Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.überall, wo römische Soldaten ein Standquartier für längere Dauer einrich¬ überall, wo römische Soldaten ein Standquartier für längere Dauer einrich¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0196" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/286908"/> <p xml:id="ID_515" prev="#ID_514" next="#ID_516"> überall, wo römische Soldaten ein Standquartier für längere Dauer einrich¬<lb/> teten, das den Anforderungen der Offiziere um so besser entsprach, jemehr<lb/> es in seinen Einrichtungen an die Hauptstadt erinnerte. Wir finden nicht<lb/> allein dieselben Wandmalereien, vor allen die Mosaikfußböden mit den¬<lb/> selben Mustern und manchen gleichen oder ähnlichen Vorstellungen, wie die<lb/> der Nereiden und Meerungeheuer, sondern Geräth und Schmuck aller<lb/> Art von Rom bezogen oder nach römischen Mustern ausgeführt. So finden<lb/> sich gewöhnlich geschnittene Steine in nicht geringer Anzahl, meist mäßig<lb/> ausgeführt, offenbar provinzielle Localarbeit; aber überall begegnen uns die¬<lb/> selben einmal beliebten Vorstellungen, und in der Regel fehlt es auch nicht<lb/> an besser, zum Theil vortrefflich ausgeführten Exemplaren, welche uns von<lb/> dem allen gemeinsamen Vorbild eine deutlichere Vorstellung geben können.<lb/> Einen anschaulichen Begriff davon, wie von Rom als dem Centralpunkt aus<lb/> der Geschmack der Provinzen regiert wurde, kann die untergeordnete Töpfer¬<lb/> arbeit geben. Ueberall, wohin die römische Cultur gedrungen ist, finden sich<lb/> mannigfache Erzeugnisse der Töpferkunst, theils frei gearbeitete kleine Figuren,<lb/> als Votive, oder zum Kinderspiel, auch zur baulichen Verzierung benutzt, theils<lb/> mit Relief verzierte Platten, Stirnziegel und tgi. zum architektonischen Ge¬<lb/> brauch bestimmt, theils Gefäße mit erhabenen Ornamenten und Figuren,<lb/> unter denen sich besonders die feinen, corallenrothen sogenannten aretini-<lb/> schen auszeichnen. Alle diese Thonwaare ist in Formen gepreßt, und diese<lb/> mechanische Vervielfältigung erklärt es, daß überall im römischen Reich von<lb/> der Themse bis zum Taurus dieselben Figuren, dieselben Reliefs, dieselben<lb/> Ornamente, dieselben eingepreßten Namen der Töpfer sich ebenso wiederholt<lb/> finden. Diese Uebereinstimmung ist um so bezeichnender, da man an den<lb/> meisten Stellen auch die Producte localer Töpfereien findet, theils unge¬<lb/> schickte Nachahmungen der römischen, theils selbständige Versuche. Indessen ist<lb/> die römische Waare nur zum allergeringsten Theil direct eingeführt; man fand<lb/> es bequemer die Formen und Stempel den Töpfereien zu liefern. In dem,<lb/> was an Ort und Stelle zu beschaffen war. in der Mischung und Bearbeitung<lb/> des Thors, in Färbung und Firniß, demnach zeigen sich überall Verschieden¬<lb/> heiten; was durch Form und Stempel hervorgebracht wurde, bleibt sich überall<lb/> gleich. Nur verräth sich darin der Mangel an Verständniß, daß nicht selten<lb/> die einzelnen Stücke der Form verkehrt zusammengesetzt sind. Interessant ist es,<lb/> daß man bei einer Anzahl dieser Verzierungen noch den Weg verfolgen kann,<lb/> auf dem sie dahin gekommen sind. Zum Theil kennen wir die Originale,<lb/> einzelne Figuren oder Gruppen, als Kunstwerke von selbständiger Bedeutung,<lb/> welche in Rom beliebt und deshalb auch zur Verzierung angewandt wurden.<lb/> Wir finden sie wieder auf architektonischen Gliedern, auf Sarcophagreltefs,<lb/> und endlich auf Thongesäßen. So wurde von Rom aus, indem man den</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0196]
überall, wo römische Soldaten ein Standquartier für längere Dauer einrich¬
teten, das den Anforderungen der Offiziere um so besser entsprach, jemehr
es in seinen Einrichtungen an die Hauptstadt erinnerte. Wir finden nicht
allein dieselben Wandmalereien, vor allen die Mosaikfußböden mit den¬
selben Mustern und manchen gleichen oder ähnlichen Vorstellungen, wie die
der Nereiden und Meerungeheuer, sondern Geräth und Schmuck aller
Art von Rom bezogen oder nach römischen Mustern ausgeführt. So finden
sich gewöhnlich geschnittene Steine in nicht geringer Anzahl, meist mäßig
ausgeführt, offenbar provinzielle Localarbeit; aber überall begegnen uns die¬
selben einmal beliebten Vorstellungen, und in der Regel fehlt es auch nicht
an besser, zum Theil vortrefflich ausgeführten Exemplaren, welche uns von
dem allen gemeinsamen Vorbild eine deutlichere Vorstellung geben können.
Einen anschaulichen Begriff davon, wie von Rom als dem Centralpunkt aus
der Geschmack der Provinzen regiert wurde, kann die untergeordnete Töpfer¬
arbeit geben. Ueberall, wohin die römische Cultur gedrungen ist, finden sich
mannigfache Erzeugnisse der Töpferkunst, theils frei gearbeitete kleine Figuren,
als Votive, oder zum Kinderspiel, auch zur baulichen Verzierung benutzt, theils
mit Relief verzierte Platten, Stirnziegel und tgi. zum architektonischen Ge¬
brauch bestimmt, theils Gefäße mit erhabenen Ornamenten und Figuren,
unter denen sich besonders die feinen, corallenrothen sogenannten aretini-
schen auszeichnen. Alle diese Thonwaare ist in Formen gepreßt, und diese
mechanische Vervielfältigung erklärt es, daß überall im römischen Reich von
der Themse bis zum Taurus dieselben Figuren, dieselben Reliefs, dieselben
Ornamente, dieselben eingepreßten Namen der Töpfer sich ebenso wiederholt
finden. Diese Uebereinstimmung ist um so bezeichnender, da man an den
meisten Stellen auch die Producte localer Töpfereien findet, theils unge¬
schickte Nachahmungen der römischen, theils selbständige Versuche. Indessen ist
die römische Waare nur zum allergeringsten Theil direct eingeführt; man fand
es bequemer die Formen und Stempel den Töpfereien zu liefern. In dem,
was an Ort und Stelle zu beschaffen war. in der Mischung und Bearbeitung
des Thors, in Färbung und Firniß, demnach zeigen sich überall Verschieden¬
heiten; was durch Form und Stempel hervorgebracht wurde, bleibt sich überall
gleich. Nur verräth sich darin der Mangel an Verständniß, daß nicht selten
die einzelnen Stücke der Form verkehrt zusammengesetzt sind. Interessant ist es,
daß man bei einer Anzahl dieser Verzierungen noch den Weg verfolgen kann,
auf dem sie dahin gekommen sind. Zum Theil kennen wir die Originale,
einzelne Figuren oder Gruppen, als Kunstwerke von selbständiger Bedeutung,
welche in Rom beliebt und deshalb auch zur Verzierung angewandt wurden.
Wir finden sie wieder auf architektonischen Gliedern, auf Sarcophagreltefs,
und endlich auf Thongesäßen. So wurde von Rom aus, indem man den
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