Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.den zählt, wird nicht selbst zum Aufstand drängen, wohl aber bei der ersten Endlich hat man auch gesagt, daß die Aufhebung der Staatskirche in Nach Prüfung aller bezüglichen parlamentarischen Debatten und aller Drei Wege sind vorgeschlagen, 1) die Staatskirche zwar als Institution den zählt, wird nicht selbst zum Aufstand drängen, wohl aber bei der ersten Endlich hat man auch gesagt, daß die Aufhebung der Staatskirche in Nach Prüfung aller bezüglichen parlamentarischen Debatten und aller Drei Wege sind vorgeschlagen, 1) die Staatskirche zwar als Institution <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0409" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/117941"/> <p xml:id="ID_1294" prev="#ID_1293"> den zählt, wird nicht selbst zum Aufstand drängen, wohl aber bei der ersten<lb/> Aussicht auf Erfolg nur zu geneigt sein, anderen bei Aufpflanzung der Fahne<lb/> des Bürgerkrieges zu helfen. Dagegen ist die Drohung durchaus leer, daß<lb/> die Aufhebung der Staatskirche die irischen Protestanten illoyal machen würde.<lb/> Dies wird sowenig der Fall sein, als es durch die Zulassung der Katholiken<lb/> zu Staatsämtern und zum Parlament geschehen ist. Jene Protestanten mögen<lb/> mißvergnügt über die Entziehung eines Privilegs sein, sie wissen aber, daß<lb/> die Sicherung ihrer Stellung, als einer kleinen wohlhabenden Minorität gegen<lb/> die große katholische Majorität, allein im festen Anschluß an die Regierung<lb/> liegt, sie können sich also nicht von ihr abwenden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1295"> Endlich hat man auch gesagt, daß die Aufhebung der Staatskirche in<lb/> Irland eine gleiche Maßregel in England über kurz oder lang nach sich ziehen<lb/> werde. Angenommen dies sei der Fall, so wäre darauf mit der doppelten<lb/> Frage zu erwiedern, ob das ein Unglück sein würde, oder ob es ein Grund<lb/> sei, eine schreiende Ungerechtigkeit aufrecht zu halten? Wir sind geneigt,<lb/> beides zu verneinen, müssen aber auch in Abrede stellen, daß beide Fälle<lb/> unbedingt corner seien. Die Wurzeln der Staatskirche sind in England ebenso<lb/> stark, als sie in Irland schwach sind, die Kirche zählt in dem einen Lande<lb/> die Majorität, in dem anderen eine winzige Minorität; wir möchten im<lb/> Gegentheil eher behaupten, daß der irische Zweig ein Klotz am Fuße der<lb/> Mutterkirche ist, von dem sie sich sobald als möglich befreien sollte, damit<lb/> sie das Odium einer privilegirten Minorität abstreift.</p><lb/> <p xml:id="ID_1296"> Nach Prüfung aller bezüglichen parlamentarischen Debatten und aller<lb/> Gründe, welche von den Anhängern der Staatskirche vorgebracht sind, kom¬<lb/> men wir zu dem Resultat, daß die letztere nicht zu vertheidigen ist. Sie<lb/> ist Irland durch das Schwert aufgezwungen worden und trotz ihrer privile¬<lb/> girten Stellung ganz stationär geblieben. Wir kennen kein Beispiel, daß<lb/> ein Katholik zu ihr übergegangen wäre, sie hat mehr als alles andere bei¬<lb/> getragen, die Britten im Ausland zu discreditiren. Wenn man von den<lb/> Diensten sprach, die England der Freiheit geleistet, wiesen die Gegner auf<lb/> die irische Staatskirche hin, .welche Napoleon I. charakteristisch genug im<lb/> Falle eines Krieges gleichbedeutend mit einer Diversion von 30—40,000<lb/> Mann von England erklärte. Die Institution muß fallen und es fragt sich<lb/> uur, was an die Stelle treten, was mit ihren Einkünften gemacht<lb/> werden soll.</p><lb/> <p xml:id="ID_1297" next="#ID_1298"> Drei Wege sind vorgeschlagen, 1) die Staatskirche zwar als Institution<lb/> aufzuheben, aber als selbständige Körperschaft im Besitz ihrer Einkünfte zu<lb/> lassen und daneben den katholischen Clerus von Staatswegen zu besolden,<lb/> 2) die bisherigen Einkünfte der Staatskirche unter die drei in Irland ver¬<lb/> tretenen Confessionen, Katholiken, Anglikaner und Presbyterianer, nach</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0409]
den zählt, wird nicht selbst zum Aufstand drängen, wohl aber bei der ersten
Aussicht auf Erfolg nur zu geneigt sein, anderen bei Aufpflanzung der Fahne
des Bürgerkrieges zu helfen. Dagegen ist die Drohung durchaus leer, daß
die Aufhebung der Staatskirche die irischen Protestanten illoyal machen würde.
