Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band.Striegel', sei ich vom Rosenmund verbannt!' ,Stopfensack, bist du zur Hand?' Zeigt- sich nun der Dichter in dieser Schilderung mehr als Spötter Die einzelnen Fragen, die der Knappe hier thut und der Ritter beant¬ Striegel', sei ich vom Rosenmund verbannt!' ,Stopfensack, bist du zur Hand?' Zeigt- sich nun der Dichter in dieser Schilderung mehr als Spötter Die einzelnen Fragen, die der Knappe hier thut und der Ritter beant¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0335" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/117339"/> <p xml:id="ID_918" prev="#ID_917"> Striegel', sei ich vom Rosenmund verbannt!' ,Stopfensack, bist du zur Hand?'<lb/> Sprach Großschlund, sein Geselle fein: ,Wir fliehn nicht in den Wald hinein.<lb/> Der Landfrieden ist ja so gut, daß keiner irgend was uns thut/ ,Wie freu<lb/> ich mich!' sprach Geißfuß. Nun höre, Freund, boshaften Gruß! ,Gott soll<lb/> den Herzog uns erhalten, bei dem wir so im Lande schalten!' — Zur Straße<lb/> eilen dann die Herrn, ich folge hinterdrein von fern. Denn seht, so muß<lb/> ich mich ernähren, Herr Julian, und davon zehren. Wenn ich da Scharlach<lb/> nicht erjage, noch Zobel, nun was thut's? ich trage ein Bauernwamms<lb/> davon, auch gut. ,Jhr edlen Herrn, habt guten Muth!' So seur' ich an<lb/> solch einen Ritter. Und kehrt er dann zurück und tritt er ins Haus, so<lb/> mahnt sein Liebchen ihn, Daß er die Bauern lasse knien." — Der Brief<lb/> schließt mit dem Wunsche, daß Herr Julian indessen im Viertel unterm<lb/> Mannhardtsberg mit demselben Geschäft recht viel Glück haben möge.</p><lb/> <p xml:id="ID_919"> Zeigt- sich nun der Dichter in dieser Schilderung mehr als Spötter<lb/> denn als bittrer Tadler, so neigt er in mehreren anderen Gedichten noch<lb/> mehr zu einer ruhigen Auffassung und zu heitern, lächerlichen Bildern. Zu<lb/> dieser Mäßigung mochte er auch dadurch veranlaßt werden, daß seine früheren<lb/> Gedichte ihm nicht wenige Feinde gemacht zu haben scheinen. Er suchte daher<lb/> die Verantwortlichkeit für seine kecken Reden von sich selbst abzuwälzen und<lb/> fand eine sehr glückliche Figur, die er zu ihrem Träger machte. Er gab fortan<lb/> seinen Gedichten die Form von Gesprächen mit einem Knappen, den er so<lb/> dreist und fürwitzig erscheinen ließ wie er wollte, während er selbst ihm gegen¬<lb/> über eine zurückhaltende, mildernde und belehrende Stellung einnahm. Er<lb/> verglich diese Dichtungsform in dem Einführungsgedicht (I.) mit dem Buche<lb/> Lucidarius, einem damals beliebten Katechismus.</p><lb/> <p xml:id="ID_920" next="#ID_921"> Die einzelnen Fragen, die der Knappe hier thut und der Ritter beant¬<lb/> wortet, sind nun nicht gerade in logischer Ordnung aneinandergereiht. Nach<lb/> Besprechung einiger Gegenstände allgemeiner Art, des Geizes, der Thorheit,<lb/> die ein Alter begeht, indem er eine junge Frau nimmt, — springt der Knappe<lb/> über zu einem ganz besondern Thema, dem Lieblingsthema unseres Dichters.<lb/> Er verwundert sich, daß in Ungarland, so groß es sei, die Leute doch nicht<lb/> einen Fuß breit von ihrer ungarischen Landesart abgingen, während in Oest¬<lb/> reich, dem kleinen Herzogthum, so ganz verschiedene Sitten herrschten. Da<lb/> seien einige in der Gegend ob dem Mannhardtsberg, die trügen eine so<lb/> wunderliche Art von Wamms, daß an einem ihrer Aermel vier Männer zu<lb/> ihren Wappenröcken genug hätten. Wo in der unförmlichen Gestalt der<lb/> Rücken und wo die Brust stecke, könne niemand errathen. Der Meister ent¬<lb/> gegnen. ,Nun ermiß an deinem Leide, wie ich es dir bescheide. Der Rock<lb/> ist das beste Einkommen des Trägers, wenn er bei Nacht und Nebel über<lb/> Feld reitet. Dann trägt er Brecheisen, Dietriche und eine ganze Rüstkammer</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0335]
Striegel', sei ich vom Rosenmund verbannt!' ,Stopfensack, bist du zur Hand?'
