Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.viel Geschmeidigkeit und Kraft, soviel Kühnheit und Entschiedenheit, daß die Die zweite Hälfte dieser Rede ist ausschließlich dem Verhältniß der Nachmittags um 4 Uhr findet man sich wieder zusammen. Ein czechi- viel Geschmeidigkeit und Kraft, soviel Kühnheit und Entschiedenheit, daß die Die zweite Hälfte dieser Rede ist ausschließlich dem Verhältniß der Nachmittags um 4 Uhr findet man sich wieder zusammen. Ein czechi- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0056" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/286768"/> <p xml:id="ID_110" prev="#ID_109"> viel Geschmeidigkeit und Kraft, soviel Kühnheit und Entschiedenheit, daß die<lb/> drohende Gefahr dieselben nur nüchterner machte ..... Nach einem hal¬<lb/> ben Jahrhundert haben die Beziehungen zwischen den beiden Nationalitäten<lb/> sich so gestaltet, daß der Czeche aus eigener Kraft das erreichen konnte, was<lb/> die Regierung ihm versagte (stürmischer Beifall) — daß beide Nationalitäten<lb/> hinsichtlich der Aufklärung und Bildung auf derselben Stufe stehen und daß<lb/> der Czeche. dessen Untergang beschlossen war, bereit ist in der Begeisterung<lb/> neuen Lebens die Erbschaft seiner herrlichen Vorfahren zu übernehmen."</p><lb/> <p xml:id="ID_111"> Die zweite Hälfte dieser Rede ist ausschließlich dem Verhältniß der<lb/> Czechen zu den Deutschen gewidmet. Der Redner vermeidet es sorgfältig,<lb/> politischer Fragen zu gedenken, die Ansprüche auf die Länder der Wenzels¬<lb/> krone oder die Stellung der Nationalpartei zum östreichischen Constitutiona-<lb/> lismus zu berühren — er handelt nur von dem Sträuben einzelner Deut¬<lb/> scher („und sie werden die Minderzahl unter ihren Stammesgenossen bilden")<lb/> gegen die Anerkennung der sprachlichen Parität. Als hätte der östreichische<lb/> Absolutismus mit dem Czechenthum niemals etwas gemein gehabt, wird von<lb/> der „durch absolutistische Willkür" geschaffenen Herrschaft der deutschen Sprache<lb/> geredet und feierlich jede Gemeinschaft mit denen verläugnet, welche das Recht<lb/> der Sprachgleichheit bestreiten. — Unter stürmischem Slavaruf ist der oratori-<lb/> sche Theil der Feier beendet, der Sieg des czechischen Elements widerspruchs¬<lb/> los besiegelt. Man schreitet zur Wahl der Ehrenmitglieder und mit wun¬<lb/> derähnlicher Uebereinstimmung gehen aus der Wahlurne, ein Pole (Romuald<lb/> Hube) ein Slovake (Stefan Moissey) ein Croate (Bischof Raczky). ein Serbe<lb/> der (Canonikus Iwan Schafarik), ein Däne (Torsson) ein Deutscher (Essen¬<lb/> wein in Nürnberg) und sieben Russen (Pogodin, Solovjew, Bußlajew,<lb/> Sresnewsky, Hilferding, Semenow und Mazejewski) hervor. Die Namen<lb/> der übrigen Ehrenmitglieder werden nicht genannt. — Graf Clam-Martiniz<lb/> spricht einige farblose Worte in deutscher Sprache und der erste Theil des<lb/> Festes ist geschlossen.</p><lb/> <p xml:id="ID_112" next="#ID_113"> Nachmittags um 4 Uhr findet man sich wieder zusammen. Ein czechi-<lb/> scher Gesangverein singt den „Choral des czechischen Volks" und das Frei¬<lb/> heitslied, der Serben. Palazky enthüllt in schonungsvoller Rede die Büste<lb/> Caspar Sternbergs, des Begründers der jubilirenden Anstalt. Dann wer¬<lb/> den die Gäste durch die Räume des Museums geführt und mit den Heilig¬<lb/> tümern der Anstalt bekannt gemacht: andachtsvoll stehen Russen und Czechen<lb/> vor der Königinhofer Handschrift und ' dem Manuscript von Grünberg<lb/> (Zelenahorsky Rukopis) — Schätzen die sonst vor dem Auge profaner Be-<lb/> schauer sorgfältig verschlossen sind, — gläubig werden „Libussas Urtheil" und<lb/> Stefan Duzans Gesetzbuch als Reliquen einer Vergangenheit verehrt, deren<lb/> Erbschaft zu übernehmen man sich das Wort gegeben hat. Segnend blicken</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0056]
