Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.klärt habe, wesentlich den Bestrebungen einzelner unabhängiger Mitglieder Wiederholt ward der Schatzkanzler gedrängt die Resolutionen näher zu klärt habe, wesentlich den Bestrebungen einzelner unabhängiger Mitglieder Wiederholt ward der Schatzkanzler gedrängt die Resolutionen näher zu <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0224" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/287496"/> <p xml:id="ID_575" prev="#ID_574"> klärt habe, wesentlich den Bestrebungen einzelner unabhängiger Mitglieder<lb/> des Hauses und nicht den sich folgenden Ministerien zuzuschreiben sei und<lb/> zog daraus den einigermaßen gesuchten Schluß, daß das Haus mit der ge¬<lb/> genwärtigen Regierung die Verantwortlichkeit für die Lösung der Frage<lb/> theile. Aus diesem Grunde habe er sich entschlossen, durch Resolutionen vor¬<lb/> zugehen, um sich zu vergewissern, ob eine Uebereinstimmung in den allgemeinen<lb/> Zielen zu erreichen sei und damit eine feste Grundlage für die einzubringende<lb/> Bill gewonnen werden könnte. — Das Haus schien indeß wenig Geschmack<lb/> an dieser Fühlungsmethode, dem tentativs process zu haben, zumal die<lb/> Resolutionen, welche allmälig zum Vorschein kamen, so vag und unklar waren,<lb/> daß Niemand sehen konnte worauf sie abzielten und was die Folge ihrer<lb/> Annahme sein würde. Die Doctrin, daß die ministerielle Verantwortlichkeit<lb/> bei der Reformfrage aufhören solle, nahm sich außerdem wunderlich genug in<lb/> dem Munde eines Politikers aus, der gerade die Reform zum Hebel ge¬<lb/> macht, seine Gegner zu stürzen; treffend bemerkte Bright, daß, wenn ihm<lb/> Disraeli den Vorwurf mache, die englischen Institutionen amerikanisiren zu<lb/> wollen, er sagen müsse, daß niemals dem Hause ein so amerikanistrender Vor¬<lb/> schlag gemacht sei, denn in Amerika gebe es ja eben keine ministerielle Ver¬<lb/> antwortlichkeit, während in England der ganze Regierungsmechanismus auf<lb/> der Verbindung der Legislation mit der Executive durch das verantwortliche<lb/> Ministerium beruhe.</p><lb/> <p xml:id="ID_576" next="#ID_577"> Wiederholt ward der Schatzkanzler gedrängt die Resolutionen näher zu<lb/> präctsiren oder sie zurückzuziehen und eine ausgearbeitete Bill einzubringen;<lb/> er aber weigerte sich und beantragte in vierzehn Tagen ins Comite' zu gehen,<lb/> dann werde er alle wünschenswerten Erläuterungen geben. Der Zustand<lb/> war ein sehr unbehaglicher; die Liberalen scheuten sich schon jetzt mit einem<lb/> ernsten Angriff vorzugehen, um sich nicht dem Vorwurf factiöser Opposition aus¬<lb/> zusetzen und sahen doch ein, daß sie nicht unthätig bleiben konnten; die Conser-<lb/> vativen waren unruhig, weil Niemand wußte, was das Ministerium eigentlich<lb/> wollte. Dasselbe fühlte, daß es auf diesem Wege nicht durchkommen werde;<lb/> am 28. Februar berief Lord Derby privatim seine Partei zu einer Versamm¬<lb/> lung in seinem Hause, um ihr dies einzugestehen und zwei neue Vorschläge<lb/> vorzulegen unter denen sie wählen sollte. Der eine war, daß künftig in Städten<lb/> jeder Hausbesitzer, welcher zwei Jahre in einem Orte gewohnt und persönlich<lb/> seine Gemeindesteuern bezahle, das Wahlrecht haben solle, dagegen aber jeder,<lb/> der 20 Shilling directe Steuern bezahle, eine zweite Stimme abgeben dürfe<lb/> (anat vote); der andere war, das städtische Wahlrecht den Hausbesitzern von<lb/> 6 Pfd. Sterl. Gemetndeschätzung (i-atinA) zu geben und in den Grafschaften<lb/> die Qualification von 50 aus 20 Pfd. Sterl. herabzusetzen, außerdem solche<lb/> zuzulassen 1) welche durch wissenschaftliche Prüfungen ihre Befähigung be-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0224]
