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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.

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Wismar eine rein landesherrliche, ohne alle und jede Betheiligung der Stadt
an derselben. Die Stadt verpflichtet sich, an und eventuell in ihrem Hafen
die Stationirung landesherrlicher Zollwachen zu gestatten, auch den Requi¬
sitionen der großherzoglichen Zollbehörden stets und unweigerlich Folge zu
geben. Als Zollgericht fungirt in Wismar das städtische Niedergericht kraft
eines allgemeinen Auftrages. Die Rechtsmittelinstanz für dasselbe ist das
städtische Obergericht. Die Stadt Wismar verzichtet auf die fernere Erhebung
einer eigenen Waarenaecise, auf das Recht der ausschließlichen Benutzung des
Hafens durch wismarsche Bürger und auf einige andere die Beschränkung
des Handels Fremder in der Stadt betreffende Rechte. Sie empfängt dafür als
eine nach ihrem Ermessen zu Bedürfnissen der Stadt, des Hafens u. s. w.
zu verwendende Entschädigung eine jährliche Aversionssumme von 16,000 Thlrn.
Cre. "Im Uebrigen behalten die Gerechtsame der Stadt Wismar, in so
wett sie durch diesen Vertrag nicht ausdrücklich aufgehoben oder abgeändert
sind und sie solche zu behaupten vermag, ihren unveränderlichen Bestand.
Insbesondere gilt dies von der ihr zuständigen eigenen Erhebung einer
Mahl- und Schlachtsteuer und darf folgewetse diese Steuer auch von allem in
Wismar zum dortigen Consum, gleichviel woher, eingeführten Mehl, Malz
und Schrot, sowie von gebackenem Brote und geschlachteten Fleische ge¬
nommen werden." --

So lagen die Verhältnisse, als die Ereignisse des Jahres 1866 eintraten
und außer den übrigen norddeutschen Staaten auch Mecklenburg nöthigten,
den Bündnißvertrag mit Preußen zu schließen, welcher schon die Bestimmung
enthielt, daß die verbündeten Staaten ein gemeinsames Zoll- und Handels¬
gebiet bilden und daß die Zoll- und Handelsgesetzgebung in diesem Gebiet
zu den Attributen der Bundesgewalt gehören solle. Der Bündnißvertrag
wurde den mecklenburgischen Ständen vorgelegt, welche ihm mit dem Vor¬
behalt zustimmten, daß ihnen demnächst die vereinbarte Bundesverfassung zur
Erklärung zugehe. Um der Stadt Wismar Gelegenheit zu geben, etwaige
auf den Vertrag bezügliche Wünsche dem Staatsministerium vorzutragen,
wurde auch ihr die Landtagsproposition zugefertigt, worauf sie den Wunsch
zu erkennen gab, daß statt der Ausdehnung des bestehenden Zollvereins auf
Mecklenburg eine neue Zolleinigung der verbündeten Staaten angestrebt
werden möge, außerdem aber auch die "übrigens selbstverständliche" Respec-
tirung der aus der Vereinbarung vom 19. März 1863 der Stadt Wismar
zuständigen Rechte bedang.

Es folgten nun die auf die Wahl zum Parlamente bezüglichen Re-
gierungsaete, später die Vorlage der vereinbarten Bundesverfassung an die
Stände und die zustimmende Erklärung der letzteren, sodann die landesherr¬
liche Publication der Bundesverfassung, welche mit der ausdrücklichen Be-


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Wismar eine rein landesherrliche, ohne alle und jede Betheiligung der Stadt
an derselben. Die Stadt verpflichtet sich, an und eventuell in ihrem Hafen
die Stationirung landesherrlicher Zollwachen zu gestatten, auch den Requi¬
sitionen der großherzoglichen Zollbehörden stets und unweigerlich Folge zu
geben. Als Zollgericht fungirt in Wismar das städtische Niedergericht kraft
eines allgemeinen Auftrages. Die Rechtsmittelinstanz für dasselbe ist das
städtische Obergericht. Die Stadt Wismar verzichtet auf die fernere Erhebung
einer eigenen Waarenaecise, auf das Recht der ausschließlichen Benutzung des
Hafens durch wismarsche Bürger und auf einige andere die Beschränkung
des Handels Fremder in der Stadt betreffende Rechte. Sie empfängt dafür als
eine nach ihrem Ermessen zu Bedürfnissen der Stadt, des Hafens u. s. w.
zu verwendende Entschädigung eine jährliche Aversionssumme von 16,000 Thlrn.
Cre. „Im Uebrigen behalten die Gerechtsame der Stadt Wismar, in so
wett sie durch diesen Vertrag nicht ausdrücklich aufgehoben oder abgeändert
sind und sie solche zu behaupten vermag, ihren unveränderlichen Bestand.
Insbesondere gilt dies von der ihr zuständigen eigenen Erhebung einer
Mahl- und Schlachtsteuer und darf folgewetse diese Steuer auch von allem in
Wismar zum dortigen Consum, gleichviel woher, eingeführten Mehl, Malz
und Schrot, sowie von gebackenem Brote und geschlachteten Fleische ge¬
nommen werden." —

