Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.den. Auch als Diener ihrer Herren waren viele Sclaven in den Feldzügen Ein sehr großer Theil der Gewerbe lag in den Händen der Schutzver¬ Lag nach dem eben Dargestellten auch ein großer Theil der eigentlichen Grenzboten 17. 1868. 48
den. Auch als Diener ihrer Herren waren viele Sclaven in den Feldzügen Ein sehr großer Theil der Gewerbe lag in den Händen der Schutzver¬ Lag nach dem eben Dargestellten auch ein großer Theil der eigentlichen Grenzboten 17. 1868. 48
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0381" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/117913"/> <p xml:id="ID_1188" prev="#ID_1187"> den. Auch als Diener ihrer Herren waren viele Sclaven in den Feldzügen<lb/> anwesend; sehr allgemein war der Gebrauch sie als Ruderknechte auf der<lb/> Flotte zu benutzen, wohin sie von ihren Herren für Geld geliehen wurden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1189"> Ein sehr großer Theil der Gewerbe lag in den Händen der Schutzver¬<lb/> wandten, denen mannigfache Vortheile zugesichert waren. Gegen die geringe<lb/> jährliche Abgabe von 12 Drachmen (3 Thlr.) erhielten sie die Erlaubniß,<lb/> Handel oder Gewerbe in Athen zu betreiben und es waren nicht nur semi¬<lb/> tische Handelsleute aus Syrien oder Lydien, welche von derselben Gebrauch<lb/> machten, sondern auch griechische Handwerker und Künstler. Staats-Leistun-<lb/> gen und Steuern fielen ihnen im übrigen gleich den Bürgern zu, auch<lb/> zogen sie gleich jenen zu Felde. Zur Vertretung vor Gericht und dem Staate<lb/> gegenüber hatte Jeder sich einen Patron unter den Bürgern zu wählen, auch<lb/> hatten sie an der Staatsleitung, als dem Vorrecht der Bürger, keinen An¬<lb/> theil. In Anerkennung von Verdiensten wurden sie in die Klasse der „Jso-<lb/> telen" aufgenommen und dadurch zwar im Rechte den Bürgern gänzlich<lb/> gleichgestellt, ohne jedoch Antheil an der Staatsleitung zu erhalten. Zu<lb/> ihnen zählte die Familie des Redners Lysias. Ueber die Zahl der Schutz¬<lb/> verwandten erfahren wir durch die Zählung des Demetrius von Phalerum<lb/> Ol. 117, 4 (309 v. Chr.), daß sich mit Einschluß der Jsotelen 10,000 zu Athen<lb/> befanden, d. h. unter Einrechnung der Weiber und Kinder etwa 40,000.</p><lb/> <p xml:id="ID_1190" next="#ID_1191"> Lag nach dem eben Dargestellten auch ein großer Theil der eigentlichen<lb/> Arbeit in den Händen der Sclaven und Schutzverwandten, so war damit<lb/> doch, wie früher bemerkt, die Theilnahme des Bürgers an den Gewerben<lb/> keineswegs ausgeschlossen. Wir glauben das Verhältniß derselben zur Arbeit<lb/> nicht unrichtig darzustellen, wenn wir sagen: in den älteren Zeiten nahmen<lb/> die gewerbtreibenden Bürger noch thätigen Antheil als selbstständige Hand¬<lb/> werker und Gewerksmeister, in den späteren mehr p assiven Antheil als Fa¬<lb/> brikherren. Und doch kann auch in den Zeiten politischer Blüthe die Zahl<lb/> von eigentlichen Handwerkern unter den Bürgern Athens nicht allzugering<lb/> gewesen sein, wenn anders es Sinn haben soll, daß Socrates in den Me¬<lb/> moiren des Xenophon den Charmides auffordert, ohne Scheu in der Volks¬<lb/> versammlung zu reden, da dieselbe zum großen Theil aus Walkern, Zimmer¬<lb/> leuten. Schmieden, Ackerbauern und Kaufleuten bestehe. Später nöthigte<lb/> die unglückliche politische Lage des Staats nach den Niederlagen des pelo-<lb/> ponnesischen Krieges den besitzlosen oder verarmten Bürger zur Betreibung<lb/> eines Gewerbes, zumal, da die Bestellung der Felder durch feindliche Ueber¬<lb/> fälle fast zur Unmöglichkeit wurde. Vorzugsweise war es aber Pericles, der<lb/> die unbemittelte Masse durch Beschäftigung bei den Staatsbauten zur Arbeit<lb/> heranzog. Die unterste Volksklasse hatte damals und zum Theil schon vor<lb/> Pericles eine andere politische Stellung erhalten, als sie zur Zeit des Solon</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten 17. 1868. 48</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0381]
den. Auch als Diener ihrer Herren waren viele Sclaven in den Feldzügen
anwesend; sehr allgemein war der Gebrauch sie als Ruderknechte auf der
Flotte zu benutzen, wohin sie von ihren Herren für Geld geliehen wurden.
