen, nennt Aristophanes mit Geringschätzung einen Maler, der die Salbkrüglein sür die Todten pinselte, die auch sonst als zur Ausstattung der Todten gehörig erwähnt werden. In der That finden sich in den atti¬ schen Gräbern überwiegend die kleinen, zum Theil sehr fein und sauber aus- geführten Salbgefäße, (Lekythoi). Bedarf es freilich für die Thatsache unzähliger mit Vasen gefüllter Gräber nicht erst der Bestätigung durch Schriftsteller. -Es ist ein charakteristischer Zug der Bestattung bei Griechen und Barbaren, das Grab als die Wohnung des Todten anzusehn. die man daher durch mannigfache Ausstattung gewissermaßen wohnlich zu machen suchte; und dazu benutzte man eine lange Zeit hindurch in manchen Gegen¬ den mit Vorliebe bemalte Vasen. Dabei zeigt sich je nach der Anschauungs¬ weise, den Mitteln und äußeren Verhältnissen große Verschiedenheit. Wo die Beschaffenheit des Terrains, die Beschränkung des Todtencultus kleine Gräber herbeiführte, wie meistens im eigentlichen Griechenland, namentlich in Attika, da legte man dem Todten wenige Gefäße von geringem Um- fang in seinen Sarg. Wo man geräumige Grabkammern aus dem Tuff, boden höhlte oder in die Erde hineinbaute und mit dem Todtencultus Luxus euch, wie in Etrurien, Unteritalien, am Pontus. da wurden nicht allein die Räume architektonisch verziert, der Todte reich bekleidet und geschmückt, sondern ihm Waffen und Geräthe mitgegeben. Hier finden sich auch bemalte Aasen von erheblichem Umfang und sorgfältiger Ausführung in großer Anzahl zusammengestellt; die meisten und stattlichsten unter barbarischer Bevölkerung. Ganz ausnahmsweise dienen sie als Aschenkrug, selten sind es wirklich ge¬ brauchte, was sich am deutlichsten zeigt, wenn sie mit Draht oder sonst ge¬ stickt sind; meistens sind sie nicht blos ungebraucht, sondern nie brauchbar Newesen. ohne Boden, nicht durchbohrt oder sonst untauglich, also nur für die Schaustellung im Grabe gearbeitet. Daß man aber sonst bemalte Gefäße ^eher Art im Leben wirklich benutzte, läßt sich nicht bezweifeln. Theils be¬ weisen es die Vasen selbst, auf denen beim Opfer, beim Mahl:c. zum Schmuck aufgestellte bemalte Vasen verschiedener Art abgebildet werden. Für eme be¬ sonders merkwürdige Gattung von Gefäßen haben wir aber auch em Zeug-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_362043/489>, abgerufen am 15.01.2025.