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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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breiten Wasserspiegel erglänzen: das ist der innerste Theil der Kieler
Föhrde. In wenigen Minuten ist diese uns ganz nahe gerückt, der Zug hält
in dem stattlichen Bahnhof hart am Ufer und wir gewahren, daß der Kriegs¬
gott sich diesmal seinen Sitz in einer wirklich idyllisch schönen Landschaft aus¬
gesucht hat. Zwar fehlt ihr die stolze Majestät von La Spezzia. dem ober¬
italienischen Hauptkriegshafen. Dafür ist das Bild mit den sanft schwellen¬
den Wellenformen der umrahmenden Hügel, mit dem saftigen Grün des
jungen Buchenlaubes, weit lieblicher und frischer als es die gewaltigen Far-
bencontraste des Südens sind.

Wir treten vom Bahnhof aus sogleich an den Quai, und werfen von
hier einen Blick zur Orientirung nach rückwärts herauf. Hinter uns, "strom¬
aufwärts", wenige hundert Schritt zurück, findet der meergrüne Strom der
Föhrde, einer Quelle in einer sanften Einbuchtung zwischen freundlichen
Hügeln seinen Abschluß, und ganz nahe an diesem Binnenzipfel erhebt sich
einerseits der hochgelegene Kirchhof von Kiel, andererseits Gaarden mit der
in kräftiger Entwickelung begriffenen Eisenschiffbauanstalt, aus welcher der¬
einst unsere Panzerschiffe hervorgehn sollen.

Von Gaarden ab zieht sich, das ganze jenseitige (rechte) Ufer der Föhrde
bis nach der Mündung hin begleitend, eine freundliche Hügelkette, bald
ganz nahe an den Saum des Wassers herantretend, bald demselben ferner
bleibend. Reizend wechseln Gelb, Grün und Roth der Ackerstreifen auf den
Hügeln, deren Begrenzung wegen der verschiedenen Terrainwellenlinien die
anmuthigste Mannigfaltigkeit zeigt, und überall sind die heiteren Farben
der Ackerbeete durch saftiggrüne hohe Buchenknicks und kleine Wäldchen
unterbrochen oder durch Obstpflanzungen, aus deren Laub das lebhafte und
doch trauliche Roth neuer Ziegeldächer hervorleuchtet, und so das Vorhan¬
densein halbversteckter wohlhäbiger Dörfer verräth. Besonders zwei derselben,
außer Neumühlen, nämlich Wilhelminenhöhe (auch Sandkrug gerannnt)
und Ellerbeck fallen uns in die Augen: dicht bei ihnen (also auch nicht
weit von dem jetzigen Marinedepot und andererseits von der Schiffbauanstalt
bei Gaarden) werden sich künftig die mächtigen Arsenale unserer Kriegs¬
marine mit ihren Docks, Magazinen und Werkstätten erheben, während
dahinter die eben erwähnten Höhenzüge ansteigen. Und wenn wir den
kleinen Dampfer besteigen wollten, der vom Bahnhof aus die ganze Föhrde
hinab bis in die offene See Lustfahrten unternimmt, oder wenn wir im
Segelboot die Föhrde hinabkreuzen wollten, würden wir weiterhin und näher
der Mündung auf demselben rechten Ufer die Strandschanzen von Mölten-
ort und Labor in nächster Nähe zu sehen bekommen -- außerdem sind
hier noch zwei andere Forts im Entstehen und für dieselben ist noch ein
großes Kernwerk als Deckung auf der Landseite projectirt.


breiten Wasserspiegel erglänzen: das ist der innerste Theil der Kieler
Föhrde. In wenigen Minuten ist diese uns ganz nahe gerückt, der Zug hält
in dem stattlichen Bahnhof hart am Ufer und wir gewahren, daß der Kriegs¬
gott sich diesmal seinen Sitz in einer wirklich idyllisch schönen Landschaft aus¬
gesucht hat. Zwar fehlt ihr die stolze Majestät von La Spezzia. dem ober¬
italienischen Hauptkriegshafen. Dafür ist das Bild mit den sanft schwellen¬
den Wellenformen der umrahmenden Hügel, mit dem saftigen Grün des
jungen Buchenlaubes, weit lieblicher und frischer als es die gewaltigen Far-
bencontraste des Südens sind.

Wir treten vom Bahnhof aus sogleich an den Quai, und werfen von
hier einen Blick zur Orientirung nach rückwärts herauf. Hinter uns, „strom¬
aufwärts", wenige hundert Schritt zurück, findet der meergrüne Strom der
Föhrde, einer Quelle in einer sanften Einbuchtung zwischen freundlichen
Hügeln seinen Abschluß, und ganz nahe an diesem Binnenzipfel erhebt sich
einerseits der hochgelegene Kirchhof von Kiel, andererseits Gaarden mit der
in kräftiger Entwickelung begriffenen Eisenschiffbauanstalt, aus welcher der¬
einst unsere Panzerschiffe hervorgehn sollen.

