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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.

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der Sachverhalt, daß Andrea ein Schüler des Antonio war, also gerade
das Umgekehrte von dem. was der Katalog glauben machen will. -- Nun
gibt es aber im Museum (unter Ur. 1143) noch ein mehrtheiliges Altar¬
bild, das gleich dem obigen dem Antonio und dem Bartolomeo Vivarini
zugeschrieben wird. Ist auch die mittlere Abtheilung des oberen Stückes,
welches Christus im Grabe zwischen zwei Engeln darstellt, ohne Zweifel von
Antonio, so sind doch die übrigen Theile des Bildes weder von ihm noch
von Bartolomeo, sondern von Luigi Vivarini. Von Bartolomeo Vivarini
haben wir unter fünf Bildern zwei echte, 1160 und 1177. Ein drittes, Ur.
1152, die Figur eines Bischofs, wird mit mehr Wahrscheinlichkeit dem Luigi
zuzuschreiben sein.

Was diesen letzteren Künstler anbelangt, so wünschten wir nur, daß uns
der Catalog sagte, woher die Bilder desselben, die wir an den Wänden des
Museums sehen, gekommen sind. Es wäre doch nicht uninteressant für das
Publieum, zu wissen, daß Ur. 1165 (Madonna mit dem Kinde-zwischen dem
heil. Hieronymus, Johannes dem Täufer, Augustin und Sebastian) sich ehe-
mals in der Kirche S. Cristoforo auf Murano befand und Ur. 38 (die
Madonna mit der heil. Katharina, Petrus, Georg, Maria Magdalena, Hie¬
ronymus und Sebastian) der Scuola de' Battuti in Belluno angehörte. Uebri-
gens ist es ein starkes Stück von Nachlässigkeit, einen Maler von dem Rufe
des Luigi Vivarini mit der Notiz abzufertigen, er habe um 1490 geblüht.
Wir erlauben uns hinzuzusetzen, daß sein frühestes Altarbild in Mon-
tefiorentino, ein großes und sehr schönes Werk, die Jahreszahl 1475 trägt,
und sein letztes, in S. Maria de' Frari in Venedig. 1603 gearbeitet ist.

Unter den Schülern der Vivarini muß hier im Zusammenhang mit
Andrea da Murano nach Jacopo da Valentia genannt werden. Er ist wenig
bekannt und seine Arbeiten haben allerdings nicht viel Anziehendes; aber er
gehört hierher, weil zwei Bilder der Gallerte von ihm herrühren; eins ist
sogar mit seinem Namen versehen, allein der Katalog nimmt sich nicht die
Mühe, ihn oder seine Werke zu verzeichnen, ein arger Verstoß ^egen Ge¬
wissenhaftigkeit und Sorgfalt, denn es ist durchaus von derselben Wichtigkeit,
Entartung und Untergang der verschiedenen Schulen kenntlich zu machen,
Wie ihre Anfänge und Ausbreitung, und da Jacopo da Valentia und Andrea
da Murano uns zeigen, was aus der Schule der Vivarini wurde, nachdem
die der Bellini ihr den Rang abgelaufen hatte, fo gebührt sichs, wo sich
Gelegenheit dazu bietet, wenigstens die Namen derjenigen zu nennen, welche
zu dem Verfall beitrugen.

Sehen wir nun weiter zu, was der Katalog über die Werke und Lebens-
umstände des Gentile und Giovanni Bellini beibringt, so begegnen wir
bei der Notiz, daß ersterer 1425 geboren und 1507 gestorben und daß


der Sachverhalt, daß Andrea ein Schüler des Antonio war, also gerade
das Umgekehrte von dem. was der Katalog glauben machen will. — Nun
gibt es aber im Museum (unter Ur. 1143) noch ein mehrtheiliges Altar¬
bild, das gleich dem obigen dem Antonio und dem Bartolomeo Vivarini
zugeschrieben wird. Ist auch die mittlere Abtheilung des oberen Stückes,
welches Christus im Grabe zwischen zwei Engeln darstellt, ohne Zweifel von
Antonio, so sind doch die übrigen Theile des Bildes weder von ihm noch
von Bartolomeo, sondern von Luigi Vivarini. Von Bartolomeo Vivarini
haben wir unter fünf Bildern zwei echte, 1160 und 1177. Ein drittes, Ur.
1152, die Figur eines Bischofs, wird mit mehr Wahrscheinlichkeit dem Luigi
zuzuschreiben sein.

Was diesen letzteren Künstler anbelangt, so wünschten wir nur, daß uns
der Catalog sagte, woher die Bilder desselben, die wir an den Wänden des
Museums sehen, gekommen sind. Es wäre doch nicht uninteressant für das
Publieum, zu wissen, daß Ur. 1165 (Madonna mit dem Kinde-zwischen dem
heil. Hieronymus, Johannes dem Täufer, Augustin und Sebastian) sich ehe-
mals in der Kirche S. Cristoforo auf Murano befand und Ur. 38 (die
Madonna mit der heil. Katharina, Petrus, Georg, Maria Magdalena, Hie¬
ronymus und Sebastian) der Scuola de' Battuti in Belluno angehörte. Uebri-
gens ist es ein starkes Stück von Nachlässigkeit, einen Maler von dem Rufe
des Luigi Vivarini mit der Notiz abzufertigen, er habe um 1490 geblüht.
Wir erlauben uns hinzuzusetzen, daß sein frühestes Altarbild in Mon-
tefiorentino, ein großes und sehr schönes Werk, die Jahreszahl 1475 trägt,
und sein letztes, in S. Maria de' Frari in Venedig. 1603 gearbeitet ist.

