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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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Herstellung von Modellen nöthig war, da man die in Paris ausgestellten
Stücke noch besitzt, und als ihr andererseits doch am glänzenden Ausfall dieser
Ausstellung liegen mußte. Indessen ist es Thatsache, daß von den Regie¬
rungen nichts ausgestellt ist, und diese Thatsache trug bedeutend dazu bei,
den Eindruck des Ganzen zu schwächen. Endlich wird die Physiognomie
dieser Marineausstellung noch durch ein Moment beeinflußt, das zwar den
allgemeinen Glanz in den Augen Nichtsachverständiger hebt, auf den Fach¬
mann dagegen störend wirkt: wir meinen die Zulassung von Supplementar-
klassen in den Annexen und auch im Hauptgebäude selbst, die Zulassung
einer großen Zahl verschiedenartiger Sachen, die kaum in irgend einer Be¬
ziehung zur Marine stehn. Man hat sich hierzu wohl einmal durch den
Wunsch bewogen gesehn, daß diese Ausstellung im Herzen der Normandie
dieser Landschaft überhaupt Gelegenheit geben möge ihre Industrie zu zeigen,
und andererseits hatte man dafür zu sorgen, manchen Raum zu verwerthen,
der bei der Nichtbetheiligung der Marineministerien frei geblieben war.

Wir werden im Folgenden von diesen nicht zur Marine gehörigen
Theilen ganz abstrahiren und uns nur mit den Zweigen beschäftigen, die
dem ursprünglichen Zweck der Ausstellung nahe stehn. Der allgemeine Ein¬
druck dieser letzteren Partien ist nun der, daß die Ausstellung für das Studium
der Kriegsmarine nicht viel bietet, eben nur einige, allerdings wichtige Mo¬
delle von Kriegsschiffen, die von Privatfirmen ausgeführt oder von Privat¬
ingenieuren u. s. w. projectirt sind; daß dagegen in Sachen der Handels¬
marine die Ausstellung sehr viel bietet, namentlich sehr viel mehr Schiffs¬
modelle von Privatingenieuren als die pariser Ausstellung.

Ehe wir indessen von diesem allgemeinen Urtheil auf die Besprechung
besonders interessanter Einzelheiten übergehn, wird es nöthig sein, den Schau-
Platz der Ausstellung und die Stadt Havre. soweit sie dabei in Betracht kommt,
unseren Lesern näher vor Augen zu führen.

Die Seine hat in ihrem unteren Laufe von Rouen ab eine ganz be¬
deutende Breite angenommen, die sich beim Ausfluß in die See auf eine
halbe Stunde ausweitet, und sie strömt nun zwischen lieblich grünen Wiesen
dahin, während in etwa einer Viertelstunde Entfernung beiderseits hohe
Bergzüge sie begleiten, die meistens mit üppig grünem prachtvollem Buchen¬
wald bedeckt sind, oft auch kahle steile Felsen hervortreten lassen, und auf
ihren aufspringenden Punkten mehrfach von stolzen Kapellen in höchster
Höhe gekrönt sind. Da wo der Höhenzug des rechten Ufers die See erreicht,
stürzt er in steilem Abfall mit prachtvoll steilem Profil weit hervortretend
in die See hinab: es ist das Kap de la Höre, das die Leuchtfeuer für den
Hafen trägt, zwei Leuchthürme deren electrisches Licht von Sonnenuntergang
ab, viele Meilen weit blendend in die Nacht hinausstrahlt, während bei Tage


Herstellung von Modellen nöthig war, da man die in Paris ausgestellten
Stücke noch besitzt, und als ihr andererseits doch am glänzenden Ausfall dieser
Ausstellung liegen mußte. Indessen ist es Thatsache, daß von den Regie¬
rungen nichts ausgestellt ist, und diese Thatsache trug bedeutend dazu bei,
den Eindruck des Ganzen zu schwächen. Endlich wird die Physiognomie
dieser Marineausstellung noch durch ein Moment beeinflußt, das zwar den
allgemeinen Glanz in den Augen Nichtsachverständiger hebt, auf den Fach¬
mann dagegen störend wirkt: wir meinen die Zulassung von Supplementar-
klassen in den Annexen und auch im Hauptgebäude selbst, die Zulassung
einer großen Zahl verschiedenartiger Sachen, die kaum in irgend einer Be¬
ziehung zur Marine stehn. Man hat sich hierzu wohl einmal durch den
Wunsch bewogen gesehn, daß diese Ausstellung im Herzen der Normandie
dieser Landschaft überhaupt Gelegenheit geben möge ihre Industrie zu zeigen,
und andererseits hatte man dafür zu sorgen, manchen Raum zu verwerthen,
der bei der Nichtbetheiligung der Marineministerien frei geblieben war.

Wir werden im Folgenden von diesen nicht zur Marine gehörigen
Theilen ganz abstrahiren und uns nur mit den Zweigen beschäftigen, die
dem ursprünglichen Zweck der Ausstellung nahe stehn. Der allgemeine Ein¬
druck dieser letzteren Partien ist nun der, daß die Ausstellung für das Studium
der Kriegsmarine nicht viel bietet, eben nur einige, allerdings wichtige Mo¬
delle von Kriegsschiffen, die von Privatfirmen ausgeführt oder von Privat¬
ingenieuren u. s. w. projectirt sind; daß dagegen in Sachen der Handels¬
marine die Ausstellung sehr viel bietet, namentlich sehr viel mehr Schiffs¬
modelle von Privatingenieuren als die pariser Ausstellung.

Ehe wir indessen von diesem allgemeinen Urtheil auf die Besprechung
besonders interessanter Einzelheiten übergehn, wird es nöthig sein, den Schau-
Platz der Ausstellung und die Stadt Havre. soweit sie dabei in Betracht kommt,
unseren Lesern näher vor Augen zu führen.

Die Seine hat in ihrem unteren Laufe von Rouen ab eine ganz be¬
deutende Breite angenommen, die sich beim Ausfluß in die See auf eine
halbe Stunde ausweitet, und sie strömt nun zwischen lieblich grünen Wiesen
dahin, während in etwa einer Viertelstunde Entfernung beiderseits hohe
Bergzüge sie begleiten, die meistens mit üppig grünem prachtvollem Buchen¬
wald bedeckt sind, oft auch kahle steile Felsen hervortreten lassen, und auf
ihren aufspringenden Punkten mehrfach von stolzen Kapellen in höchster
Höhe gekrönt sind. Da wo der Höhenzug des rechten Ufers die See erreicht,
stürzt er in steilem Abfall mit prachtvoll steilem Profil weit hervortretend
in die See hinab: es ist das Kap de la Höre, das die Leuchtfeuer für den
Hafen trägt, zwei Leuchthürme deren electrisches Licht von Sonnenuntergang
ab, viele Meilen weit blendend in die Nacht hinausstrahlt, während bei Tage


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/285>, abgerufen am 30.06.2024.