Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band.dem englischen Grundsatz, da ein Licht aufzupflanzen, wo das Verkehrsbedürf¬ Solange der alte deutsche Bund bestand, wurde an eine zeitgemäße Ent¬ Aber auch wenn der Deutsche bewußtermaßen unter dem Impulse der Den Urhebern dieses Beschlusses -- denen übrigens eine beträchtliche und dem englischen Grundsatz, da ein Licht aufzupflanzen, wo das Verkehrsbedürf¬ Solange der alte deutsche Bund bestand, wurde an eine zeitgemäße Ent¬ Aber auch wenn der Deutsche bewußtermaßen unter dem Impulse der Den Urhebern dieses Beschlusses — denen übrigens eine beträchtliche und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0470" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/117472"/> <p xml:id="ID_1538" prev="#ID_1537"> dem englischen Grundsatz, da ein Licht aufzupflanzen, wo das Verkehrsbedürf¬<lb/> niß es gebieterisch erheischt. Nicht einmal die Wesermündung, nächst der<lb/> Elbmündung doch die befahrenste und wichtigste unserer Seewasserstraßen,<lb/> ist ausreichend beleuchtet. Sie bedarf dringend eines zweiten Feuerschiffs in<lb/> der Nähe der Schlüsseltonne, der das bremer Wappen tragenden am weitesten<lb/> ins Meer hinausliegenden Bezeichnung des Weserfahrwassers. Noch schlimmer<lb/> steht es um die Lichter längs der ostfriesischen Inselreihe, in deren Angesicht die<lb/> Mehrzahl der Schiffe, welche von oder nach der Elbe oder der Weser fahren,<lb/> ihren Weg zu suchen pflegen. Ein Feuerschiff vor der Insel Borkum, ein<lb/> Leuchtthurm auf Norderney, Baltrum oder Spiekeroog gehören zu den un¬<lb/> entbehrlichsten Anstalten, um die Nordseeschifffahrt sicher zu machen. Daß<lb/> sie bald hergestellt werden, ist eine nationale Ehrenpflicht, denn nicht allein<lb/> deutsche, auch fremde Schiffe, Mannschaften und Passagiere leiden unter der<lb/> mangelhaften Beleuchtung der deutschen Küstengewässer, und was andere<lb/> Nationen in der Nähe ihrer Häfen und Buchten zu unseren Gunsten bereit¬<lb/> halten, das dürfen sie umgekehrt auch von uns erwarten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1539"> Solange der alte deutsche Bund bestand, wurde an eine zeitgemäße Ent¬<lb/> wicklung des Leuchtwesens nicht einmal gedacht. Man müszte auf soviel<lb/> andere näher liegende und vergleichsweise wichtigere Wünsche verzichten, daß<lb/> es sogut wie niemandem einfiel, eine Ueberwindung des bureaukratisch-parti-<lb/> cularistischen Schlendrians auf diesem Gebiet auch nur für möglich zu halten.<lb/> Der folgenreiche Umschwung des Jahres 1866 hat auch in dieser Beziehung<lb/> die Anschauungen verändert. Man wagt jetzt den Gedanken zu fassen, daß<lb/> die deutschen Ufer eines Tags ebenso vollkommen beleuchtet sein könnten, so¬<lb/> wohl was" die Dichtigkeit der Thürme und Schiffe, als was die Zweckmäßig¬<lb/> keit ihrer Leuchteinrichtungen betrifft, wie die soviel längere Küstenerstreckung<lb/> Frankreichs oder der britischen Inseln.</p><lb/> <p xml:id="ID_1540"> Aber auch wenn der Deutsche bewußtermaßen unter dem Impulse der<lb/> vaterländischen Einheitsbewegung handelt, schlägt ihn der altererbte Geist<lb/> furchtsamer und mißtrauischer Sonderbündelei immer noch in den Nacken.<lb/> Die bremer Bürgerschaft hat dieser Tage einen Antrag angenommen, der,<lb/> wenn er die Zustimmung des Senats und weiterhin noch anderer anspre¬<lb/> chender Instanzen finden sollte — was freilich nicht zu befürchten steht — die<lb/> Entwickelung unseres Beleuchtwesens auf einen Weg leiten würde, der zu<lb/> den Zeiten des alten Bundestags allenfalls hätte betretbar heißen dürfen,<lb/> der aber heute, statt an das nahe und bequem erreichbare Ziel, in einen<lb/> Sumpf zu führen droht.