klärt habe, wesentlich den Bestrebungen einzelner unabhängiger Mitglieder
des Hauses und nicht den sich folgenden Ministerien zuzuschreiben sei und
zog daraus den einigermaßen gesuchten Schluß, daß das Haus mit der ge¬
genwärtigen Regierung die Verantwortlichkeit für die Lösung der Frage
theile. Aus diesem Grunde habe er sich entschlossen, durch Resolutionen vor¬
zugehen, um sich zu vergewissern, ob eine Uebereinstimmung in den allgemeinen
Zielen zu erreichen sei und damit eine feste Grundlage für die einzubringende
Bill gewonnen werden könnte. — Das Haus schien indeß wenig Geschmack
an dieser Fühlungsmethode, dem tentativs process zu haben, zumal die
Resolutionen, welche allmälig zum Vorschein kamen, so vag und unklar waren,
daß Niemand sehen konnte worauf sie abzielten und was die Folge ihrer
Annahme sein würde. Die Doctrin, daß die ministerielle Verantwortlichkeit
bei der Reformfrage aufhören solle, nahm sich außerdem wunderlich genug in
dem Munde eines Politikers aus, der gerade die Reform zum Hebel ge¬
macht, seine Gegner zu stürzen; treffend bemerkte Bright, daß, wenn ihm
Disraeli den Vorwurf mache, die englischen Institutionen amerikanisiren zu
wollen, er sagen müsse, daß niemals dem Hause ein so amerikanistrender Vor¬
schlag gemacht sei, denn in Amerika gebe es ja eben keine ministerielle Ver¬
antwortlichkeit, während in England der ganze Regierungsmechanismus auf
der Verbindung der Legislation mit der Executive durch das verantwortliche
Ministerium beruhe.
Wiederholt ward der Schatzkanzler gedrängt die Resolutionen näher zu
präctsiren oder sie zurückzuziehen und eine ausgearbeitete Bill einzubringen;
er aber weigerte sich und beantragte in vierzehn Tagen ins Comite' zu gehen,
dann werde er alle wünschenswerten Erläuterungen geben. Der Zustand
war ein sehr unbehaglicher; die Liberalen scheuten sich schon jetzt mit einem
ernsten Angriff vorzugehen, um sich nicht dem Vorwurf factiöser Opposition aus¬
zusetzen und sahen doch ein, daß sie nicht unthätig bleiben konnten; die Conser-
vativen waren unruhig, weil Niemand wußte, was das Ministerium eigentlich
wollte. Dasselbe fühlte, daß es auf diesem Wege nicht durchkommen werde;
am 28. Februar berief Lord Derby privatim seine Partei zu einer Versamm¬
lung in seinem Hause, um ihr dies einzugestehen und zwei neue Vorschläge
vorzulegen unter denen sie wählen sollte. Der eine war, daß künftig in Städten
jeder Hausbesitzer, welcher zwei Jahre in einem Orte gewohnt und persönlich
seine Gemeindesteuern bezahle, das Wahlrecht haben solle, dagegen aber jeder,
der 20 Shilling directe Steuern bezahle, eine zweite Stimme abgeben dürfe
(anat vote); der andere war, das städtische Wahlrecht den Hausbesitzern von
6 Pfd. Sterl. Gemetndeschätzung (i-atinA) zu geben und in den Grafschaften
die Qualification von 50 aus 20 Pfd. Sterl. herabzusetzen, außerdem solche
zuzulassen 1) welche durch wissenschaftliche Prüfungen ihre Befähigung be-
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