Ein sehr großer Theil der Gewerbe lag in den Händen der Schutzver¬
wandten, denen mannigfache Vortheile zugesichert waren. Gegen die geringe
jährliche Abgabe von 12 Drachmen (3 Thlr.) erhielten sie die Erlaubniß,
Handel oder Gewerbe in Athen zu betreiben und es waren nicht nur semi¬
tische Handelsleute aus Syrien oder Lydien, welche von derselben Gebrauch
machten, sondern auch griechische Handwerker und Künstler. Staats-Leistun-
gen und Steuern fielen ihnen im übrigen gleich den Bürgern zu, auch
zogen sie gleich jenen zu Felde. Zur Vertretung vor Gericht und dem Staate
gegenüber hatte Jeder sich einen Patron unter den Bürgern zu wählen, auch
hatten sie an der Staatsleitung, als dem Vorrecht der Bürger, keinen An¬
theil. In Anerkennung von Verdiensten wurden sie in die Klasse der „Jso-
telen" aufgenommen und dadurch zwar im Rechte den Bürgern gänzlich
gleichgestellt, ohne jedoch Antheil an der Staatsleitung zu erhalten. Zu
ihnen zählte die Familie des Redners Lysias. Ueber die Zahl der Schutz¬
verwandten erfahren wir durch die Zählung des Demetrius von Phalerum
Ol. 117, 4 (309 v. Chr.), daß sich mit Einschluß der Jsotelen 10,000 zu Athen
befanden, d. h. unter Einrechnung der Weiber und Kinder etwa 40,000.
Lag nach dem eben Dargestellten auch ein großer Theil der eigentlichen
Arbeit in den Händen der Sclaven und Schutzverwandten, so war damit
doch, wie früher bemerkt, die Theilnahme des Bürgers an den Gewerben
keineswegs ausgeschlossen. Wir glauben das Verhältniß derselben zur Arbeit
nicht unrichtig darzustellen, wenn wir sagen: in den älteren Zeiten nahmen
die gewerbtreibenden Bürger noch thätigen Antheil als selbstständige Hand¬
werker und Gewerksmeister, in den späteren mehr p assiven Antheil als Fa¬
brikherren. Und doch kann auch in den Zeiten politischer Blüthe die Zahl
von eigentlichen Handwerkern unter den Bürgern Athens nicht allzugering
gewesen sein, wenn anders es Sinn haben soll, daß Socrates in den Me¬
moiren des Xenophon den Charmides auffordert, ohne Scheu in der Volks¬
versammlung zu reden, da dieselbe zum großen Theil aus Walkern, Zimmer¬
leuten. Schmieden, Ackerbauern und Kaufleuten bestehe. Später nöthigte
die unglückliche politische Lage des Staats nach den Niederlagen des pelo-
ponnesischen Krieges den besitzlosen oder verarmten Bürger zur Betreibung
eines Gewerbes, zumal, da die Bestellung der Felder durch feindliche Ueber¬
fälle fast zur Unmöglichkeit wurde. Vorzugsweise war es aber Pericles, der
die unbemittelte Masse durch Beschäftigung bei den Staatsbauten zur Arbeit
heranzog. Die unterste Volksklasse hatte damals und zum Theil schon vor
Pericles eine andere politische Stellung erhalten, als sie zur Zeit des Solon
Grenzboten 17. 1868. 48
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |