Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.fehlt auch Alles, was zu freudiger Inangriffnahme der neuen Arbeit reizen Die czcchische Frage. Die letzten Ereignisse in Böhmen haben die allgemeine Aufmerksamkeit fehlt auch Alles, was zu freudiger Inangriffnahme der neuen Arbeit reizen Die czcchische Frage. Die letzten Ereignisse in Böhmen haben die allgemeine Aufmerksamkeit <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0141" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/287413"/> <p xml:id="ID_337" prev="#ID_336"> fehlt auch Alles, was zu freudiger Inangriffnahme der neuen Arbeit reizen<lb/> und ermuthigen, was die Erreichung des ersehnten Hafens versprechen könnte.<lb/> Die im Jahre 1866 geschaffenen Zustände als Definitiv« anzusehen, haben<lb/> wir uns noch nicht gewöhnen können, und die Spannkraft, welche uns<lb/> helfen sollte, den Sprung über den Main zu wagen, ist doch nicht mehr vor¬<lb/> handen. Der eigenthümliche Vorzug deutscher Art ist aber zu allen Zeiten<lb/> gewesen, auch ohne starke und begeisternde Impulse in der continuirlichen<lb/> Arbeit nicht zu erlahmen und bei lichtlosen Himmel ebenso unerschütterlich<lb/> auf dem Posten auszuharren, wie bei strahlendem Sonnenschein und dadurch<lb/> auszugleichen, was ihr an Naschheit des Entschlusses und praktischem Geschick<lb/> in der entscheidenden Stunde abgeht. Diesen'Vorzug auch unter den gegen¬<lb/> wärtigen Conjuncturen zu bethätigen, wird vor Allem Sache der nationalen<lb/> Partei sein. Unbeirrt durch alle Mißgriffe der Leiter des Staatsschiffes hat<lb/> sie dem Curse treu zu bleiben, den sie seit dem Herbst 1866 eingeschlagen hat.<lb/> Grade weil es unserer Partei nicht beschieden war, die entscheidende Wendung<lb/> zu dem angestrebten Ziel von sich aus zu bewirken, darf sie sich den Ruhm<lb/> nicht entgehen lassen, auf der letzten, ermüdenden Strecke an Ausdauer und<lb/> Treue alle übrigen Parteien übertroffen und die Stationen, an denen Halt<lb/> zu machen war, nur nach ihrer Entfernung vom Hafen beurtheilt und be¬<lb/> handelt zu haben.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die czcchische Frage.</head><lb/> <p xml:id="ID_338" next="#ID_339"> Die letzten Ereignisse in Böhmen haben die allgemeine Aufmerksamkeit<lb/> wieder auf Prag und die große Landschaft gelenkt, wo drei Millionen Slaven<lb/> unter zwei Millionen Deutschen wohnen. Die slavische Partei, welche sich<lb/> jetzt die böhmische nennt, während sie noch vor wenig Jahren den Namen<lb/> der czechischen beanspruchte, steht unter den sogenannten nationalen Fractio-<lb/> rien Europas am ungünstigsten. Es ist ihr nicht gelungen, irgendwo im<lb/> Auslande Sympathien zu finden, sogar die russischen Journale, welche sich<lb/> den Verbrüderungseifer der Czechen aus Eitelkeit und Politik gern gefallen<lb/> lassen, vermögen nicht immer ihre Geringschätzung zu verbergen; im gebildeten<lb/> Europa ist das Groteske, Unwahre und Phrasenhafte der gesammten czechischen<lb/> Agitation allzu auffällig geworden, sogar die meisten französischen Journale<lb/> und die europäische Demokratie, beide nicht wählerisch in ihren Bundesgenossen,<lb/> betrachten das Gebahren der böhmischen Slavophilen mit Kälte und Ironie,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0141]
fehlt auch Alles, was zu freudiger Inangriffnahme der neuen Arbeit reizen
und ermuthigen, was die Erreichung des ersehnten Hafens versprechen könnte.
Die im Jahre 1866 geschaffenen Zustände als Definitiv« anzusehen, haben
wir uns noch nicht gewöhnen können, und die Spannkraft, welche uns
helfen sollte, den Sprung über den Main zu wagen, ist doch nicht mehr vor¬
handen. Der eigenthümliche Vorzug deutscher Art ist aber zu allen Zeiten
gewesen, auch ohne starke und begeisternde Impulse in der continuirlichen
Arbeit nicht zu erlahmen und bei lichtlosen Himmel ebenso unerschütterlich
auf dem Posten auszuharren, wie bei strahlendem Sonnenschein und dadurch
auszugleichen, was ihr an Naschheit des Entschlusses und praktischem Geschick
in der entscheidenden Stunde abgeht. Diesen'Vorzug auch unter den gegen¬
wärtigen Conjuncturen zu bethätigen, wird vor Allem Sache der nationalen
Partei sein. Unbeirrt durch alle Mißgriffe der Leiter des Staatsschiffes hat
sie dem Curse treu zu bleiben, den sie seit dem Herbst 1866 eingeschlagen hat.
Grade weil es unserer Partei nicht beschieden war, die entscheidende Wendung
zu dem angestrebten Ziel von sich aus zu bewirken, darf sie sich den Ruhm
nicht entgehen lassen, auf der letzten, ermüdenden Strecke an Ausdauer und
Treue alle übrigen Parteien übertroffen und die Stationen, an denen Halt
zu machen war, nur nach ihrer Entfernung vom Hafen beurtheilt und be¬
handelt zu haben.
Die czcchische Frage.
Die letzten Ereignisse in Böhmen haben die allgemeine Aufmerksamkeit
wieder auf Prag und die große Landschaft gelenkt, wo drei Millionen Slaven
unter zwei Millionen Deutschen wohnen. Die slavische Partei, welche sich
jetzt die böhmische nennt, während sie noch vor wenig Jahren den Namen
der czechischen beanspruchte, steht unter den sogenannten nationalen Fractio-
rien Europas am ungünstigsten. Es ist ihr nicht gelungen, irgendwo im
Auslande Sympathien zu finden, sogar die russischen Journale, welche sich
den Verbrüderungseifer der Czechen aus Eitelkeit und Politik gern gefallen
lassen, vermögen nicht immer ihre Geringschätzung zu verbergen; im gebildeten
Europa ist das Groteske, Unwahre und Phrasenhafte der gesammten czechischen
Agitation allzu auffällig geworden, sogar die meisten französischen Journale
und die europäische Demokratie, beide nicht wählerisch in ihren Bundesgenossen,
betrachten das Gebahren der böhmischen Slavophilen mit Kälte und Ironie,
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