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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band.

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fahren, und hoffentlich wird diese Vermehrung, seitdem die preußische zur
norddeutschen Bundesmarine geworden ist, in steigenden Progressionen
weiter gehn.

Eine im October 1864 erschienene sehr gut geschriebene Broschüre von
einem unserer tüchtigsten Fachmänner verlangte eine Flotte von 20 Fregatten
zu 50 Geschützen, 10 gedeckte und 10 Glattdeckscorvetten zu 28 und 12 Ge¬
schützen, 6 Küstenpanzerfahrzeuge zu 4 Geschützen, 10 Avisos zu 6 Geschützen,
10 Kanonenboote zu 3, 20 Kanonenboote zu 2 Geschützen und 20 Trans¬
portschiffe zu 6 Geschützen. Von den zuerst genannten 40 Schiffen sollte aber
die Hälfte stets zum Handelsschutz und zur Ausbildung der Mannschaft auf
den drei für Deutschland wichtigsten Stationen sich befinden, d. h. 2 Fregatten
und 2 Corvetten in der Levante, 4 Fregatten und 4 Corvetten im östlichen
Südamerika, und 4 Fregatten und 4 Corvetten in Ostasien. Die, letztge¬
nannten Vorschläge finden wir nun vollständig berücksichtigt in dem Flotten¬
erweiterungsplan, welcher vom Marineministerium im vorigen Jahre dem
Reichstag vorgelegt worden ist, und auch wo dieser Plan von jenen Vor¬
schlägen abweicht, erscheinen uns die Abweichungen nur zweckmäßig. Um
alle disponibel" Geldmittel zunächst auf den Ausbau der beiden Hauptkriegs¬
häfen in Nord- und Ostsee zu concentriren, deren Vollendung das aller-
dringendste Bedürfniß ist, wird von dem Bau der 50-Kanonensregatten ganz
abgesehn. Auch würden dieselben für den Handelsschutz keinen höhern Werth
als die gedeckten Corvetten haben, während sie für Seeschlachten nicht halb
so viel werth sind als Panzerfregatten, deren Seefähigkeit seit der Aufstellung
jener Vorschläge außer allen Zweifel gestellt worden ist. Man wird also
statt der 60-Kanonenfregatten besser Panzersregatten, am zweckmäßigsten nach
dem Ringtunnelsystem, zu bauen haben, sobald die beiden Haupthafen voll¬
endet sind. Trotz des Wegfalls der schweren Fregatten ist indessen die Zahl
der für Handelsschutz und Heranbildung reichlicher Mannschaft in Dienst ge¬
stellten Schiffe in der Regierungsvorlage durchaus nicht vermindert; es sollen
nämlich fast alle Corvetten, 9 gedeckte und 8 Glattdeckscorvetten, fortwährend
auf auswärtigen Stationen im Dienst sein (und zwar aus 3 solchen: Ostasien
Mit Ostindien und Ostafrika, Osten von Nordamerika mit Westindien,
amerikanische Westküste, Osten von Südamerika, endlich Mittelmeer, d. h.
Levante). Aber auch die übrigen 4 Corvetten sollen in Dienst gestellt
sein, als ein in den deutschen Gewässern kreuzendes, durch 6 Panzerschiffe
(behufs Ausbildung der Mannschaft auch auf solchen) verstärktes Uebungs-
geschwader, das jeden Augenblick zur kriegerischen Action bereit ist, als Re-
serveabtheilung die abzulösenden Schiffe auf den auswärtigen Stationen er¬
setzt, bez. die auszubessernden Schiffe übernimmt und in deutschen Häfen
repariren läßt. Und ebenso sollen 4 Schiffe für Ausbildung der Schiffsjungen


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fahren, und hoffentlich wird diese Vermehrung, seitdem die preußische zur
norddeutschen Bundesmarine geworden ist, in steigenden Progressionen
weiter gehn.

Eine im October 1864 erschienene sehr gut geschriebene Broschüre von
einem unserer tüchtigsten Fachmänner verlangte eine Flotte von 20 Fregatten
zu 50 Geschützen, 10 gedeckte und 10 Glattdeckscorvetten zu 28 und 12 Ge¬
schützen, 6 Küstenpanzerfahrzeuge zu 4 Geschützen, 10 Avisos zu 6 Geschützen,
10 Kanonenboote zu 3, 20 Kanonenboote zu 2 Geschützen und 20 Trans¬
portschiffe zu 6 Geschützen. Von den zuerst genannten 40 Schiffen sollte aber
die Hälfte stets zum Handelsschutz und zur Ausbildung der Mannschaft auf
den drei für Deutschland wichtigsten Stationen sich befinden, d. h. 2 Fregatten
und 2 Corvetten in der Levante, 4 Fregatten und 4 Corvetten im östlichen
Südamerika, und 4 Fregatten und 4 Corvetten in Ostasien. Die, letztge¬
nannten Vorschläge finden wir nun vollständig berücksichtigt in dem Flotten¬
erweiterungsplan, welcher vom Marineministerium im vorigen Jahre dem
Reichstag vorgelegt worden ist, und auch wo dieser Plan von jenen Vor¬
schlägen abweicht, erscheinen uns die Abweichungen nur zweckmäßig. Um
alle disponibel» Geldmittel zunächst auf den Ausbau der beiden Hauptkriegs¬
häfen in Nord- und Ostsee zu concentriren, deren Vollendung das aller-
dringendste Bedürfniß ist, wird von dem Bau der 50-Kanonensregatten ganz
abgesehn. Auch würden dieselben für den Handelsschutz keinen höhern Werth
als die gedeckten Corvetten haben, während sie für Seeschlachten nicht halb
so viel werth sind als Panzerfregatten, deren Seefähigkeit seit der Aufstellung
jener Vorschläge außer allen Zweifel gestellt worden ist. Man wird also
statt der 60-Kanonenfregatten besser Panzersregatten, am zweckmäßigsten nach
dem Ringtunnelsystem, zu bauen haben, sobald die beiden Haupthafen voll¬
endet sind. Trotz des Wegfalls der schweren Fregatten ist indessen die Zahl
der für Handelsschutz und Heranbildung reichlicher Mannschaft in Dienst ge¬
stellten Schiffe in der Regierungsvorlage durchaus nicht vermindert; es sollen
nämlich fast alle Corvetten, 9 gedeckte und 8 Glattdeckscorvetten, fortwährend
auf auswärtigen Stationen im Dienst sein (und zwar aus 3 solchen: Ostasien
Mit Ostindien und Ostafrika, Osten von Nordamerika mit Westindien,
amerikanische Westküste, Osten von Südamerika, endlich Mittelmeer, d. h.
Levante). Aber auch die übrigen 4 Corvetten sollen in Dienst gestellt
sein, als ein in den deutschen Gewässern kreuzendes, durch 6 Panzerschiffe
(behufs Ausbildung der Mannschaft auch auf solchen) verstärktes Uebungs-
geschwader, das jeden Augenblick zur kriegerischen Action bereit ist, als Re-
serveabtheilung die abzulösenden Schiffe auf den auswärtigen Stationen er¬
setzt, bez. die auszubessernden Schiffe übernimmt und in deutschen Häfen
repariren läßt. Und ebenso sollen 4 Schiffe für Ausbildung der Schiffsjungen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_117005/355>, abgerufen am 24.08.2024.