Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.und das im strengsten Sinne des Worts. Keiner von ihnen darf mehr mäch¬ Thorheit ist es zu glauben/) wie man wohl hin und wieder hört, daß Man ist zu weit gegangen, als daß man zurückgehen oder stehen bleiben Was aber auch und wie es geschehen möge, so sollen sich doch immer *) Hcutzntag doppelt und dreifach wahr, so sehr man auch in Hietzing blind sein mag. Dieser salto mortale, der bei der herrschenden Vegriffsvcrwirrnug wahrscheinlich nur zur
äußersten Reaction geführt hätte, ist uns glücklicherweise erspart worden, und zwar durch die Er¬ eignisse von 1866. Die Rcvolutionsgclüste der varticularistischcn Democrcttie und des depossc- dirten Lcgitimiswus sind, trotz der reichlichen und zugänglichen Kasse des letzteren, nicht ge¬ fährlich. und das im strengsten Sinne des Worts. Keiner von ihnen darf mehr mäch¬ Thorheit ist es zu glauben/) wie man wohl hin und wieder hört, daß Man ist zu weit gegangen, als daß man zurückgehen oder stehen bleiben Was aber auch und wie es geschehen möge, so sollen sich doch immer *) Hcutzntag doppelt und dreifach wahr, so sehr man auch in Hietzing blind sein mag. Dieser salto mortale, der bei der herrschenden Vegriffsvcrwirrnug wahrscheinlich nur zur
äußersten Reaction geführt hätte, ist uns glücklicherweise erspart worden, und zwar durch die Er¬ eignisse von 1866. Die Rcvolutionsgclüste der varticularistischcn Democrcttie und des depossc- dirten Lcgitimiswus sind, trotz der reichlichen und zugänglichen Kasse des letzteren, nicht ge¬ fährlich. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0214" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/117746"/> <p xml:id="ID_672" prev="#ID_671"> und das im strengsten Sinne des Worts. Keiner von ihnen darf mehr mäch¬<lb/> tig genug sein oder werden können, um für sich bestehen oder Fremden sich<lb/> anschließen zu wollen. Auch die Möglichkeit hierzu muß ihm benommen sein,<lb/> deswegen darf er nicht über mehr als höchstens S00.000 (?) Unterthanen ge¬<lb/> bieten, und seine Staaten auch nicht durch Erbschaft oder sonst vergrößern<lb/> können. Stirbt ein Fürstenhaus aus, so erbt Kaiser und Reich.<lb/> In Deutschland darf dann nur ein Herr und eine Reichsverfassung sein,<lb/> die allein vom Kaiser ausgeht; ihm muß das alleinige Recht zustehen, mit<lb/> dem Auslande zu unterhandeln, die übrigen Fürsten dürfen weder Gesandte<lb/> bei auswärtigen Mächten halten, noch solche von ihnen annehmen. Eine<lb/> ständische Verfassung muß ferner nach einem Grundsatz durch das ganze<lb/> deutsche Reich gehen, ebenso ein Handel und Wandel und mit der Zeit ein<lb/> Gesetzbuch. Das wären ungefähre Grundzüge, nach denen ein deutsches Reich<lb/> in der Wirklichkeit frei und mächtig bestehen könnte.</p><lb/> <p xml:id="ID_673"> Thorheit ist es zu glauben/) wie man wohl hin und wieder hört, daß<lb/> Europa solche Schritte nicht zulassen könne und werde, daß das Gleichgewichts¬<lb/> system aller Staaten darunter leide; wo hat wohl je noch irgend eine Macht<lb/> der Erde einem freien Volke in dem Schranken setzen können, was es bei sich<lb/> in seinem Lande gewollt hat? Haben wir nicht in Frankreich das neueste<lb/> Beispiel in seiner Revolution, was ein Volk kann, wenn es bestimmt und<lb/> kräftig will? Und sollte Deutschland weniger vermögen? Gegen Frankreich<lb/> hat ganz Europa gestanden und nichts vermocht, ganz Europa möge auch<lb/> gegen Deutschland in die Schranken treten: wenn wir muthig sind und uns<lb/> nicht fürchten, kann das nur dienen, unsern Triumph zu vergrößern, und<lb/> früher zu erreichen, wonach wir nicht aufhören dürfen zu streben.</p><lb/> <p xml:id="ID_674"> Man ist zu weit gegangen, als daß man zurückgehen oder stehen bleiben<lb/> könne, auf die eine oder die andere Art muß etwas geschehen, und diese an¬<lb/> dere Art heißt vielleicht:--Revolution**). Ihre Greuel und Ver¬<lb/> wüstungen mögen fürchterlich sein für die Gegenwart; die Geschichte aber und<lb/> das Leben eines Volkes geht über sie hinweg und durch sie hindurch, und<lb/> ruht und blüht auf ihren Folgen und Trümmern.