Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.Werth hat. daß innerhalb der ersten regelmäßigen Nationalvertretung wirth¬ Was die Bedeutung des Zollparlaments als Instrument zur Vervoll¬ Werth hat. daß innerhalb der ersten regelmäßigen Nationalvertretung wirth¬ Was die Bedeutung des Zollparlaments als Instrument zur Vervoll¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0170" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/117702"/> <p xml:id="ID_533" prev="#ID_532"> Werth hat. daß innerhalb der ersten regelmäßigen Nationalvertretung wirth¬<lb/> schaftliche Disharmonien die politischen Gegensätze kreuzen, so ist es auch unter<lb/> dem Gesichtspunkt einer zweckmäßigen Entscheidung der Zollfragen nicht zu<lb/> verachten, daß dieselben nicht lediglich danach ausfallen, ob die Freihändler<lb/> oder Schutzzöllner um einen oder mehrere Köpfe stärker an Zahl sind. Das<lb/> Wünschenswerte ist vielmehr, daß beide Parteien Gelegenheit und ausgiebige<lb/> Mittel haben, ihre Auffassung völlig geltend zu machen, und daß dann eine<lb/> Mehrzahl mehr neutraler, mehr aus politischen und rein patriotischen Mo¬<lb/> tiven urtheilender Mitglieder, indem sie ihr Gewicht nach rechts oder links<lb/> hin wendet, das Zünglein in der Waage abgibt. Sollte — wie allerdings<lb/> zu fürchten steht — die sachliche Information dieses höchsten Gerichtshofes<lb/> diesmal etwas zu wünschen übrig lassen, so wirt das ein vorübergehendes<lb/> Uebel sein, denn gerade der dadurch bedingte Ausgang der Verhandlungen<lb/> des ersten Zollparlaments wird die etwa benachtheiligten Interessen und<lb/> Doctrinen lehren, sich rechtzeitig mit allem ihnen zu Gebote stehenden Nach¬<lb/> druck durch öffentliche und private Agitation um die Stimmen jener Richter,<lb/> d. h. der minder sachkundigen Mitglieder, zu bewerben.</p><lb/> <p xml:id="ID_534"> Was die Bedeutung des Zollparlaments als Instrument zur Vervoll¬<lb/> ständigung der deutschen Einheit betrifft, so ist die früher sehr verbreitete<lb/> Annahme, man werde ohne Aufenthalt die Hand an eine weitgreifende Er¬<lb/> weiterung seiner Kompetenz legen, neuerdings ziemlich außer Cours gekommen.<lb/> Einzelne politische Denker zweifeln sogar, ob man dieser Repräsentation ohne<lb/> gegenüberstehende Executive das Mandat zu weitere Gebiete umfassender<lb/> Vertretung der Nation überhaupt ertheilen dürfe. Die reinen Praktiker<lb/> stellen die Schwierigkeiten einer sofort vorzunehmenden Competenz-Erwei¬<lb/> terung in den Vordergrund. Der führende Staatsmann hat bekanntlich seine<lb/> Stellung zur Sache der Welt noch nicht bezeichnet; es sei denn, daß man<lb/> dieselbe in der Wendung ausgesprochen sehen wollte, welche die Präsidial¬<lb/> regierung neuerdings der Frage von der Ausdehnung der nationalen Frei¬<lb/> zügigkeit auf Süddeutschland gegeben hat. Allein es können ebenso gut rein<lb/> sachliche Bedenken gegen eine vertragsmäßig, nicht gesetzlich begründete und<lb/> nicht durch Gesetzgebungs-Organe fortzubildende Freizügigkeit als eine prin¬<lb/> zipielle politische Maxime Preußen bestimmt haben, die gewünschte Aufnahme<lb/> Süddeutschlands in den freien Umzug der Menschen innerhalb des norddeut¬<lb/> schen Bundes nur dann zuzugestehen, wenn der Wirkungskreis der Organe<lb/> des Zollbundes um dieses Gebiet erweitert wird. Aus dem Schweigen der<lb/> Thronrede über diesen Punkt können sichere Schlußfolgerungen gleichfalls nicht<lb/> abgeleitet werden. So möchte diese wichtige Frage von der anderen abhän¬<lb/> gig sein, ob die Organisation der nationalen Parteien im gegenwärtig ver¬<lb/> sammelten Parlament einen glücklichen Verlauf nimmt oder nicht.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0170]
