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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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Die Lehren, die ihnen dieser "für sie wenig befriedigende Feldzug"
gegeben hat, sind einleuchtend. Die. englische Position an der Grenze ist
unsicher und strategisch ungünstig; sie hat vor sich ein hohes, von Feinden
besetztes Gebirge, unmittelbar im Rücken einen mächtigen Strom, muß durch
eine ganze Reihe von Befestigungen gesichert und fortwährend abpatrouillirt
werden. Einem gemeinsamen Andringen der Gebirgsvölker gegenüber ist
also das linke Jndusufer schwer zu halten. Nunmehr aber scheint man ent¬
schlossen, den Gegnern allen Ernstes Versöhnlichkeit zu zeigen, ihnen vielleicht
sogar Subsidien zu zahlen und den Versuch zu machen, ob sich auf diese
Weise Einfluß über die Grenzwächter Indiens gewinnen läßt. Schwerlich!
Hier liegt immer der wunde Fleck der englischen Herrschaft über Indien,
hier ist das Thor, das einem energischen Feinde offen stehen wird, wenn
dieser es versteht, sich den Völkerschaften als Befreier von der englischen Ge¬
walt darzustellen und wenn er über Mittel genug gebietet, um Kabul zur
dauernden Basis seiner Operationen zu machen.


I- Fr-


Norddeutsche OrieAshäfen.
ö. Kiel, seine Föhrde und deren Befestigung.

Nachdem wir von den Plätzen aller künftigen deutschen Marineetablisse¬
ments in der Ostsee eine Uebersicht gewonnen haben, ist nur noch übrig,
vom Hauptkriegshasen selbst, von Kiel, ein anschauliches Bild zu entwerfen,
das um so größerem Interesse begegnen dürfte, als die Extrafahrt des Zoll¬
parlaments am Schlüsse seiner ersten Session die allgemeine Aufmerksamkeit
noch mehr als vorher auf Kiel gelenkt hat.

Wie wir schon früher ausführten, ist Kiel durch seine Lage wenig dazu
geeignet, die Ostsee zu beherrschen, während dies vom Jasmunder Bodden,
nahe dem weit vorspringenden Vorgebirge Arkona auf Rügen im höchsten
Maße gilt. Dafür ist es aber eben durch diese zurückgezogene Lage weit
besser gegen feindliche Angriffe gedeckt und zum Haupt-Reservekriegshafen
der Ostsee wie geschaffen. Ja, nach Vollendung des Nordostseecanals*)



') Namentlich wenn derselbe in der Neustädter Bucht mündet und einen.Verbindungs-
Schlcuscncanal mit Kiel erhält, sodaß die Flotte aus Kiel nie genöthigt ist, Angesichts eines
feindlichen Blotadegeschwaders um die gefährlichen Untiefen von Bull herum nach Eckem-
sörde zu gehn.

Die Lehren, die ihnen dieser „für sie wenig befriedigende Feldzug"
gegeben hat, sind einleuchtend. Die. englische Position an der Grenze ist
unsicher und strategisch ungünstig; sie hat vor sich ein hohes, von Feinden
besetztes Gebirge, unmittelbar im Rücken einen mächtigen Strom, muß durch
eine ganze Reihe von Befestigungen gesichert und fortwährend abpatrouillirt
werden. Einem gemeinsamen Andringen der Gebirgsvölker gegenüber ist
also das linke Jndusufer schwer zu halten. Nunmehr aber scheint man ent¬
schlossen, den Gegnern allen Ernstes Versöhnlichkeit zu zeigen, ihnen vielleicht
sogar Subsidien zu zahlen und den Versuch zu machen, ob sich auf diese
Weise Einfluß über die Grenzwächter Indiens gewinnen läßt. Schwerlich!
Hier liegt immer der wunde Fleck der englischen Herrschaft über Indien,
hier ist das Thor, das einem energischen Feinde offen stehen wird, wenn
dieser es versteht, sich den Völkerschaften als Befreier von der englischen Ge¬
walt darzustellen und wenn er über Mittel genug gebietet, um Kabul zur
dauernden Basis seiner Operationen zu machen.


I- Fr-


Norddeutsche OrieAshäfen.
ö. Kiel, seine Föhrde und deren Befestigung.

