Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.wissenschaftlichen Werth haben und von eingehenden Specialstudien zeugen, "Wenn die Schüler Cyrill's und Method's das Apostolat ihrer Lehrer Grenzboten IV. 1SK8. 64
wissenschaftlichen Werth haben und von eingehenden Specialstudien zeugen, „Wenn die Schüler Cyrill's und Method's das Apostolat ihrer Lehrer Grenzboten IV. 1SK8. 64
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wissenschaftlichen Werth haben und von eingehenden Specialstudien zeugen,
neben aller Voreingenommenheit Proben seiner gelehrten Gewissenhaftigkeit
gegeben hat. Es sind dies zwei Schriften, die er zur Erlangung des Grades
eines voetsur of lettrsg kürzlich bei der pariser ?s,en1te Ach Isttreg ver¬
theidigt, von denen die eine lateinische den ältesten russischen Chronisten
Nestor, die andere französische die Slavenapostel Cyrill und Method be¬
handelt. Es ist Sache der betreffenden Specialisten, diesen Publicationen
den ihnen gebührenden Rang zuzuweisen; für uns haben hier nur die allge¬
meineren Gesichtspunkte, welche Herr Leger mehr oder minder eingehend zu
behandeln nicht unterlassen hat, ein directes Interesse. Wir bemerken na¬
mentlich, daß die Russen der slavischen Raxe zugewiesen werden, welche H. L.
in die russische, polnische, böhmische und südslavische Gruppe eintheilt. Er
trennt sich damit von jener extremen Partei der Polenfreunde, welche den mos¬
kowitischen Russen das slavische Bürgerrecht streitig und sie zu Turaniern machen.
Er berührt bei dieser Gelegenheit leise das größte Hinderniß jeder czecht-
schen Propaganda in Frankreich, dem Lande, welches in der alten Vorliebe
für die Polen und der noch immer lebendigen Erinnerung an die Kosaken,
nicht minder in einer berechtigten Scheu vor dem Panslavismus das Lieb¬
äugeln der Czechen und Südslaven mit dem Czaren aus mißliebigen Augen
ansieht. Dieses Hinderniß wird die Propaganda für den Slavismus, wie
der von Hrn. L. statt des discreditirten Panslavismus gebrauchte Ausdruck
lautet, in Frankreich niemals einen günstigen Boden finden lassen. Die
Franzosen besitzen außerdem zu viel bon ssus (man muß freilich den bon
heilg der Franzosen nicht nach den Herrn Emile de Girardin und Graner
aus Cassagnac bemessen), als daß man ihnen die crasser Utopien und gefähr¬
lichen Schwärmereien des Panslavismus so leicht plausibel machen könnte.
In diese Kategorie gehören aber doch wohl die letzten Ziele der Slavophilen,
so weit man sich davon eine annähernde Idee aus dem Bilde machen darf,
das Herr Leger von der Geschichte der slavischen Welt ausmalt, wenn die
Schüler Cyrill's und Method's das Apostolat ihrer Lehrer hätte fortsetzen
können. Dergleichen auf dem Eintreten von nicht eingetretenen Eventuali¬
täten basirende historische Calcule haben stets etwas Vages und Müßiges;
Leger's Erwägungen darüber, was möglicher oder wahrscheinlicher Weise hätte
eintreten können, wenn man die Slavenapostel ihr Werk hätte vollenden
lassen, wohnen diese Eigenschaften in eminenter Weise bei. — Da der be¬
treffende Passus für uns Deutsche vielfach interessant ist und auf die letzten
Ziele des Slavismus einige nicht zu unterschätzende Streiflichter wirft, theilen
wir ihn mit:
„Wenn die Schüler Cyrill's und Method's das Apostolat ihrer Lehrer
hätten vollenden können" sagt Herr Leger (OMIs se NstKoclo, x. 223 f.)
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