</p><lb/> <p xml:id="ID_1541" next="#ID_1542"> Den Urhebern dieses Beschlusses — denen übrigens eine beträchtliche und<lb/> tapfer kämpfende Minderheit gegenüberstand spukt das englische Trinity<lb/> House im Kopfe. Dieses ist eine alte Körperschaft aus Heinrichs VIII. Zeit,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0470]
dem englischen Grundsatz, da ein Licht aufzupflanzen, wo das Verkehrsbedürf¬
niß es gebieterisch erheischt. Nicht einmal die Wesermündung, nächst der
Elbmündung doch die befahrenste und wichtigste unserer Seewasserstraßen,
ist ausreichend beleuchtet. Sie bedarf dringend eines zweiten Feuerschiffs in
der Nähe der Schlüsseltonne, der das bremer Wappen tragenden am weitesten
ins Meer hinausliegenden Bezeichnung des Weserfahrwassers. Noch schlimmer
steht es um die Lichter längs der ostfriesischen Inselreihe, in deren Angesicht die
Mehrzahl der Schiffe, welche von oder nach der Elbe oder der Weser fahren,
ihren Weg zu suchen pflegen. Ein Feuerschiff vor der Insel Borkum, ein
Leuchtthurm auf Norderney, Baltrum oder Spiekeroog gehören zu den un¬
entbehrlichsten Anstalten, um die Nordseeschifffahrt sicher zu machen. Daß
sie bald hergestellt werden, ist eine nationale Ehrenpflicht, denn nicht allein
deutsche, auch fremde Schiffe, Mannschaften und Passagiere leiden unter der
mangelhaften Beleuchtung der deutschen Küstengewässer, und was andere
Nationen in der Nähe ihrer Häfen und Buchten zu unseren Gunsten bereit¬
halten, das dürfen sie umgekehrt auch von uns erwarten.
Solange der alte deutsche Bund bestand, wurde an eine zeitgemäße Ent¬
wicklung des Leuchtwesens nicht einmal gedacht. Man müszte auf soviel
andere näher liegende und vergleichsweise wichtigere Wünsche verzichten, daß
es sogut wie niemandem einfiel, eine Ueberwindung des bureaukratisch-parti-
cularistischen Schlendrians auf diesem Gebiet auch nur für möglich zu halten.
Der folgenreiche Umschwung des Jahres 1866 hat auch in dieser Beziehung
die Anschauungen verändert. Man wagt jetzt den Gedanken zu fassen, daß
die deutschen Ufer eines Tags ebenso vollkommen beleuchtet sein könnten, so¬
wohl was" die Dichtigkeit der Thürme und Schiffe, als was die Zweckmäßig¬
keit ihrer Leuchteinrichtungen betrifft, wie die soviel längere Küstenerstreckung
Frankreichs oder der britischen Inseln.
Aber auch wenn der Deutsche bewußtermaßen unter dem Impulse der
vaterländischen Einheitsbewegung handelt, schlägt ihn der altererbte Geist
furchtsamer und mißtrauischer Sonderbündelei immer noch in den Nacken.
Die bremer Bürgerschaft hat dieser Tage einen Antrag angenommen, der,
wenn er die Zustimmung des Senats und weiterhin noch anderer anspre¬
chender Instanzen finden sollte — was freilich nicht zu befürchten steht — die
Entwickelung unseres Beleuchtwesens auf einen Weg leiten würde, der zu
den Zeiten des alten Bundestags allenfalls hätte betretbar heißen dürfen,
der aber heute, statt an das nahe und bequem erreichbare Ziel, in einen
Sumpf zu führen droht.
Den Urhebern dieses Beschlusses — denen übrigens eine beträchtliche und
tapfer kämpfende Minderheit gegenüberstand spukt das englische Trinity
House im Kopfe. Dieses ist eine alte Körperschaft aus Heinrichs VIII. Zeit,
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