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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.

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nöthig sind. Es wären also hier in Oxhoft vor allem Befestigungen zum
Schutz der Rhede, in geringerem Maße zum Schutz des Depots nach der
Landseite anzubringen, wie sie ja ohnehin schon durch die Küstenvertheidigungs¬
commission projectirt sind, endlich der Bau eines durch eine Mole gesicherten
Bassins mit einem Dock und Magazinen für Munition, Proviant und
namentlich Kohlen. Die Kosten für Anlage eines Vorhafens mit Mole
unter dem Schutz von Batterien würden sich nach einer 1862 aufgestellten
Berechnung auf etwa 2--3 Millionen Thlr. belaufen. Zu Gunsten Oxhöfts
wäre noch der Umstand anzuführen, daß eine Marinestation an diesem Ort die
Handelsschifffahrt von Danzig wegen der Entfernung gar nicht stören, und auch
nicht von ihr gestört werden würde. Ueberhaupt ist es nicht anzuempfehlen,
größere Kriegshafen nahe an Handelshafen anzulegen: hat ja auch England
sein Portsmouth, Frankreich sein Chervourg, sein Toulon und sein Brest
entfernt von den großen Handelsemporien (Havre. Marseille und Nantes ----- Se.
Nazaire an der Loiremündung) angelegt.

Fast noch dringender als die Anlage von Marinestationen in Oxhoft
und auf Rügen empfiehlt sich eine solche im wohlenberger Wiek bei
Wismar, das wir schon oben erwähnten. Die Stadt Wismar hat nur
13,000 Einwohner und trotzdem lebhaften Seeverkehr; sie wird jährlich
von über 300 Schiffen besucht, eben wegen der Vorzüglichkeit ihres Hafens,
an dem wir darum eine Marinestation wünschen möchten. Eine Bestäti¬
gung für diese Forderung finden wir einmal in den Angaben der genauen
Karte der meklenburgischen Küste, die im Jahre 1840 von dänischen See¬
offizieren unter dem damaligen Capitän Zahrtmann aufgenommen und später
durch die Arbeiten unserer Küstencommission als völlig richtig befunden wor¬
den ist, und sodann in dem Urtheil eines preußischen Fachmanns, der auf
dem Gebiete der Hafenverhältnisse durch eigene praktische Erfahrung in der
Kriegs- wie in der Handelsmarine ganz speciell orientirt ist. Das eine Meile
westlich von Wismar gelegene wohlenberger Wiek ist ein durch Land und
durch Sandbänke gegen alle Winde vollständig geschütztes Bassin, von einer
Quadratmeile Oberfläche und hinreichender Tiefe, um Kriegsschiffe größter
Gattung bequem aufzunehmen. Das Becken ist rein von allen Untiefen,
und seine Tiefe so gleichmäßig, daß man noch 300 Schritt vom Ufer 25
Fuß Wasser findet. Nicht weniger günstig sind die Terrainverhältnisse für
d^e Anlage von Werften, Docks, Arsenälen, Werkstätten u. s. w., sowie sür
die Errichtung von Festungswerken. Die Einfahrt ist zwar nicht so klar
wie bei Kiel, sondern sie windet sich zwischen Sandbänken durch, indessen be¬
sitzt bitt das Fahrwasser eine solche Tiefe urrd Breite, daß es bei guter Be-
dornung und Befeuerung (Mit Leuchtthürmen) weder bei Tage noch bei Nacht
die geringsten Schwierigkeiten bietet. Wie das innere, "/" deutsche Meile


nöthig sind. Es wären also hier in Oxhoft vor allem Befestigungen zum
Schutz der Rhede, in geringerem Maße zum Schutz des Depots nach der
Landseite anzubringen, wie sie ja ohnehin schon durch die Küstenvertheidigungs¬
commission projectirt sind, endlich der Bau eines durch eine Mole gesicherten
Bassins mit einem Dock und Magazinen für Munition, Proviant und
namentlich Kohlen. Die Kosten für Anlage eines Vorhafens mit Mole
unter dem Schutz von Batterien würden sich nach einer 1862 aufgestellten
Berechnung auf etwa 2—3 Millionen Thlr. belaufen. Zu Gunsten Oxhöfts
wäre noch der Umstand anzuführen, daß eine Marinestation an diesem Ort die
Handelsschifffahrt von Danzig wegen der Entfernung gar nicht stören, und auch
nicht von ihr gestört werden würde. Ueberhaupt ist es nicht anzuempfehlen,
größere Kriegshafen nahe an Handelshafen anzulegen: hat ja auch England
sein Portsmouth, Frankreich sein Chervourg, sein Toulon und sein Brest
entfernt von den großen Handelsemporien (Havre. Marseille und Nantes ----- Se.
Nazaire an der Loiremündung) angelegt.

Fast noch dringender als die Anlage von Marinestationen in Oxhoft
und auf Rügen empfiehlt sich eine solche im wohlenberger Wiek bei
Wismar, das wir schon oben erwähnten. Die Stadt Wismar hat nur
13,000 Einwohner und trotzdem lebhaften Seeverkehr; sie wird jährlich
von über 300 Schiffen besucht, eben wegen der Vorzüglichkeit ihres Hafens,
an dem wir darum eine Marinestation wünschen möchten. Eine Bestäti¬
gung für diese Forderung finden wir einmal in den Angaben der genauen
Karte der meklenburgischen Küste, die im Jahre 1840 von dänischen See¬
offizieren unter dem damaligen Capitän Zahrtmann aufgenommen und später
durch die Arbeiten unserer Küstencommission als völlig richtig befunden wor¬
den ist, und sodann in dem Urtheil eines preußischen Fachmanns, der auf
dem Gebiete der Hafenverhältnisse durch eigene praktische Erfahrung in der
Kriegs- wie in der Handelsmarine ganz speciell orientirt ist. Das eine Meile
westlich von Wismar gelegene wohlenberger Wiek ist ein durch Land und
durch Sandbänke gegen alle Winde vollständig geschütztes Bassin, von einer
Quadratmeile Oberfläche und hinreichender Tiefe, um Kriegsschiffe größter
Gattung bequem aufzunehmen. Das Becken ist rein von allen Untiefen,
und seine Tiefe so gleichmäßig, daß man noch 300 Schritt vom Ufer 25
Fuß Wasser findet. Nicht weniger günstig sind die Terrainverhältnisse für
d^e Anlage von Werften, Docks, Arsenälen, Werkstätten u. s. w., sowie sür
die Errichtung von Festungswerken. Die Einfahrt ist zwar nicht so klar
wie bei Kiel, sondern sie windet sich zwischen Sandbänken durch, indessen be¬
sitzt bitt das Fahrwasser eine solche Tiefe urrd Breite, daß es bei guter Be-
dornung und Befeuerung (Mit Leuchtthürmen) weder bei Tage noch bei Nacht
die geringsten Schwierigkeiten bietet. Wie das innere, "/« deutsche Meile


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_362043/435>, abgerufen am 15.01.2025.