Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.Ablauf der königl. Diktatur, erschien die Verordnung wegen der provincial- Daß man in Altpreußen bei Conservativen wie bei Liberalen einer ab¬ Wie wir die Dinge ansehen, ist das Verfahren der Regierung im vor- 3S"
Ablauf der königl. Diktatur, erschien die Verordnung wegen der provincial- Daß man in Altpreußen bei Conservativen wie bei Liberalen einer ab¬ Wie wir die Dinge ansehen, ist das Verfahren der Regierung im vor- 3S"
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Ablauf der königl. Diktatur, erschien die Verordnung wegen der provincial-
ständischen Verordnung des ehemaligen Königreichs Hannover', durch welche
einmal die ehemals hannoverschen Lande als Individualität anerkannt und
gleichzeitig die Träume Derer gestört wurden, welche Hannover die künftige
Provincialordnung zugedacht hatten. welche für alle Provinzen, die alten wie
die neuen, noch ausgearbeitet werden sollte. Schon vorher hatte der Lärm wegen
Einziehung des hessischen Staatsschatzes bewiesen, daß selbst die nationalen
Politiker der neuen Provinzen einen Nachdruck auf die Erhaltung gewisser alter
Provincialeinrichtungen legten, der wunderbar mit der souverainen Gleich«
giltigkeit contrastirte. mit welcher altpreußische Liberale und Demokraten
Alles behandelten, was nicht in die Schablone des modernen liberalen Staats
Paßte. Dann trat der Landtag zusammen und begann eine Reihe von De¬
batten, welche zu Nichts als zu jenen „Provisorien" für die neuen Provinzen
führte, mit welchen man sich beim Mangel von Definitivis zufrieden geben
mußte. Noch bevor die verschiedenen Parteien Zeit gehabt hatten, sich
über ihre Stellung zu dem Maß der den neuen Provinzen zu bewilligenden
Selbstbestimmung klar zu werden, wurde dann dem Landtage im Februar
d. I. das Gesetz wegen des hannoverschen Provincialfonds vorgelegt und
durch dessen Annahme — wie wir die Sache auffassen — principiell entschieden,
daß sich die Organisation der neuen Provinzen nicht sowohl an das Reform¬
bedürfniß der alten Länder, als an die speciellen Wünsche, Gewohnheiten und
Eigenthümlichkeiten ihrer Bewohner anzuschließen habe.
Daß man in Altpreußen bei Conservativen wie bei Liberalen einer ab¬
weichenden Meinung gehuldigt hat und nicht sowohl dem Selbstbestim-
Mungs- und Jndividualistrungsbedürfniß der onnectirten Provinzen Concessio¬
nen gemacht haben wollte, als dem Wunsch nach einer allgemeinen und
womöglich uniformen Umgestaltung der preußischen Provincial- und Kreis¬
verfassung überhaupt, hat sich inzwischen mit genügender Deutlichkeit gezeigt.
Nicht nur, daß das zwischen dem Ministerium des Innern und dem hanno¬
verschen Provinciallandtag vereinbarte Statut in liberalen Kreisen ziemlich
ungünstig aufgenommen worden ist: man hat in der Presse die — jetzt vollen¬
dete — Thatsache, daß jenes Statut einseitig zwischen der Regierung und
den hannoverschen Ständen vereinbart, als bloße Gesetzesausführung mittelst
Allerhöchsten Erlasses vom 1. November bestätigt und dadurch der Prüfung
durch den Landtag entzogen worden ist, einer ziemlich scharfen Kritik unter¬
zogen und die rechtliche Giltigkeit des beliebten Verfahrens, wenn nicht direct
geleugnet, so doch in Zweifel gezogen. Man wird kaum irre gehen, wenn
man diese Art der Beurtheilung als die für den altpreußischen Liberalismus
überhaupt typische ansteht.
Wie wir die Dinge ansehen, ist das Verfahren der Regierung im vor-
3S"
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