Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.schen, geschichtlichen und chronologischen Detailuntersuchungen, in denen der Wir wissen es zu schätzen, daß ein so selbständiger Forscher, wie Herr Herr Keim, dessen schätzbare Leistung in der Beigabe der apokryphischen 28*
schen, geschichtlichen und chronologischen Detailuntersuchungen, in denen der Wir wissen es zu schätzen, daß ein so selbständiger Forscher, wie Herr Herr Keim, dessen schätzbare Leistung in der Beigabe der apokryphischen 28*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0223" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/117755"/> <p xml:id="ID_696" prev="#ID_695"> schen, geschichtlichen und chronologischen Detailuntersuchungen, in denen der<lb/> echte Gelehrte erkennbar wird, als die geistreichen Schilderungen der religiösen<lb/> Verhältnisse, die Jesus vorfand, zu verzeichnen. Zu Aufhellung des Sach¬<lb/> bestandes bat die unbefangene und lichtvolle Darstellung, die der Person<lb/> und dem Wirken des Täufers Johannes zu Theil geworden ist. ein nam¬<lb/> haftes beigetragen. In einer Hinsicht müssen wir sogar Herrn Keim gegen<lb/> sich selber in Schutz nehmen; er fürchtet S. VIII., „man werde es der Be¬<lb/> handlung der Evangelienfrage, obwohl sie zuerst stehe, anspüren, daß sie zu¬<lb/> letzt und in der Ermüdung geschrieben sei." Dieser Abschnitt ist in Anbe¬<lb/> tracht dessen, daß er am meisten Scharfblick und gelehrte Dialektik erfordert<lb/> und daß die Bearbeitung es sich zur Pflicht gemacht, mit den Vertretern der<lb/> verschiedenen Standpunkte abzurechnen, bei der Richtung, welche die Unter¬<lb/> suchung genommen und eingehalten hat, als der Glanzpunkt des ganzen<lb/> Buchs zu bezeichnen. Lasse man sich nicht durch die kühn apologetische Be¬<lb/> merkung S. 24: „daß man von den verlorenen Außenwerken der christlichen<lb/> Apokiyvhen mit den Evangelien schließlich bei der festen Burg des Glaubens<lb/> und Wissens ankomme." irre machen. Der Verfasser erobert sich mit dieser<lb/> seiner Untersuchung, die von S. 44—172 geführt wird, das sichere Terrain, das<lb/> ihn zu der wirklichen Geschichte Jesu und seiner Zeit gelangen läßt.</p><lb/> <p xml:id="ID_697"> Wir wissen es zu schätzen, daß ein so selbständiger Forscher, wie Herr<lb/> Keim ist, mit dem noch nicht gehörig in der theologischen Welt zur An¬<lb/> erkennung gekommenen Resultat der tübinger Schule in der Quellenfrage über¬<lb/> einstimmt. Es verräth dies ebensoviel historischen Scharfblick als Mäßigung in<lb/> der religiösen Anschauung. Insbesondere hat so offen, wie er, nur noch Strauß<lb/> die Glaubwürdigkeit des vierten Evangeliums preisgegeben. Näher ordnen sich<lb/> ihm der Zeit nach die Evangelien wie folgt: Matthäus im Jahr 66 n. Chr.,<lb/> Lucas 90, Marcus 100. Johannes 110—115. Natürlich ist dem letzteren,<lb/> der weitaus größte Umfang der Untersuchung gewidmet. Es dürfte nach<lb/> dieser neuen erschöpfenden Behandlung dieses Gegenstands nicht mehr viel<lb/> zur gänzlichen Aufräumung mit demselben übrig bleiben. Wenn wir noch<lb/> eine Nachlese hinter dieser umfassendsten Ernte uns erlauben dürften, so<lb/> würden wir noch auf das völlige Fehlen der parabolischen Lehrweise, auf die<lb/> von Strauß erstmals hervorgehobene Mischung sublimster Mystik mit grobem<lb/> Materialismus, vor' allem auf den bisher noch nirgends recht betonten<lb/> Ungeschmack und das eigentliche Ungeschick neben allem Geschmack und Geschick<lb/> in diesem Evangelium hinweisen.</p><lb/> <p xml:id="ID_698" next="#ID_699"> Herr Keim, dessen schätzbare Leistung in der Beigabe der apokryphischen<lb/> Erzählungen zu den betreffenden Abschnitten der kanonischen Urkunden noch<lb/> zu registriren ist, verspricht uns einen baldigen Schluß seines Werks, aus<lb/> welchen schon seine beiläufige Ankündigung eines besondern Abschnitts über</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 28*</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0223]
