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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.

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wie denn auch die verschiedenen Zweige der Kunst einander fördern. Mit
dem Bildhauer sinkt der Medailleur, der Kupferstecher mit dem Zeichner.
Ein Kenner und Liebhaber der Naturgeschichte kann das glücklich nach¬
ahmende Talent sorgfältiger Künstler nicht entbehren, und so geht es durch
alles durch, bis Wissenschaft und Kunst endlich Technik und Handwerk zu
Hülfe rufen und auch diese veredeln.

Wer sich ein solches Ganze lebendig denkt, wird es an Einen großen
Ort, wo alle Glieder sich unmittelbar berühren, hinwünschen: denn gerade
diese Berührung ist es. woraus das wechselseitige Leben und eine Förderniß
entspringt, welche sonst auf keine Weise denkbar ist.

In diesem Sinne also mußte der Wunsch, diese Totalität in Cöln zu
sehen einem Fremden nicht tadlenswerth erscheinen, wenn er auch gleich bey
Unkenntniß der besondern Umstände, denselben nur problematisch auszu¬
sprechen wagte. In demselben Fall befinde ich mich und so habe ich mich
auch in meiner Druckschrift gehalten und die Frage zwischen Bonn und Cöln
schweben lassen.

Eine neue, mir bisher unbekannt gebliebene Etntheilung der Provinzen
aber, scheint die Vertheilung der verschiedenen Anstalten räthlicher zu machen.
Ew. Hochwohlgeb. haben sich hierüber deutlich ausgedrückt und ich glaube
auch die hierzu veranlassenden Gründe einigermaßen einzusehen. Wie sollte
auch derjenige nicht seine Gründe wohl überdacht haben, der an Ort und
Stelle schon längst vorläufig wirksam, einer von Ihm einzuleitenden neuen
Einrichtung den besten Fortgang zu sichern wünscht.

Es sey mir um der beliebten Kürze willen ein Gleichniß erlaubt: Man
hat in dem Raume zwischen Mars und Jupiter längst einen großen, allen¬
falls mit Satelliten umgebenen Planeten gesucht, und hat endlich an der
Stelle vier kleine gesunden. So werden nun auch nach gedachten Vorschlä¬
gen die getheilten Anstalten, sich um die Centralsonne des wissenschaftlichen
Vereins bewegen. Alles an einem Orte vereinet, würde durch Realität und
Lebenskraft der Oberaufsicht sowohl das Ueberschauen als das Einwirken er.
leichtern, anstatt daß sie, in dem gegenwärtigen Falle, ein ideeller Punkt wird,
der sich mit mächtigen Abtractions- und Repulsionskräften zu waffnen hat,
Wenn er die sämmtlichen Bahnen um sich her und unter ihnen selbst in re¬
gelmäßiger Bewegung erhalten will. .

Ich sage dies nicht, um gegen die vorgeschlagene Einrichtung zu argu-
wentiren, sondern nur auszusprechen, was gewiß schon bedacht ist. daß näm¬
lich jeder von diesen beiden Fällen von obenherein eine andere Behandlung
bedürfe.

Eine Besorgniß jedoch muß ich noch aussprechen, daß Deutschland, so
groß es ist, so groß es ist, kaum so viele mobile Individuen liefern werde,


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wie denn auch die verschiedenen Zweige der Kunst einander fördern. Mit
dem Bildhauer sinkt der Medailleur, der Kupferstecher mit dem Zeichner.
Ein Kenner und Liebhaber der Naturgeschichte kann das glücklich nach¬
ahmende Talent sorgfältiger Künstler nicht entbehren, und so geht es durch
alles durch, bis Wissenschaft und Kunst endlich Technik und Handwerk zu
Hülfe rufen und auch diese veredeln.

Wer sich ein solches Ganze lebendig denkt, wird es an Einen großen
Ort, wo alle Glieder sich unmittelbar berühren, hinwünschen: denn gerade
diese Berührung ist es. woraus das wechselseitige Leben und eine Förderniß
entspringt, welche sonst auf keine Weise denkbar ist.

In diesem Sinne also mußte der Wunsch, diese Totalität in Cöln zu
sehen einem Fremden nicht tadlenswerth erscheinen, wenn er auch gleich bey
Unkenntniß der besondern Umstände, denselben nur problematisch auszu¬
sprechen wagte. In demselben Fall befinde ich mich und so habe ich mich
auch in meiner Druckschrift gehalten und die Frage zwischen Bonn und Cöln
schweben lassen.

Eine neue, mir bisher unbekannt gebliebene Etntheilung der Provinzen
aber, scheint die Vertheilung der verschiedenen Anstalten räthlicher zu machen.
Ew. Hochwohlgeb. haben sich hierüber deutlich ausgedrückt und ich glaube
auch die hierzu veranlassenden Gründe einigermaßen einzusehen. Wie sollte
auch derjenige nicht seine Gründe wohl überdacht haben, der an Ort und
Stelle schon längst vorläufig wirksam, einer von Ihm einzuleitenden neuen
Einrichtung den besten Fortgang zu sichern wünscht.

Es sey mir um der beliebten Kürze willen ein Gleichniß erlaubt: Man
hat in dem Raume zwischen Mars und Jupiter längst einen großen, allen¬
falls mit Satelliten umgebenen Planeten gesucht, und hat endlich an der
Stelle vier kleine gesunden. So werden nun auch nach gedachten Vorschlä¬
gen die getheilten Anstalten, sich um die Centralsonne des wissenschaftlichen
Vereins bewegen. Alles an einem Orte vereinet, würde durch Realität und
Lebenskraft der Oberaufsicht sowohl das Ueberschauen als das Einwirken er.
leichtern, anstatt daß sie, in dem gegenwärtigen Falle, ein ideeller Punkt wird,
der sich mit mächtigen Abtractions- und Repulsionskräften zu waffnen hat,
Wenn er die sämmtlichen Bahnen um sich her und unter ihnen selbst in re¬
gelmäßiger Bewegung erhalten will. .

Ich sage dies nicht, um gegen die vorgeschlagene Einrichtung zu argu-
wentiren, sondern nur auszusprechen, was gewiß schon bedacht ist. daß näm¬
lich jeder von diesen beiden Fällen von obenherein eine andere Behandlung
bedürfe.

Eine Besorgniß jedoch muß ich noch aussprechen, daß Deutschland, so
groß es ist, so groß es ist, kaum so viele mobile Individuen liefern werde,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_287271/475>, abgerufen am 10.02.2025.