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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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Abnahme der Zölle um 20 Millionen, demnach des Imports um 40 Mil¬
lionen ergeben, und, da in den zwei dahin gehörenden Saisons Herbst 66
und Frühjahr 67 das Importgeschäft in fast allen Branchen sehr verlust¬
bringend war, den Schatzsecretär die gerechtfertigte, vom Finanzcomite' des
Congresses getheilte Ansicht aussprechen lassen, daß eine Ermäßigung der
bestehenden Zölle durch fiscalische Rücksichten nicht im entferntesten geboten
sei. -- Im Gegentheil wird von mehreren unparteiischen Staatsökonomen Ame¬
rikas eine Ermäßigung der Zölle jetzt für eine höchst gefährliche Maßregel
gehalten, die nicht allein dem Staate die so nöthigen Revenuen zum Theil
entziehen, sondern auch das Land in eine noch größere Schuldenlast für ver¬
mehrte Importe, hauptsächlich von Europa, stürzen würde. Man lächelt über
die in einem Athem ausgesprochenen Schmähungen des amerikanischen Papier¬
geldsystems und der hohen Protectivzölle und fragt, ob denn schon der Be¬
weis geliefert ist, daß die zur Führung des Krieges nöthigen Gelder in
anderer Weise hätten geschafft werden können, und wenn so, ob bei einem
Emissionscurse von 50 und 40 (auf 75 waren die Bonds bei Anfang des
Krieges in New-Uork schon gefallen) die Schuldenlast der Ver. Staaten
heute kleiner sein würde? Man weist auf die Verminderung unserer Staaten-
Schuld um über 200 Millionen in drei Jahren, trotz des Papierschwin¬
dels, hin und fragt nach den monarchischen Staaten Europas, die in den
letzten drei Jahren ihre Schuldenlast um beinahe den zehnten Theil ver¬
ringert haben! Man möchte von den Feinden der Protectivzölle wissen, wo¬
mit denn noch größere Importe in die Ver. Staaten, die natürliche Folge
der empfohlenen Herabsetzung der Zölle, bezahlt werden sollen, wenn jetzt
schon das Land nicht im Stande ist, durch die mit aller Kraftanstrengung
erzeugten Producte, Baumwolle, Tabak u. s. w. (Färbehölzer gehören nicht
zu den Producten der Ver. - Staaten, werden aber von Centralamerika vo
New - Z)ort nach Europa wohl öfters verschifft), den Anforderungen seiner
Gläubiger gerecht zu werden und fortwährend durch den massenhaften Export
von Gold sein Conto zu balanciren suchen muß. -- Man fragt die Ver¬
treter des Freihandels, was die Farmer im fernen Westen mit noch größerer
Production von Mais, dem dortigen Stapelartikel, thun sollen, wenn sie
ihn schon vor zwei Jahren massenweise als Brennmaterial benutzen mußten,
weil der Transport, 2000 und 2300 engl. Meilen weit nach der Küste, mehr
kostete, als dort selbst bei hohen Getreidepreisen für die Waare zu be¬
kommen war. Man hält das Eintreten ähnlicher Zustände, selbst mit Weizen,
für nicht ganz unmöglich, wenn die Production davon zu stark werden und
eine Ueberfüllung der Weltmärkte, bei mäßig guten Ernten überall, ein¬
treten sollte.

Wenn auch die leitende Ansicht bei obigen Fragen nicht immer die


Abnahme der Zölle um 20 Millionen, demnach des Imports um 40 Mil¬
lionen ergeben, und, da in den zwei dahin gehörenden Saisons Herbst 66
und Frühjahr 67 das Importgeschäft in fast allen Branchen sehr verlust¬
bringend war, den Schatzsecretär die gerechtfertigte, vom Finanzcomite' des
Congresses getheilte Ansicht aussprechen lassen, daß eine Ermäßigung der
bestehenden Zölle durch fiscalische Rücksichten nicht im entferntesten geboten
sei. — Im Gegentheil wird von mehreren unparteiischen Staatsökonomen Ame¬
rikas eine Ermäßigung der Zölle jetzt für eine höchst gefährliche Maßregel
gehalten, die nicht allein dem Staate die so nöthigen Revenuen zum Theil
entziehen, sondern auch das Land in eine noch größere Schuldenlast für ver¬
mehrte Importe, hauptsächlich von Europa, stürzen würde. Man lächelt über
die in einem Athem ausgesprochenen Schmähungen des amerikanischen Papier¬
geldsystems und der hohen Protectivzölle und fragt, ob denn schon der Be¬
weis geliefert ist, daß die zur Führung des Krieges nöthigen Gelder in
anderer Weise hätten geschafft werden können, und wenn so, ob bei einem
Emissionscurse von 50 und 40 (auf 75 waren die Bonds bei Anfang des
Krieges in New-Uork schon gefallen) die Schuldenlast der Ver. Staaten
heute kleiner sein würde? Man weist auf die Verminderung unserer Staaten-
Schuld um über 200 Millionen in drei Jahren, trotz des Papierschwin¬
dels, hin und fragt nach den monarchischen Staaten Europas, die in den
letzten drei Jahren ihre Schuldenlast um beinahe den zehnten Theil ver¬
ringert haben! Man möchte von den Feinden der Protectivzölle wissen, wo¬
mit denn noch größere Importe in die Ver. Staaten, die natürliche Folge
der empfohlenen Herabsetzung der Zölle, bezahlt werden sollen, wenn jetzt
schon das Land nicht im Stande ist, durch die mit aller Kraftanstrengung
erzeugten Producte, Baumwolle, Tabak u. s. w. (Färbehölzer gehören nicht
zu den Producten der Ver. - Staaten, werden aber von Centralamerika vo
New - Z)ort nach Europa wohl öfters verschifft), den Anforderungen seiner
Gläubiger gerecht zu werden und fortwährend durch den massenhaften Export
von Gold sein Conto zu balanciren suchen muß. — Man fragt die Ver¬
treter des Freihandels, was die Farmer im fernen Westen mit noch größerer
Production von Mais, dem dortigen Stapelartikel, thun sollen, wenn sie
ihn schon vor zwei Jahren massenweise als Brennmaterial benutzen mußten,
weil der Transport, 2000 und 2300 engl. Meilen weit nach der Küste, mehr
kostete, als dort selbst bei hohen Getreidepreisen für die Waare zu be¬
kommen war. Man hält das Eintreten ähnlicher Zustände, selbst mit Weizen,
für nicht ganz unmöglich, wenn die Production davon zu stark werden und
eine Ueberfüllung der Weltmärkte, bei mäßig guten Ernten überall, ein¬
treten sollte.