schen, geschichtlichen und chronologischen Detailuntersuchungen, in denen der
echte Gelehrte erkennbar wird, als die geistreichen Schilderungen der religiösen
Verhältnisse, die Jesus vorfand, zu verzeichnen. Zu Aufhellung des Sach¬
bestandes bat die unbefangene und lichtvolle Darstellung, die der Person
und dem Wirken des Täufers Johannes zu Theil geworden ist. ein nam¬
haftes beigetragen. In einer Hinsicht müssen wir sogar Herrn Keim gegen
sich selber in Schutz nehmen; er fürchtet S. VIII., „man werde es der Be¬
handlung der Evangelienfrage, obwohl sie zuerst stehe, anspüren, daß sie zu¬
letzt und in der Ermüdung geschrieben sei." Dieser Abschnitt ist in Anbe¬
tracht dessen, daß er am meisten Scharfblick und gelehrte Dialektik erfordert
und daß die Bearbeitung es sich zur Pflicht gemacht, mit den Vertretern der
verschiedenen Standpunkte abzurechnen, bei der Richtung, welche die Unter¬
suchung genommen und eingehalten hat, als der Glanzpunkt des ganzen
Buchs zu bezeichnen. Lasse man sich nicht durch die kühn apologetische Be¬
merkung S. 24: „daß man von den verlorenen Außenwerken der christlichen
Apokiyvhen mit den Evangelien schließlich bei der festen Burg des Glaubens
und Wissens ankomme." irre machen. Der Verfasser erobert sich mit dieser
seiner Untersuchung, die von S. 44—172 geführt wird, das sichere Terrain, das
ihn zu der wirklichen Geschichte Jesu und seiner Zeit gelangen läßt.
Wir wissen es zu schätzen, daß ein so selbständiger Forscher, wie Herr
Keim ist, mit dem noch nicht gehörig in der theologischen Welt zur An¬
erkennung gekommenen Resultat der tübinger Schule in der Quellenfrage über¬
einstimmt. Es verräth dies ebensoviel historischen Scharfblick als Mäßigung in
der religiösen Anschauung. Insbesondere hat so offen, wie er, nur noch Strauß
die Glaubwürdigkeit des vierten Evangeliums preisgegeben. Näher ordnen sich
ihm der Zeit nach die Evangelien wie folgt: Matthäus im Jahr 66 n. Chr.,
Lucas 90, Marcus 100. Johannes 110—115. Natürlich ist dem letzteren,
der weitaus größte Umfang der Untersuchung gewidmet. Es dürfte nach
dieser neuen erschöpfenden Behandlung dieses Gegenstands nicht mehr viel
zur gänzlichen Aufräumung mit demselben übrig bleiben. Wenn wir noch
eine Nachlese hinter dieser umfassendsten Ernte uns erlauben dürften, so
würden wir noch auf das völlige Fehlen der parabolischen Lehrweise, auf die
von Strauß erstmals hervorgehobene Mischung sublimster Mystik mit grobem
Materialismus, vor' allem auf den bisher noch nirgends recht betonten
Ungeschmack und das eigentliche Ungeschick neben allem Geschmack und Geschick
in diesem Evangelium hinweisen.
Herr Keim, dessen schätzbare Leistung in der Beigabe der apokryphischen
Erzählungen zu den betreffenden Abschnitten der kanonischen Urkunden noch
zu registriren ist, verspricht uns einen baldigen Schluß seines Werks, aus
welchen schon seine beiläufige Ankündigung eines besondern Abschnitts über
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