Sprach Großschlund, sein Geselle fein: ,Wir fliehn nicht in den Wald hinein.
Der Landfrieden ist ja so gut, daß keiner irgend was uns thut/ ,Wie freu
ich mich!' sprach Geißfuß. Nun höre, Freund, boshaften Gruß! ,Gott soll
den Herzog uns erhalten, bei dem wir so im Lande schalten!' — Zur Straße
eilen dann die Herrn, ich folge hinterdrein von fern. Denn seht, so muß
ich mich ernähren, Herr Julian, und davon zehren. Wenn ich da Scharlach
nicht erjage, noch Zobel, nun was thut's? ich trage ein Bauernwamms
davon, auch gut. ,Jhr edlen Herrn, habt guten Muth!' So seur' ich an
solch einen Ritter. Und kehrt er dann zurück und tritt er ins Haus, so
mahnt sein Liebchen ihn, Daß er die Bauern lasse knien." — Der Brief
schließt mit dem Wunsche, daß Herr Julian indessen im Viertel unterm
Mannhardtsberg mit demselben Geschäft recht viel Glück haben möge.
Zeigt- sich nun der Dichter in dieser Schilderung mehr als Spötter
denn als bittrer Tadler, so neigt er in mehreren anderen Gedichten noch
mehr zu einer ruhigen Auffassung und zu heitern, lächerlichen Bildern. Zu
dieser Mäßigung mochte er auch dadurch veranlaßt werden, daß seine früheren
Gedichte ihm nicht wenige Feinde gemacht zu haben scheinen. Er suchte daher
die Verantwortlichkeit für seine kecken Reden von sich selbst abzuwälzen und
fand eine sehr glückliche Figur, die er zu ihrem Träger machte. Er gab fortan
seinen Gedichten die Form von Gesprächen mit einem Knappen, den er so
dreist und fürwitzig erscheinen ließ wie er wollte, während er selbst ihm gegen¬
über eine zurückhaltende, mildernde und belehrende Stellung einnahm. Er
verglich diese Dichtungsform in dem Einführungsgedicht (I.) mit dem Buche
Lucidarius, einem damals beliebten Katechismus.
Die einzelnen Fragen, die der Knappe hier thut und der Ritter beant¬
wortet, sind nun nicht gerade in logischer Ordnung aneinandergereiht. Nach
Besprechung einiger Gegenstände allgemeiner Art, des Geizes, der Thorheit,
die ein Alter begeht, indem er eine junge Frau nimmt, — springt der Knappe
über zu einem ganz besondern Thema, dem Lieblingsthema unseres Dichters.
Er verwundert sich, daß in Ungarland, so groß es sei, die Leute doch nicht
einen Fuß breit von ihrer ungarischen Landesart abgingen, während in Oest¬
reich, dem kleinen Herzogthum, so ganz verschiedene Sitten herrschten. Da
seien einige in der Gegend ob dem Mannhardtsberg, die trügen eine so
wunderliche Art von Wamms, daß an einem ihrer Aermel vier Männer zu
ihren Wappenröcken genug hätten. Wo in der unförmlichen Gestalt der
Rücken und wo die Brust stecke, könne niemand errathen. Der Meister ent¬
gegnen. ,Nun ermiß an deinem Leide, wie ich es dir bescheide. Der Rock
ist das beste Einkommen des Trägers, wenn er bei Nacht und Nebel über
Feld reitet. Dann trägt er Brecheisen, Dietriche und eine ganze Rüstkammer
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