Nachdem wir von den Plätzen aller künftigen deutschen Marineetablisse¬
ments in der Ostsee eine Uebersicht gewonnen haben, ist nur noch übrig,
vom Hauptkriegshasen selbst, von Kiel, ein anschauliches Bild zu entwerfen,
das um so größerem Interesse begegnen dürfte, als die Extrafahrt des Zoll¬
parlaments am Schlüsse seiner ersten Session die allgemeine Aufmerksamkeit
noch mehr als vorher auf Kiel gelenkt hat.

Wie wir schon früher ausführten, ist Kiel durch seine Lage wenig dazu
geeignet, die Ostsee zu beherrschen, während dies vom Jasmunder Bodden,
nahe dem weit vorspringenden Vorgebirge Arkona auf Rügen im höchsten
Maße gilt. Dafür ist es aber eben durch diese zurückgezogene Lage weit
besser gegen feindliche Angriffe gedeckt und zum Haupt-Reservekriegshafen
der Ostsee wie geschaffen. Ja, nach Vollendung des Nordostseecanals*)



') Namentlich wenn derselbe in der Neustädter Bucht mündet und einen.Verbindungs-
Schlcuscncanal mit Kiel erhält, sodaß die Flotte aus Kiel nie genöthigt ist, Angesichts eines
feindlichen Blotadegeschwaders um die gefährlichen Untiefen von Bull herum nach Eckem-
sörde zu gehn.
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[0144] Die Lehren, die ihnen dieser „für sie wenig befriedigende Feldzug" gegeben hat, sind einleuchtend. Die. englische Position an der Grenze ist unsicher und strategisch ungünstig; sie hat vor sich ein hohes, von Feinden besetztes Gebirge, unmittelbar im Rücken einen mächtigen Strom, muß durch eine ganze Reihe von Befestigungen gesichert und fortwährend abpatrouillirt werden. Einem gemeinsamen Andringen der Gebirgsvölker gegenüber ist also das linke Jndusufer schwer zu halten. Nunmehr aber scheint man ent¬ schlossen, den Gegnern allen Ernstes Versöhnlichkeit zu zeigen, ihnen vielleicht sogar Subsidien zu zahlen und den Versuch zu machen, ob sich auf diese Weise Einfluß über die Grenzwächter Indiens gewinnen läßt. Schwerlich! Hier liegt immer der wunde Fleck der englischen Herrschaft über Indien, hier ist das Thor, das einem energischen Feinde offen stehen wird, wenn dieser es versteht, sich den Völkerschaften als Befreier von der englischen Ge¬ walt darzustellen und wenn er über Mittel genug gebietet, um Kabul zur dauernden Basis seiner Operationen zu machen. I- Fr- Norddeutsche OrieAshäfen. ö. Kiel, seine Föhrde und deren Befestigung. Nachdem wir von den Plätzen aller künftigen deutschen Marineetablisse¬ ments in der Ostsee eine Uebersicht gewonnen haben, ist nur noch übrig, vom Hauptkriegshasen selbst, von Kiel, ein anschauliches Bild zu entwerfen, das um so größerem Interesse begegnen dürfte, als die Extrafahrt des Zoll¬ parlaments am Schlüsse seiner ersten Session die allgemeine Aufmerksamkeit noch mehr als vorher auf Kiel gelenkt hat. Wie wir schon früher ausführten, ist Kiel durch seine Lage wenig dazu geeignet, die Ostsee zu beherrschen, während dies vom Jasmunder Bodden, nahe dem weit vorspringenden Vorgebirge Arkona auf Rügen im höchsten Maße gilt. Dafür ist es aber eben durch diese zurückgezogene Lage weit besser gegen feindliche Angriffe gedeckt und zum Haupt-Reservekriegshafen der Ostsee wie geschaffen. Ja, nach Vollendung des Nordostseecanals*) ') Namentlich wenn derselbe in der Neustädter Bucht mündet und einen.Verbindungs- Schlcuscncanal mit Kiel erhält, sodaß die Flotte aus Kiel nie genöthigt ist, Angesichts eines feindlichen Blotadegeschwaders um die gefährlichen Untiefen von Bull herum nach Eckem- sörde zu gehn.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/144>, abgerufen am 02.07.2024.