Dies wird sowenig der Fall sein, als es durch die Zulassung der Katholiken
zu Staatsämtern und zum Parlament geschehen ist. Jene Protestanten mögen
mißvergnügt über die Entziehung eines Privilegs sein, sie wissen aber, daß
die Sicherung ihrer Stellung, als einer kleinen wohlhabenden Minorität gegen
die große katholische Majorität, allein im festen Anschluß an die Regierung
liegt, sie können sich also nicht von ihr abwenden.
Endlich hat man auch gesagt, daß die Aufhebung der Staatskirche in
Irland eine gleiche Maßregel in England über kurz oder lang nach sich ziehen
werde. Angenommen dies sei der Fall, so wäre darauf mit der doppelten
Frage zu erwiedern, ob das ein Unglück sein würde, oder ob es ein Grund
sei, eine schreiende Ungerechtigkeit aufrecht zu halten? Wir sind geneigt,
beides zu verneinen, müssen aber auch in Abrede stellen, daß beide Fälle
unbedingt corner seien. Die Wurzeln der Staatskirche sind in England ebenso
stark, als sie in Irland schwach sind, die Kirche zählt in dem einen Lande
die Majorität, in dem anderen eine winzige Minorität; wir möchten im
Gegentheil eher behaupten, daß der irische Zweig ein Klotz am Fuße der
Mutterkirche ist, von dem sie sich sobald als möglich befreien sollte, damit
sie das Odium einer privilegirten Minorität abstreift.
Nach Prüfung aller bezüglichen parlamentarischen Debatten und aller
Gründe, welche von den Anhängern der Staatskirche vorgebracht sind, kom¬
men wir zu dem Resultat, daß die letztere nicht zu vertheidigen ist. Sie
ist Irland durch das Schwert aufgezwungen worden und trotz ihrer privile¬
girten Stellung ganz stationär geblieben. Wir kennen kein Beispiel, daß
ein Katholik zu ihr übergegangen wäre, sie hat mehr als alles andere bei¬
getragen, die Britten im Ausland zu discreditiren. Wenn man von den
Diensten sprach, die England der Freiheit geleistet, wiesen die Gegner auf
die irische Staatskirche hin, .welche Napoleon I. charakteristisch genug im
Falle eines Krieges gleichbedeutend mit einer Diversion von 30—40,000
Mann von England erklärte. Die Institution muß fallen und es fragt sich
uur, was an die Stelle treten, was mit ihren Einkünften gemacht
werden soll.
Drei Wege sind vorgeschlagen, 1) die Staatskirche zwar als Institution
aufzuheben, aber als selbständige Körperschaft im Besitz ihrer Einkünfte zu
lassen und daneben den katholischen Clerus von Staatswegen zu besolden,
2) die bisherigen Einkünfte der Staatskirche unter die drei in Irland ver¬
tretenen Confessionen, Katholiken, Anglikaner und Presbyterianer, nach
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