Von Gaarden ab zieht sich, das ganze jenseitige (rechte) Ufer der Föhrde
bis nach der Mündung hin begleitend, eine freundliche Hügelkette, bald
ganz nahe an den Saum des Wassers herantretend, bald demselben ferner
bleibend. Reizend wechseln Gelb, Grün und Roth der Ackerstreifen auf den
Hügeln, deren Begrenzung wegen der verschiedenen Terrainwellenlinien die
anmuthigste Mannigfaltigkeit zeigt, und überall sind die heiteren Farben
der Ackerbeete durch saftiggrüne hohe Buchenknicks und kleine Wäldchen
unterbrochen oder durch Obstpflanzungen, aus deren Laub das lebhafte und
doch trauliche Roth neuer Ziegeldächer hervorleuchtet, und so das Vorhan¬
densein halbversteckter wohlhäbiger Dörfer verräth. Besonders zwei derselben,
außer Neumühlen, nämlich Wilhelminenhöhe (auch Sandkrug gerannnt)
und Ellerbeck fallen uns in die Augen: dicht bei ihnen (also auch nicht
weit von dem jetzigen Marinedepot und andererseits von der Schiffbauanstalt
bei Gaarden) werden sich künftig die mächtigen Arsenale unserer Kriegs¬
marine mit ihren Docks, Magazinen und Werkstätten erheben, während
dahinter die eben erwähnten Höhenzüge ansteigen. Und wenn wir den
kleinen Dampfer besteigen wollten, der vom Bahnhof aus die ganze Föhrde
hinab bis in die offene See Lustfahrten unternimmt, oder wenn wir im
Segelboot die Föhrde hinabkreuzen wollten, würden wir weiterhin und näher
der Mündung auf demselben rechten Ufer die Strandschanzen von Mölten-
ort und Labor in nächster Nähe zu sehen bekommen — außerdem sind
hier noch zwei andere Forts im Entstehen und für dieselben ist noch ein
großes Kernwerk als Deckung auf der Landseite projectirt.


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[0149] breiten Wasserspiegel erglänzen: das ist der innerste Theil der Kieler Föhrde. In wenigen Minuten ist diese uns ganz nahe gerückt, der Zug hält in dem stattlichen Bahnhof hart am Ufer und wir gewahren, daß der Kriegs¬ gott sich diesmal seinen Sitz in einer wirklich idyllisch schönen Landschaft aus¬ gesucht hat. Zwar fehlt ihr die stolze Majestät von La Spezzia. dem ober¬ italienischen Hauptkriegshafen. Dafür ist das Bild mit den sanft schwellen¬ den Wellenformen der umrahmenden Hügel, mit dem saftigen Grün des jungen Buchenlaubes, weit lieblicher und frischer als es die gewaltigen Far- bencontraste des Südens sind. Wir treten vom Bahnhof aus sogleich an den Quai, und werfen von hier einen Blick zur Orientirung nach rückwärts herauf. Hinter uns, „strom¬ aufwärts", wenige hundert Schritt zurück, findet der meergrüne Strom der Föhrde, einer Quelle in einer sanften Einbuchtung zwischen freundlichen Hügeln seinen Abschluß, und ganz nahe an diesem Binnenzipfel erhebt sich einerseits der hochgelegene Kirchhof von Kiel, andererseits Gaarden mit der in kräftiger Entwickelung begriffenen Eisenschiffbauanstalt, aus welcher der¬ einst unsere Panzerschiffe hervorgehn sollen. Von Gaarden ab zieht sich, das ganze jenseitige (rechte) Ufer der Föhrde bis nach der Mündung hin begleitend, eine freundliche Hügelkette, bald ganz nahe an den Saum des Wassers herantretend, bald demselben ferner bleibend. Reizend wechseln Gelb, Grün und Roth der Ackerstreifen auf den Hügeln, deren Begrenzung wegen der verschiedenen Terrainwellenlinien die anmuthigste Mannigfaltigkeit zeigt, und überall sind die heiteren Farben der Ackerbeete durch saftiggrüne hohe Buchenknicks und kleine Wäldchen unterbrochen oder durch Obstpflanzungen, aus deren Laub das lebhafte und doch trauliche Roth neuer Ziegeldächer hervorleuchtet, und so das Vorhan¬ densein halbversteckter wohlhäbiger Dörfer verräth. Besonders zwei derselben, außer Neumühlen, nämlich Wilhelminenhöhe (auch Sandkrug gerannnt) und Ellerbeck fallen uns in die Augen: dicht bei ihnen (also auch nicht weit von dem jetzigen Marinedepot und andererseits von der Schiffbauanstalt bei Gaarden) werden sich künftig die mächtigen Arsenale unserer Kriegs¬ marine mit ihren Docks, Magazinen und Werkstätten erheben, während dahinter die eben erwähnten Höhenzüge ansteigen. Und wenn wir den kleinen Dampfer besteigen wollten, der vom Bahnhof aus die ganze Föhrde hinab bis in die offene See Lustfahrten unternimmt, oder wenn wir im Segelboot die Föhrde hinabkreuzen wollten, würden wir weiterhin und näher der Mündung auf demselben rechten Ufer die Strandschanzen von Mölten- ort und Labor in nächster Nähe zu sehen bekommen — außerdem sind hier noch zwei andere Forts im Entstehen und für dieselben ist noch ein großes Kernwerk als Deckung auf der Landseite projectirt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/149>, abgerufen am 02.07.2024.