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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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preußische Kriegshafenetablissement mit dem Binnenhafen; und zwar hat man
vom Busen aus gerade in diese Spitze hinein (nach Nordwesten) einen Canal
mit Abschnitten von verschiedener Breite gegraben, dessen Ende ein großes
Bassin als Binnenhafen für die Kriegsschiffe bildet.

Das ist im Wesentlichen die ganze Hafenanlage. Der Orientirung halber
wollen wir gleich hier die Namen der erwähnten einzelnen Abschnitte des Canals
angeben, auf die wir natürlich im Folgenden genauer eingehn werden. Der
äußerste, sehr breite Abschnitt des Canals bildet die Hafeneinfahrt: die
Quaimauern, welche dieselbe beiderseits einfassen, sind aber nicht nur bis an
die See -- d. h. den Jahdebusen -- sondern auf dem allmählich sich sen-
kenden Grunde noch ein gutes Stück in die See hinein bis zum tiefen Fahr¬
wasser hin fortgeführt, und wie zwei mächtige runde Festungsthürme aus
Granitquadern treten die Molenköpfe, d. h. die Enden dieser Quaimauern,
links entgegen, wenn man aus der Jahde in die offene Nordsee segelt. Denn so¬
wohl die Quaimauern selbst, welche ebenfalls mit Granit verkleidet sind, als auch
die thurmartigen Köpfe haben eine ganz bedeutende Höhe über Wasser, während
die steil abgeböschte Basis und die massive Granitbrüstung, welche oben die
Platform umschließt, den festungsartigen Charakter des Ganzen noch erhöht-
Hinter der Hafeneinfahrt (a) als Verbindung derselben mit dem eigentlichen
Hafencanal (e) folgt dann der breiteste Abschnitt des Ganzen, der Vor¬
hasen (b), welcher beim Eingang wie beim Ausgang durch kolossale eiserne
Schleusenthore (g.--d, b -- e) geschlossen ist. Aus dem Vorhafen endlich
kommt man, indem man weiter nach binnen geht, in den eigentlichen Hafen¬
canal (e), welcher zuerst eine kleine Krümmung macht, dann aber in un¬
endlich langer Linie gerade bis zum Birne us äsend assin (6) hinläuft,
um welches sich die Docks (<z, die ganze Hasenanlage nach Westen abschließend),
die Magazine, die Werkstätten u. s. w. reihen. Ehe wir aber die Einzel'
selten dieser vier Haupttheile (a, d, o, 6) der ganzen Hafenanlage unseren
Lesern vorführen, ist es noch nöthig, die Rhede genauer zu betrachten, das
Wasser vor der Haseneinfahrt, welches hier durch den Jahdebusen beziehent¬
lich dessen Mündung in die Nordsee gebildet wird.

Ursprünglich gab es an dieser Stelle der Küste gar keinen Meerbusen,
ebensowenig wie man vor dem 13. Jahrhundert vom Dollart bei Emden
etwas wußte -- weder Tacitus noch Plinius erwähnen die beiden Busen,
wie ihnen auch statt der heute vor der Küste liegenden 18 Inseln noch 2^
solche bekannt waren. Es sind eben seit jener Zeit große Strecken Landes
von der See occupirt worden: 1277 entstand durch Überschwemmung der
Dollart, und ebenso begannen im 13. Jahrhundert gewaltige Sturmfluthen
die Mündung des Küstenflüßchens Jahde, welches für die Moorbrüche Olden¬
burgs den Abfluß bildete, zu einem förmlichen Meerbusen auszuweiden, wobei


preußische Kriegshafenetablissement mit dem Binnenhafen; und zwar hat man
vom Busen aus gerade in diese Spitze hinein (nach Nordwesten) einen Canal
mit Abschnitten von verschiedener Breite gegraben, dessen Ende ein großes
Bassin als Binnenhafen für die Kriegsschiffe bildet.

Das ist im Wesentlichen die ganze Hafenanlage. Der Orientirung halber
wollen wir gleich hier die Namen der erwähnten einzelnen Abschnitte des Canals
angeben, auf die wir natürlich im Folgenden genauer eingehn werden. Der
äußerste, sehr breite Abschnitt des Canals bildet die Hafeneinfahrt: die
Quaimauern, welche dieselbe beiderseits einfassen, sind aber nicht nur bis an
die See — d. h. den Jahdebusen — sondern auf dem allmählich sich sen-
kenden Grunde noch ein gutes Stück in die See hinein bis zum tiefen Fahr¬
wasser hin fortgeführt, und wie zwei mächtige runde Festungsthürme aus
Granitquadern treten die Molenköpfe, d. h. die Enden dieser Quaimauern,
links entgegen, wenn man aus der Jahde in die offene Nordsee segelt. Denn so¬
wohl die Quaimauern selbst, welche ebenfalls mit Granit verkleidet sind, als auch
die thurmartigen Köpfe haben eine ganz bedeutende Höhe über Wasser, während
die steil abgeböschte Basis und die massive Granitbrüstung, welche oben die
Platform umschließt, den festungsartigen Charakter des Ganzen noch erhöht-
Hinter der Hafeneinfahrt (a) als Verbindung derselben mit dem eigentlichen
Hafencanal (e) folgt dann der breiteste Abschnitt des Ganzen, der Vor¬
hasen (b), welcher beim Eingang wie beim Ausgang durch kolossale eiserne
Schleusenthore (g.—d, b — e) geschlossen ist. Aus dem Vorhafen endlich
kommt man, indem man weiter nach binnen geht, in den eigentlichen Hafen¬
canal (e), welcher zuerst eine kleine Krümmung macht, dann aber in un¬
endlich langer Linie gerade bis zum Birne us äsend assin (6) hinläuft,
um welches sich die Docks (<z, die ganze Hasenanlage nach Westen abschließend),
die Magazine, die Werkstätten u. s. w. reihen. Ehe wir aber die Einzel'
selten dieser vier Haupttheile (a, d, o, 6) der ganzen Hafenanlage unseren
Lesern vorführen, ist es noch nöthig, die Rhede genauer zu betrachten, das
Wasser vor der Haseneinfahrt, welches hier durch den Jahdebusen beziehent¬
lich dessen Mündung in die Nordsee gebildet wird.

Ursprünglich gab es an dieser Stelle der Küste gar keinen Meerbusen,
ebensowenig wie man vor dem 13. Jahrhundert vom Dollart bei Emden
etwas wußte — weder Tacitus noch Plinius erwähnen die beiden Busen,
wie ihnen auch statt der heute vor der Küste liegenden 18 Inseln noch 2^
solche bekannt waren. Es sind eben seit jener Zeit große Strecken Landes
von der See occupirt worden: 1277 entstand durch Überschwemmung der
Dollart, und ebenso begannen im 13. Jahrhundert gewaltige Sturmfluthen
die Mündung des Küstenflüßchens Jahde, welches für die Moorbrüche Olden¬
burgs den Abfluß bildete, zu einem förmlichen Meerbusen auszuweiden, wobei


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/480>, abgerufen am 04.07.2024.