Unter den Schülern der Vivarini muß hier im Zusammenhang mit
Andrea da Murano nach Jacopo da Valentia genannt werden. Er ist wenig
bekannt und seine Arbeiten haben allerdings nicht viel Anziehendes; aber er
gehört hierher, weil zwei Bilder der Gallerte von ihm herrühren; eins ist
sogar mit seinem Namen versehen, allein der Katalog nimmt sich nicht die
Mühe, ihn oder seine Werke zu verzeichnen, ein arger Verstoß ^egen Ge¬
wissenhaftigkeit und Sorgfalt, denn es ist durchaus von derselben Wichtigkeit,
Entartung und Untergang der verschiedenen Schulen kenntlich zu machen,
Wie ihre Anfänge und Ausbreitung, und da Jacopo da Valentia und Andrea
da Murano uns zeigen, was aus der Schule der Vivarini wurde, nachdem
die der Bellini ihr den Rang abgelaufen hatte, fo gebührt sichs, wo sich
Gelegenheit dazu bietet, wenigstens die Namen derjenigen zu nennen, welche
zu dem Verfall beitrugen.

Sehen wir nun weiter zu, was der Katalog über die Werke und Lebens-
umstände des Gentile und Giovanni Bellini beibringt, so begegnen wir
bei der Notiz, daß ersterer 1425 geboren und 1507 gestorben und daß


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[0291] der Sachverhalt, daß Andrea ein Schüler des Antonio war, also gerade das Umgekehrte von dem. was der Katalog glauben machen will. — Nun gibt es aber im Museum (unter Ur. 1143) noch ein mehrtheiliges Altar¬ bild, das gleich dem obigen dem Antonio und dem Bartolomeo Vivarini zugeschrieben wird. Ist auch die mittlere Abtheilung des oberen Stückes, welches Christus im Grabe zwischen zwei Engeln darstellt, ohne Zweifel von Antonio, so sind doch die übrigen Theile des Bildes weder von ihm noch von Bartolomeo, sondern von Luigi Vivarini. Von Bartolomeo Vivarini haben wir unter fünf Bildern zwei echte, 1160 und 1177. Ein drittes, Ur. 1152, die Figur eines Bischofs, wird mit mehr Wahrscheinlichkeit dem Luigi zuzuschreiben sein. Was diesen letzteren Künstler anbelangt, so wünschten wir nur, daß uns der Catalog sagte, woher die Bilder desselben, die wir an den Wänden des Museums sehen, gekommen sind. Es wäre doch nicht uninteressant für das Publieum, zu wissen, daß Ur. 1165 (Madonna mit dem Kinde-zwischen dem heil. Hieronymus, Johannes dem Täufer, Augustin und Sebastian) sich ehe- mals in der Kirche S. Cristoforo auf Murano befand und Ur. 38 (die Madonna mit der heil. Katharina, Petrus, Georg, Maria Magdalena, Hie¬ ronymus und Sebastian) der Scuola de' Battuti in Belluno angehörte. Uebri- gens ist es ein starkes Stück von Nachlässigkeit, einen Maler von dem Rufe des Luigi Vivarini mit der Notiz abzufertigen, er habe um 1490 geblüht. Wir erlauben uns hinzuzusetzen, daß sein frühestes Altarbild in Mon- tefiorentino, ein großes und sehr schönes Werk, die Jahreszahl 1475 trägt, und sein letztes, in S. Maria de' Frari in Venedig. 1603 gearbeitet ist. Unter den Schülern der Vivarini muß hier im Zusammenhang mit Andrea da Murano nach Jacopo da Valentia genannt werden. Er ist wenig bekannt und seine Arbeiten haben allerdings nicht viel Anziehendes; aber er gehört hierher, weil zwei Bilder der Gallerte von ihm herrühren; eins ist sogar mit seinem Namen versehen, allein der Katalog nimmt sich nicht die Mühe, ihn oder seine Werke zu verzeichnen, ein arger Verstoß ^egen Ge¬ wissenhaftigkeit und Sorgfalt, denn es ist durchaus von derselben Wichtigkeit, Entartung und Untergang der verschiedenen Schulen kenntlich zu machen, Wie ihre Anfänge und Ausbreitung, und da Jacopo da Valentia und Andrea da Murano uns zeigen, was aus der Schule der Vivarini wurde, nachdem die der Bellini ihr den Rang abgelaufen hatte, fo gebührt sichs, wo sich Gelegenheit dazu bietet, wenigstens die Namen derjenigen zu nennen, welche zu dem Verfall beitrugen. Sehen wir nun weiter zu, was der Katalog über die Werke und Lebens- umstände des Gentile und Giovanni Bellini beibringt, so begegnen wir bei der Notiz, daß ersterer 1425 geboren und 1507 gestorben und daß

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_362043/291>, abgerufen am 15.01.2025.