</p><lb/> <p xml:id="ID_675" next="#ID_676"> Was aber auch und wie es geschehen möge, so sollen sich doch immer<lb/> und auf jeden Fall die Bessern in allen deutschen Landen zu vereinigen suchen,<lb/> und gemeinsam für des Vaterlandes Wohl sorgen und arbeiten, damit etwas</p><lb/> <note xml:id="FID_22" place="foot"> *) Hcutzntag doppelt und dreifach wahr, so sehr man auch in Hietzing blind sein mag.</note><lb/> <note xml:id="FID_23" place="foot"> Dieser salto mortale, der bei der herrschenden Vegriffsvcrwirrnug wahrscheinlich nur zur<lb/> äußersten Reaction geführt hätte, ist uns glücklicherweise erspart worden, und zwar durch die Er¬<lb/> eignisse von 1866. Die Rcvolutionsgclüste der varticularistischcn Democrcttie und des depossc-<lb/> dirten Lcgitimiswus sind, trotz der reichlichen und zugänglichen Kasse des letzteren, nicht ge¬<lb/> fährlich.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0214]
und das im strengsten Sinne des Worts. Keiner von ihnen darf mehr mäch¬
tig genug sein oder werden können, um für sich bestehen oder Fremden sich
anschließen zu wollen. Auch die Möglichkeit hierzu muß ihm benommen sein,
deswegen darf er nicht über mehr als höchstens S00.000 (?) Unterthanen ge¬
bieten, und seine Staaten auch nicht durch Erbschaft oder sonst vergrößern
können. Stirbt ein Fürstenhaus aus, so erbt Kaiser und Reich.
In Deutschland darf dann nur ein Herr und eine Reichsverfassung sein,
die allein vom Kaiser ausgeht; ihm muß das alleinige Recht zustehen, mit
dem Auslande zu unterhandeln, die übrigen Fürsten dürfen weder Gesandte
bei auswärtigen Mächten halten, noch solche von ihnen annehmen. Eine
ständische Verfassung muß ferner nach einem Grundsatz durch das ganze
deutsche Reich gehen, ebenso ein Handel und Wandel und mit der Zeit ein
Gesetzbuch. Das wären ungefähre Grundzüge, nach denen ein deutsches Reich
in der Wirklichkeit frei und mächtig bestehen könnte.
Thorheit ist es zu glauben/) wie man wohl hin und wieder hört, daß
Europa solche Schritte nicht zulassen könne und werde, daß das Gleichgewichts¬
system aller Staaten darunter leide; wo hat wohl je noch irgend eine Macht
der Erde einem freien Volke in dem Schranken setzen können, was es bei sich
in seinem Lande gewollt hat? Haben wir nicht in Frankreich das neueste
Beispiel in seiner Revolution, was ein Volk kann, wenn es bestimmt und
kräftig will? Und sollte Deutschland weniger vermögen? Gegen Frankreich
hat ganz Europa gestanden und nichts vermocht, ganz Europa möge auch
gegen Deutschland in die Schranken treten: wenn wir muthig sind und uns
nicht fürchten, kann das nur dienen, unsern Triumph zu vergrößern, und
früher zu erreichen, wonach wir nicht aufhören dürfen zu streben.
Man ist zu weit gegangen, als daß man zurückgehen oder stehen bleiben
könne, auf die eine oder die andere Art muß etwas geschehen, und diese an¬
dere Art heißt vielleicht:--Revolution**). Ihre Greuel und Ver¬
wüstungen mögen fürchterlich sein für die Gegenwart; die Geschichte aber und
das Leben eines Volkes geht über sie hinweg und durch sie hindurch, und
ruht und blüht auf ihren Folgen und Trümmern.
Was aber auch und wie es geschehen möge, so sollen sich doch immer
und auf jeden Fall die Bessern in allen deutschen Landen zu vereinigen suchen,
und gemeinsam für des Vaterlandes Wohl sorgen und arbeiten, damit etwas
*) Hcutzntag doppelt und dreifach wahr, so sehr man auch in Hietzing blind sein mag.
Dieser salto mortale, der bei der herrschenden Vegriffsvcrwirrnug wahrscheinlich nur zur
äußersten Reaction geführt hätte, ist uns glücklicherweise erspart worden, und zwar durch die Er¬
eignisse von 1866. Die Rcvolutionsgclüste der varticularistischcn Democrcttie und des depossc-
dirten Lcgitimiswus sind, trotz der reichlichen und zugänglichen Kasse des letzteren, nicht ge¬
fährlich.
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