viel Geschmeidigkeit und Kraft, soviel Kühnheit und Entschiedenheit, daß die
drohende Gefahr dieselben nur nüchterner machte ..... Nach einem hal¬
ben Jahrhundert haben die Beziehungen zwischen den beiden Nationalitäten
sich so gestaltet, daß der Czeche aus eigener Kraft das erreichen konnte, was
die Regierung ihm versagte (stürmischer Beifall) — daß beide Nationalitäten
hinsichtlich der Aufklärung und Bildung auf derselben Stufe stehen und daß
der Czeche. dessen Untergang beschlossen war, bereit ist in der Begeisterung
neuen Lebens die Erbschaft seiner herrlichen Vorfahren zu übernehmen."
Die zweite Hälfte dieser Rede ist ausschließlich dem Verhältniß der
Czechen zu den Deutschen gewidmet. Der Redner vermeidet es sorgfältig,
politischer Fragen zu gedenken, die Ansprüche auf die Länder der Wenzels¬
krone oder die Stellung der Nationalpartei zum östreichischen Constitutiona-
lismus zu berühren — er handelt nur von dem Sträuben einzelner Deut¬
scher („und sie werden die Minderzahl unter ihren Stammesgenossen bilden")
gegen die Anerkennung der sprachlichen Parität. Als hätte der östreichische
Absolutismus mit dem Czechenthum niemals etwas gemein gehabt, wird von
der „durch absolutistische Willkür" geschaffenen Herrschaft der deutschen Sprache
geredet und feierlich jede Gemeinschaft mit denen verläugnet, welche das Recht
der Sprachgleichheit bestreiten. — Unter stürmischem Slavaruf ist der oratori-
sche Theil der Feier beendet, der Sieg des czechischen Elements widerspruchs¬
los besiegelt. Man schreitet zur Wahl der Ehrenmitglieder und mit wun¬
derähnlicher Uebereinstimmung gehen aus der Wahlurne, ein Pole (Romuald
Hube) ein Slovake (Stefan Moissey) ein Croate (Bischof Raczky). ein Serbe
der (Canonikus Iwan Schafarik), ein Däne (Torsson) ein Deutscher (Essen¬
wein in Nürnberg) und sieben Russen (Pogodin, Solovjew, Bußlajew,
Sresnewsky, Hilferding, Semenow und Mazejewski) hervor. Die Namen
der übrigen Ehrenmitglieder werden nicht genannt. — Graf Clam-Martiniz
spricht einige farblose Worte in deutscher Sprache und der erste Theil des
Festes ist geschlossen.
Nachmittags um 4 Uhr findet man sich wieder zusammen. Ein czechi-
scher Gesangverein singt den „Choral des czechischen Volks" und das Frei¬
heitslied, der Serben. Palazky enthüllt in schonungsvoller Rede die Büste
Caspar Sternbergs, des Begründers der jubilirenden Anstalt. Dann wer¬
den die Gäste durch die Räume des Museums geführt und mit den Heilig¬
tümern der Anstalt bekannt gemacht: andachtsvoll stehen Russen und Czechen
vor der Königinhofer Handschrift und ' dem Manuscript von Grünberg
(Zelenahorsky Rukopis) — Schätzen die sonst vor dem Auge profaner Be-
schauer sorgfältig verschlossen sind, — gläubig werden „Libussas Urtheil" und
Stefan Duzans Gesetzbuch als Reliquen einer Vergangenheit verehrt, deren
Erbschaft zu übernehmen man sich das Wort gegeben hat. Segnend blicken
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