So lagen die Verhältnisse, als die Ereignisse des Jahres 1866 eintraten
und außer den übrigen norddeutschen Staaten auch Mecklenburg nöthigten,
den Bündnißvertrag mit Preußen zu schließen, welcher schon die Bestimmung
enthielt, daß die verbündeten Staaten ein gemeinsames Zoll- und Handels¬
gebiet bilden und daß die Zoll- und Handelsgesetzgebung in diesem Gebiet
zu den Attributen der Bundesgewalt gehören solle. Der Bündnißvertrag
wurde den mecklenburgischen Ständen vorgelegt, welche ihm mit dem Vor¬
behalt zustimmten, daß ihnen demnächst die vereinbarte Bundesverfassung zur
Erklärung zugehe. Um der Stadt Wismar Gelegenheit zu geben, etwaige
auf den Vertrag bezügliche Wünsche dem Staatsministerium vorzutragen,
wurde auch ihr die Landtagsproposition zugefertigt, worauf sie den Wunsch
zu erkennen gab, daß statt der Ausdehnung des bestehenden Zollvereins auf
Mecklenburg eine neue Zolleinigung der verbündeten Staaten angestrebt
werden möge, außerdem aber auch die „übrigens selbstverständliche" Respec-
tirung der aus der Vereinbarung vom 19. März 1863 der Stadt Wismar
zuständigen Rechte bedang.

Es folgten nun die auf die Wahl zum Parlamente bezüglichen Re-
gierungsaete, später die Vorlage der vereinbarten Bundesverfassung an die
Stände und die zustimmende Erklärung der letzteren, sodann die landesherr¬
liche Publication der Bundesverfassung, welche mit der ausdrücklichen Be-


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[0037] Wismar eine rein landesherrliche, ohne alle und jede Betheiligung der Stadt an derselben. Die Stadt verpflichtet sich, an und eventuell in ihrem Hafen die Stationirung landesherrlicher Zollwachen zu gestatten, auch den Requi¬ sitionen der großherzoglichen Zollbehörden stets und unweigerlich Folge zu geben. Als Zollgericht fungirt in Wismar das städtische Niedergericht kraft eines allgemeinen Auftrages. Die Rechtsmittelinstanz für dasselbe ist das städtische Obergericht. Die Stadt Wismar verzichtet auf die fernere Erhebung einer eigenen Waarenaecise, auf das Recht der ausschließlichen Benutzung des Hafens durch wismarsche Bürger und auf einige andere die Beschränkung des Handels Fremder in der Stadt betreffende Rechte. Sie empfängt dafür als eine nach ihrem Ermessen zu Bedürfnissen der Stadt, des Hafens u. s. w. zu verwendende Entschädigung eine jährliche Aversionssumme von 16,000 Thlrn. Cre. „Im Uebrigen behalten die Gerechtsame der Stadt Wismar, in so wett sie durch diesen Vertrag nicht ausdrücklich aufgehoben oder abgeändert sind und sie solche zu behaupten vermag, ihren unveränderlichen Bestand. Insbesondere gilt dies von der ihr zuständigen eigenen Erhebung einer Mahl- und Schlachtsteuer und darf folgewetse diese Steuer auch von allem in Wismar zum dortigen Consum, gleichviel woher, eingeführten Mehl, Malz und Schrot, sowie von gebackenem Brote und geschlachteten Fleische ge¬ nommen werden." — So lagen die Verhältnisse, als die Ereignisse des Jahres 1866 eintraten und außer den übrigen norddeutschen Staaten auch Mecklenburg nöthigten, den Bündnißvertrag mit Preußen zu schließen, welcher schon die Bestimmung enthielt, daß die verbündeten Staaten ein gemeinsames Zoll- und Handels¬ gebiet bilden und daß die Zoll- und Handelsgesetzgebung in diesem Gebiet zu den Attributen der Bundesgewalt gehören solle. Der Bündnißvertrag wurde den mecklenburgischen Ständen vorgelegt, welche ihm mit dem Vor¬ behalt zustimmten, daß ihnen demnächst die vereinbarte Bundesverfassung zur Erklärung zugehe. Um der Stadt Wismar Gelegenheit zu geben, etwaige auf den Vertrag bezügliche Wünsche dem Staatsministerium vorzutragen, wurde auch ihr die Landtagsproposition zugefertigt, worauf sie den Wunsch zu erkennen gab, daß statt der Ausdehnung des bestehenden Zollvereins auf Mecklenburg eine neue Zolleinigung der verbündeten Staaten angestrebt werden möge, außerdem aber auch die „übrigens selbstverständliche" Respec- tirung der aus der Vereinbarung vom 19. März 1863 der Stadt Wismar zuständigen Rechte bedang. Es folgten nun die auf die Wahl zum Parlamente bezüglichen Re- gierungsaete, später die Vorlage der vereinbarten Bundesverfassung an die Stände und die zustimmende Erklärung der letzteren, sodann die landesherr¬ liche Publication der Bundesverfassung, welche mit der ausdrücklichen Be- 4*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_287271/37>, abgerufen am 05.02.2025.