Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.gensverhältnissen hinterlassen. Die Wittwe, durch Gläubiger und Processe Jetzt wurde die alte Frau Gegenstand einer Reiterspeeulation. Man¬ Der Rath war höchlich erstaunt. Erstens war die Oedheimerin eine nürn¬ gensverhältnissen hinterlassen. Die Wittwe, durch Gläubiger und Processe Jetzt wurde die alte Frau Gegenstand einer Reiterspeeulation. Man¬ Der Rath war höchlich erstaunt. Erstens war die Oedheimerin eine nürn¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0186" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/117718"/> <p xml:id="ID_577" prev="#ID_576"> gensverhältnissen hinterlassen. Die Wittwe, durch Gläubiger und Processe<lb/> gedrängt, zog sich, ohne aus dem nürnberger Bürgerrecht zu treten, auf<lb/> ein kleines Dorfgut zu Farrnbach zurück, das ihr Schwiegervater einst<lb/> besessen und für ca. 800 Fi. an eine nürnberger Familie, verkauft hatte. In<lb/> diesem Gute hauste die Oedheimerin und processirte an die zehn Jahre darü¬<lb/> ber mit den Erben des Käufers, bis endlich einer derselben sie 1516 mit Ge¬<lb/> walt auftrieb.</p><lb/> <p xml:id="ID_578"> Jetzt wurde die alte Frau Gegenstand einer Reiterspeeulation. Man¬<lb/> gold von Eberstein, der auf dem Brandenstein bei der Stadt Schlächtern<lb/> saß, verband sich mit den Hütten vom benachbarten Steckelberg, mit den<lb/> Rosenberg, von der Tann, Schaumberg, Fuchs, Thüngen u. a. zu einem<lb/> Fehdegeschäft. Er nahm die Wittwe mit ihrer Tochter in seine Burg auf,<lb/> erklärte sie für seine zugewandte Unterthanin und sandte durch seinen Kna¬<lb/> ben, einen Bruder Ulrichs von Hütten, eine — nicht unterschriebene — For¬<lb/> derung an den Rath von Nürnberg, der Oedheimerin die auf einem Zettel<lb/> bezeichneten Forderungen derselben zu befriedigen, widrigenfalls Weiteres er¬<lb/> folgen werde. Der kanonische Zettel enthält folgende Posten: Forderun¬<lb/> gen an nürnberger Bürger von 860, 500, 56 Gulden, von 36 Mark;<lb/> dann von Herausgabe einer Verschreibung über 1000 Gulden Silbergeschirr.<lb/> Darauf Entschädigungsanspruch für die Gewaltthat zu Farrnbach 12,000<lb/> Gulden, endlich dafür, daß die Wittwe durch Nürnberger in die Fremde<lb/> gejagt und von häuslichen Ehren vertrieben sei, 8000 Gulden.</p><lb/> <p xml:id="ID_579" next="#ID_580"> Der Rath war höchlich erstaunt. Erstens war die Oedheimerin eine nürn¬<lb/> berger Bürgerin, die ihr Verhältniß zur Stadt gar nicht aufgekündigt hatte,<lb/> und dann hatte sie an die Stadt selbst gar keine Forderungen, nur Prozesse<lb/> mit einzelnen Bürgern gehabt. Das schrieb der Rath mit höflicher Ab¬<lb/> weisung an Mangold, nachdem er dessen Namen ermittelt hatte. Darauf<lb/> ruhte die Sache drei Jahre. Endlich 1519 sandten Agatha und Helena<lb/> Oedheimerin der Stadt einen Fehdebrief, den sie zu Würzburg einem Nürn¬<lb/> berger zur Beförderung einhändigten. Sofort rührten sich die Junker um<lb/> Würzburg und in der Buchenau. Sie waren weit genug von Nürnberg<lb/> entfernt, um vor schnellem Auszuge gesichert zu sein, und wußten, wie lästig<lb/> und schwierig der Stadt war, ein Belagerungsheer durch fremde Territorien<lb/> an ihre Burgen zu senden. Ihnen aber kamen die Nürnberger auf allen<lb/> Geschäftsreisen nach Frankfurt und dem Rhein mit den Waarenballen in an¬<lb/> genehme Nähe. Und jetzt begann das Auflauern und Ausrauben im<lb/> Waldversteck. Wer für einen Nürnberger galt, wurde gefangen, seine Waaren<lb/> genommen, er selbst auf Schleichwegen nach dem Brandenstein oder einer an¬<lb/> dern Burg, welche im Geschäft war, geführt und dort gefangen gehalten, in<lb/> Stock und an Ketten gelegt, ja durch Torturen gequält, bis er die hohe</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0186]
gensverhältnissen hinterlassen. Die Wittwe, durch Gläubiger und Processe
gedrängt, zog sich, ohne aus dem nürnberger Bürgerrecht zu treten, auf
ein kleines Dorfgut zu Farrnbach zurück, das ihr Schwiegervater einst
besessen und für ca. 800 Fi. an eine nürnberger Familie, verkauft hatte. In
diesem Gute hauste die Oedheimerin und processirte an die zehn Jahre darü¬
ber mit den Erben des Käufers, bis endlich einer derselben sie 1516 mit Ge¬
walt auftrieb.