Werth hat. daß innerhalb der ersten regelmäßigen Nationalvertretung wirth¬
schaftliche Disharmonien die politischen Gegensätze kreuzen, so ist es auch unter
dem Gesichtspunkt einer zweckmäßigen Entscheidung der Zollfragen nicht zu
verachten, daß dieselben nicht lediglich danach ausfallen, ob die Freihändler
oder Schutzzöllner um einen oder mehrere Köpfe stärker an Zahl sind. Das
Wünschenswerte ist vielmehr, daß beide Parteien Gelegenheit und ausgiebige
Mittel haben, ihre Auffassung völlig geltend zu machen, und daß dann eine
Mehrzahl mehr neutraler, mehr aus politischen und rein patriotischen Mo¬
tiven urtheilender Mitglieder, indem sie ihr Gewicht nach rechts oder links
hin wendet, das Zünglein in der Waage abgibt. Sollte — wie allerdings
zu fürchten steht — die sachliche Information dieses höchsten Gerichtshofes
diesmal etwas zu wünschen übrig lassen, so wirt das ein vorübergehendes
Uebel sein, denn gerade der dadurch bedingte Ausgang der Verhandlungen
des ersten Zollparlaments wird die etwa benachtheiligten Interessen und
Doctrinen lehren, sich rechtzeitig mit allem ihnen zu Gebote stehenden Nach¬
druck durch öffentliche und private Agitation um die Stimmen jener Richter,
d. h. der minder sachkundigen Mitglieder, zu bewerben.
Was die Bedeutung des Zollparlaments als Instrument zur Vervoll¬
ständigung der deutschen Einheit betrifft, so ist die früher sehr verbreitete
Annahme, man werde ohne Aufenthalt die Hand an eine weitgreifende Er¬
weiterung seiner Kompetenz legen, neuerdings ziemlich außer Cours gekommen.
Einzelne politische Denker zweifeln sogar, ob man dieser Repräsentation ohne
gegenüberstehende Executive das Mandat zu weitere Gebiete umfassender
Vertretung der Nation überhaupt ertheilen dürfe. Die reinen Praktiker
stellen die Schwierigkeiten einer sofort vorzunehmenden Competenz-Erwei¬
terung in den Vordergrund. Der führende Staatsmann hat bekanntlich seine
Stellung zur Sache der Welt noch nicht bezeichnet; es sei denn, daß man
dieselbe in der Wendung ausgesprochen sehen wollte, welche die Präsidial¬
regierung neuerdings der Frage von der Ausdehnung der nationalen Frei¬
zügigkeit auf Süddeutschland gegeben hat. Allein es können ebenso gut rein
sachliche Bedenken gegen eine vertragsmäßig, nicht gesetzlich begründete und
nicht durch Gesetzgebungs-Organe fortzubildende Freizügigkeit als eine prin¬
zipielle politische Maxime Preußen bestimmt haben, die gewünschte Aufnahme
Süddeutschlands in den freien Umzug der Menschen innerhalb des norddeut¬
schen Bundes nur dann zuzugestehen, wenn der Wirkungskreis der Organe
des Zollbundes um dieses Gebiet erweitert wird. Aus dem Schweigen der
Thronrede über diesen Punkt können sichere Schlußfolgerungen gleichfalls nicht
abgeleitet werden. So möchte diese wichtige Frage von der anderen abhän¬
gig sein, ob die Organisation der nationalen Parteien im gegenwärtig ver¬
sammelten Parlament einen glücklichen Verlauf nimmt oder nicht.
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