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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.

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daß sie über den Interessen der Einzelnen stehe und mit einer höheren Recht'
fertigung ausgestattet sei, als die gewesen war, für eine Anzahl privilegirter
Familien eine ergiebige Versorgungsanstalt zu sein.

Dem Ausschusse der Zehn wurde auch das ganze Ausgabenwesen über¬
tragen. "Ferner so wurden sie gebeten, daß sie wollten hiervon wieder aus¬
geben des Hauptmanns und der Diener Sold, Hufschlag. der Schreiber und
Stallwärter Lohn, und auch für Pferde auf die Ställe, (die damals erst zu
besserer Handhabung des Reisigenwesens gebaut wurden) und allen Aufwand
und Kosten dazu, und auch Botenlohn heimlich und offenbar, den man ver¬
schenkte und vergab, und auch die Kleidung der Stadtschreiber und alle
Zehrung, wenn der Rath oder die Seinigen (im Dienste der Stadt) wohin
ritten, und auch zu der Landwehr, wenn das nöthig wäre. Auch wurden sie
gebeten, daß sie aufgaben allen Zins, den der gemeine Rath pflegte zu geben
drinnen und draußen, Weddeschatz und Leibzucht. Dieß ist also wohl ge¬
schehn und dieß ist wohl beschrieben und berechnet von Jahr zu Jahr, und
jedes Jahr in einem besondern Buche ... Und diese vorbeschriebene Einrich¬
tung hat den Rath und die Stadt in großen Nutz und Frommen und in
großen Credit gebracht." Der niedersächsische Chronist konnte die Wirkung
all' dieser heilsamen Neuerungen mit den Worten bestätigen: "Braunschweig
ist von Tag zu Tage, von Jahr zu Jahren besser, stärker, mächtiger geworden,
und ist Krone und Spiegel des Landes Sachsen und der Fürsten zu Braun¬
schweig und Lüneburg." Die financielle Leistung der Stadt war auch in der
That außerordentlich. In den Revolutionsjahren selbst hatte die Schuld der
Stadt etwa 60.000 Mark betragen: im Jahre 1406 war sie auf etwa 8000
Mark heruntergearbeitet, alles Bauwerk der Stadt in den besten Stand gesetzt,
die Mühlen waren sämmtlich sreigekaufr, Mühlen- und Korn-Zoll waren aus¬
gehoben, und nichtsdestoweniger konnte mit dem Schoß auf ein Viertel
seines früheren Betrages heruntergegangen werden. Die Vortrefflichkeit der
neuen financiellen Principien war also auf's Glänzendste bewährt.

Allein was wichtiger war als dies Alles: es war ein neuer Geist in
Braunschweigs Mauern eingezogen, ein Geist der Hingebung, des Patriotis¬
mus und einer Tugend, welche ihre Bewährung in der aufopfernden Arbeit
für's Ganze und ihren Lohn im ewigen Leben suchte. Nur der Kraft solcher
sittlichen Mächte konnte auch jener gewaltige Umschwung gelingen, dessen die
Heimliche Rechenschaft Kunde gibt; aber an einigen Punkten dieser Schrift
kennzeichnet er sich auch ganz unzweideutig in seinem eigensten Wesen. "Hierum
so mag ein Jeder gern sich dazu erproben und sich da treulich mit bearbeiten
daß es ja dabei bleibe. Könnte man auch ferner noch was Besseres hierbei¬
setzen und erproben, das der gemeinen Stadt zu Gut und zu Vortheil kom-
men möchte, das sollte ein Jeder gern thun um Gotteswillen und auch um


daß sie über den Interessen der Einzelnen stehe und mit einer höheren Recht'
fertigung ausgestattet sei, als die gewesen war, für eine Anzahl privilegirter
Familien eine ergiebige Versorgungsanstalt zu sein.

Dem Ausschusse der Zehn wurde auch das ganze Ausgabenwesen über¬
tragen. „Ferner so wurden sie gebeten, daß sie wollten hiervon wieder aus¬
geben des Hauptmanns und der Diener Sold, Hufschlag. der Schreiber und
Stallwärter Lohn, und auch für Pferde auf die Ställe, (die damals erst zu
besserer Handhabung des Reisigenwesens gebaut wurden) und allen Aufwand
und Kosten dazu, und auch Botenlohn heimlich und offenbar, den man ver¬
schenkte und vergab, und auch die Kleidung der Stadtschreiber und alle
Zehrung, wenn der Rath oder die Seinigen (im Dienste der Stadt) wohin
ritten, und auch zu der Landwehr, wenn das nöthig wäre. Auch wurden sie
gebeten, daß sie aufgaben allen Zins, den der gemeine Rath pflegte zu geben
drinnen und draußen, Weddeschatz und Leibzucht. Dieß ist also wohl ge¬
schehn und dieß ist wohl beschrieben und berechnet von Jahr zu Jahr, und
jedes Jahr in einem besondern Buche ... Und diese vorbeschriebene Einrich¬
tung hat den Rath und die Stadt in großen Nutz und Frommen und in
großen Credit gebracht." Der niedersächsische Chronist konnte die Wirkung
all' dieser heilsamen Neuerungen mit den Worten bestätigen: „Braunschweig
ist von Tag zu Tage, von Jahr zu Jahren besser, stärker, mächtiger geworden,
und ist Krone und Spiegel des Landes Sachsen und der Fürsten zu Braun¬
schweig und Lüneburg." Die financielle Leistung der Stadt war auch in der
That außerordentlich. In den Revolutionsjahren selbst hatte die Schuld der
Stadt etwa 60.000 Mark betragen: im Jahre 1406 war sie auf etwa 8000
Mark heruntergearbeitet, alles Bauwerk der Stadt in den besten Stand gesetzt,
die Mühlen waren sämmtlich sreigekaufr, Mühlen- und Korn-Zoll waren aus¬
gehoben, und nichtsdestoweniger konnte mit dem Schoß auf ein Viertel
seines früheren Betrages heruntergegangen werden. Die Vortrefflichkeit der
neuen financiellen Principien war also auf's Glänzendste bewährt.

Allein was wichtiger war als dies Alles: es war ein neuer Geist in
Braunschweigs Mauern eingezogen, ein Geist der Hingebung, des Patriotis¬
mus und einer Tugend, welche ihre Bewährung in der aufopfernden Arbeit
für's Ganze und ihren Lohn im ewigen Leben suchte. Nur der Kraft solcher
sittlichen Mächte konnte auch jener gewaltige Umschwung gelingen, dessen die
Heimliche Rechenschaft Kunde gibt; aber an einigen Punkten dieser Schrift
kennzeichnet er sich auch ganz unzweideutig in seinem eigensten Wesen. „Hierum
so mag ein Jeder gern sich dazu erproben und sich da treulich mit bearbeiten
daß es ja dabei bleibe. Könnte man auch ferner noch was Besseres hierbei¬
setzen und erproben, das der gemeinen Stadt zu Gut und zu Vortheil kom-
men möchte, das sollte ein Jeder gern thun um Gotteswillen und auch um


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_287271/488>, abgerufen am 05.02.2025.