Wenn auch die leitende Ansicht bei obigen Fragen nicht immer die


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[0516] Abnahme der Zölle um 20 Millionen, demnach des Imports um 40 Mil¬ lionen ergeben, und, da in den zwei dahin gehörenden Saisons Herbst 66 und Frühjahr 67 das Importgeschäft in fast allen Branchen sehr verlust¬ bringend war, den Schatzsecretär die gerechtfertigte, vom Finanzcomite' des Congresses getheilte Ansicht aussprechen lassen, daß eine Ermäßigung der bestehenden Zölle durch fiscalische Rücksichten nicht im entferntesten geboten sei. — Im Gegentheil wird von mehreren unparteiischen Staatsökonomen Ame¬ rikas eine Ermäßigung der Zölle jetzt für eine höchst gefährliche Maßregel gehalten, die nicht allein dem Staate die so nöthigen Revenuen zum Theil entziehen, sondern auch das Land in eine noch größere Schuldenlast für ver¬ mehrte Importe, hauptsächlich von Europa, stürzen würde. Man lächelt über die in einem Athem ausgesprochenen Schmähungen des amerikanischen Papier¬ geldsystems und der hohen Protectivzölle und fragt, ob denn schon der Be¬ weis geliefert ist, daß die zur Führung des Krieges nöthigen Gelder in anderer Weise hätten geschafft werden können, und wenn so, ob bei einem Emissionscurse von 50 und 40 (auf 75 waren die Bonds bei Anfang des Krieges in New-Uork schon gefallen) die Schuldenlast der Ver. Staaten heute kleiner sein würde? Man weist auf die Verminderung unserer Staaten- Schuld um über 200 Millionen in drei Jahren, trotz des Papierschwin¬ dels, hin und fragt nach den monarchischen Staaten Europas, die in den letzten drei Jahren ihre Schuldenlast um beinahe den zehnten Theil ver¬ ringert haben! Man möchte von den Feinden der Protectivzölle wissen, wo¬ mit denn noch größere Importe in die Ver. Staaten, die natürliche Folge der empfohlenen Herabsetzung der Zölle, bezahlt werden sollen, wenn jetzt schon das Land nicht im Stande ist, durch die mit aller Kraftanstrengung erzeugten Producte, Baumwolle, Tabak u. s. w. (Färbehölzer gehören nicht zu den Producten der Ver. - Staaten, werden aber von Centralamerika vo New - Z)ort nach Europa wohl öfters verschifft), den Anforderungen seiner Gläubiger gerecht zu werden und fortwährend durch den massenhaften Export von Gold sein Conto zu balanciren suchen muß. — Man fragt die Ver¬ treter des Freihandels, was die Farmer im fernen Westen mit noch größerer Production von Mais, dem dortigen Stapelartikel, thun sollen, wenn sie ihn schon vor zwei Jahren massenweise als Brennmaterial benutzen mußten, weil der Transport, 2000 und 2300 engl. Meilen weit nach der Küste, mehr kostete, als dort selbst bei hohen Getreidepreisen für die Waare zu be¬ kommen war. Man hält das Eintreten ähnlicher Zustände, selbst mit Weizen, für nicht ganz unmöglich, wenn die Production davon zu stark werden und eine Ueberfüllung der Weltmärkte, bei mäßig guten Ernten überall, ein¬ treten sollte. Wenn auch die leitende Ansicht bei obigen Fragen nicht immer die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/516>, abgerufen am 30.06.2024.