Jetzt wurde die alte Frau Gegenstand einer Reiterspeeulation. Man¬
gold von Eberstein, der auf dem Brandenstein bei der Stadt Schlächtern
saß, verband sich mit den Hütten vom benachbarten Steckelberg, mit den
Rosenberg, von der Tann, Schaumberg, Fuchs, Thüngen u. a. zu einem
Fehdegeschäft. Er nahm die Wittwe mit ihrer Tochter in seine Burg auf,
erklärte sie für seine zugewandte Unterthanin und sandte durch seinen Kna¬
ben, einen Bruder Ulrichs von Hütten, eine — nicht unterschriebene — For¬
derung an den Rath von Nürnberg, der Oedheimerin die auf einem Zettel
bezeichneten Forderungen derselben zu befriedigen, widrigenfalls Weiteres er¬
folgen werde. Der kanonische Zettel enthält folgende Posten: Forderun¬
gen an nürnberger Bürger von 860, 500, 56 Gulden, von 36 Mark;
dann von Herausgabe einer Verschreibung über 1000 Gulden Silbergeschirr.
Darauf Entschädigungsanspruch für die Gewaltthat zu Farrnbach 12,000
Gulden, endlich dafür, daß die Wittwe durch Nürnberger in die Fremde
gejagt und von häuslichen Ehren vertrieben sei, 8000 Gulden.
Der Rath war höchlich erstaunt. Erstens war die Oedheimerin eine nürn¬
berger Bürgerin, die ihr Verhältniß zur Stadt gar nicht aufgekündigt hatte,
und dann hatte sie an die Stadt selbst gar keine Forderungen, nur Prozesse
mit einzelnen Bürgern gehabt. Das schrieb der Rath mit höflicher Ab¬
weisung an Mangold, nachdem er dessen Namen ermittelt hatte. Darauf
ruhte die Sache drei Jahre. Endlich 1519 sandten Agatha und Helena
Oedheimerin der Stadt einen Fehdebrief, den sie zu Würzburg einem Nürn¬
berger zur Beförderung einhändigten. Sofort rührten sich die Junker um
Würzburg und in der Buchenau. Sie waren weit genug von Nürnberg
entfernt, um vor schnellem Auszuge gesichert zu sein, und wußten, wie lästig
und schwierig der Stadt war, ein Belagerungsheer durch fremde Territorien
an ihre Burgen zu senden. Ihnen aber kamen die Nürnberger auf allen
Geschäftsreisen nach Frankfurt und dem Rhein mit den Waarenballen in an¬
genehme Nähe. Und jetzt begann das Auflauern und Ausrauben im
Waldversteck. Wer für einen Nürnberger galt, wurde gefangen, seine Waaren
genommen, er selbst auf Schleichwegen nach dem Brandenstein oder einer an¬
dern Burg, welche im Geschäft war, geführt und dort gefangen gehalten, in
Stock und an Ketten gelegt, ja durch Torturen gequält, bis er die hohe
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