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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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1392 kam der Friede zu Stande: Eschwege blieb thüringisch.*) Neue Wirren
mit Mainz folgten.

1403 erschien Churfürst Johannes in Eschwege und verwüstete von hier
aus das hessische Gericht Bilstein. Im Frieden zwei Jahre nachher mußte
Mainz seinen Antheil an Eschwege und Sontra an Thüringen zurückgeben
und erhielt dagegen den früher abgetretenen Theil von Langensalza und
Bischofgottern zurück und Balthasar war nun wieder Alleinherrscher. Allen
Spänen machte Heirath ein Ende: Landgraf Ludwig von Hessen vermählte
sich mit der Prinzessin Anna von Meißen, zahlte 12000 Gulden und seit
1436 war Eschwege in ungestörtem Besitz der hessischen Landgrafen.

Die Hauptpartie der älteren Geschichte Eschweges gehört unstreitig der
Benedictinerinnen-Abtei, die hoch oben auf dem Plateau des Cyriaxberges
stand und von der sich noch als Nest das sogenannte schwarze Thürmchen
erhalten hat. 1358 wurde die städtische Knabenschule in dieselbe verlegt und
und als diese 1822 in das damalige Hochzeitshaus übersiedelte, wurde die
Gensdarmerie dort einquartirt; 1828 aber wurden die Gebäude abgebrochen
und aus ihren Trümmern erhob sich die stattliche Töchterschule. Die alte
Stiftskirche hatte schon 1735 ihren Untergang gefunden; sie zählte 6 dotirte
Altäre und 2 Kapellen und war besuchter Wallfahrtsort, wo reicher Ablaß
zu holen war. Patron des Stifts war der heilige Cyriacus und die Regen¬
tinnen desselben die Aebtissinnen, die sich "von Gottes Gnaden" nannten und
nur adeligen Geschlechtern angehörten. 1527 bei Einführung der Reforma¬
tion in Hessen wurde es säcularisirt; 20 Klosterfrauen traten aus und wur¬
den wegen ihrer Mitgift abgefunden. Landgraf Philipp erklärte sämmtliche
Stiftsgüter für sein Eigenthum. Besondere Geistliche waren für die Stifts¬
kirche nicht bestellt; der Gottesdienst wurde vielmehr abwechselnd von der
Pfaffheit der Stadt und der nächsten Umgegend besorgt; dieselben fungirten
unter den Namen "Stiftsherren, Canonici, Präbendare des Cyriaxberges."
Erst 1507 erhielten die Nonnen einen besonderen Propst als Beichtvater.

Das Stift besaß das Patronatsrecht über 16 Pfarrkirchen und eine
Anzahl Vicarien und Altäre und die Sprengel derselben erstreckten sich vom
Eichsfelde und dem Gebiete der Stadt Mühlhausen bis ins Amt Sontra.
Außer diesen geistlichen Lehen vergabt? die Aebtissin auch noch eine Menge
weltlicher: die Stadt mit Mühle und Münze, das Hospital mit einem
Gute, mehrere benachbarte Klöster mit ihren Gefallen und 29 adelige Fa-



-) Balthasar aber versprach, gegen 12.000 Gulden das von ihm 1386 in Eschwege er¬
baute Schloß und das zu Sontra an Hessen zurückzugeben. Dagegen widersetzte sich der Kur¬
fürst von Mainz, gab den Thüringer Landgrafen die Hälfte von Langensalza und Bischofs-
gottcrn, übernahm dagegen 1400 die Hälfte von Schloß, Stadt und Vogtei Eschwege, schloß
mit den Landgrafen von Thüringen einen Burgfrieden und die Eschweger Bürgerschaft leistete
ihm die Huldigung.

1392 kam der Friede zu Stande: Eschwege blieb thüringisch.*) Neue Wirren
mit Mainz folgten.

1403 erschien Churfürst Johannes in Eschwege und verwüstete von hier
aus das hessische Gericht Bilstein. Im Frieden zwei Jahre nachher mußte
Mainz seinen Antheil an Eschwege und Sontra an Thüringen zurückgeben
und erhielt dagegen den früher abgetretenen Theil von Langensalza und
Bischofgottern zurück und Balthasar war nun wieder Alleinherrscher. Allen
Spänen machte Heirath ein Ende: Landgraf Ludwig von Hessen vermählte
sich mit der Prinzessin Anna von Meißen, zahlte 12000 Gulden und seit
1436 war Eschwege in ungestörtem Besitz der hessischen Landgrafen.

Die Hauptpartie der älteren Geschichte Eschweges gehört unstreitig der
Benedictinerinnen-Abtei, die hoch oben auf dem Plateau des Cyriaxberges
stand und von der sich noch als Nest das sogenannte schwarze Thürmchen
erhalten hat. 1358 wurde die städtische Knabenschule in dieselbe verlegt und
und als diese 1822 in das damalige Hochzeitshaus übersiedelte, wurde die
Gensdarmerie dort einquartirt; 1828 aber wurden die Gebäude abgebrochen
und aus ihren Trümmern erhob sich die stattliche Töchterschule. Die alte
Stiftskirche hatte schon 1735 ihren Untergang gefunden; sie zählte 6 dotirte
Altäre und 2 Kapellen und war besuchter Wallfahrtsort, wo reicher Ablaß
zu holen war. Patron des Stifts war der heilige Cyriacus und die Regen¬
tinnen desselben die Aebtissinnen, die sich „von Gottes Gnaden" nannten und
nur adeligen Geschlechtern angehörten. 1527 bei Einführung der Reforma¬
tion in Hessen wurde es säcularisirt; 20 Klosterfrauen traten aus und wur¬
den wegen ihrer Mitgift abgefunden. Landgraf Philipp erklärte sämmtliche
Stiftsgüter für sein Eigenthum. Besondere Geistliche waren für die Stifts¬
kirche nicht bestellt; der Gottesdienst wurde vielmehr abwechselnd von der
Pfaffheit der Stadt und der nächsten Umgegend besorgt; dieselben fungirten
unter den Namen „Stiftsherren, Canonici, Präbendare des Cyriaxberges."
Erst 1507 erhielten die Nonnen einen besonderen Propst als Beichtvater.

Das Stift besaß das Patronatsrecht über 16 Pfarrkirchen und eine
Anzahl Vicarien und Altäre und die Sprengel derselben erstreckten sich vom
Eichsfelde und dem Gebiete der Stadt Mühlhausen bis ins Amt Sontra.
Außer diesen geistlichen Lehen vergabt? die Aebtissin auch noch eine Menge
weltlicher: die Stadt mit Mühle und Münze, das Hospital mit einem
Gute, mehrere benachbarte Klöster mit ihren Gefallen und 29 adelige Fa-



-) Balthasar aber versprach, gegen 12.000 Gulden das von ihm 1386 in Eschwege er¬
baute Schloß und das zu Sontra an Hessen zurückzugeben. Dagegen widersetzte sich der Kur¬
fürst von Mainz, gab den Thüringer Landgrafen die Hälfte von Langensalza und Bischofs-
gottcrn, übernahm dagegen 1400 die Hälfte von Schloß, Stadt und Vogtei Eschwege, schloß
mit den Landgrafen von Thüringen einen Burgfrieden und die Eschweger Bürgerschaft leistete
ihm die Huldigung.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/328>, abgerufen am 03.07.2024.