Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band.Truppen, welche erst in der Vorstadt gelegen, waren wegen der Masse Men¬ Truppen, welche erst in der Vorstadt gelegen, waren wegen der Masse Men¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0280" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/117284"/> <p xml:id="ID_731" prev="#ID_730" next="#ID_732"> Truppen, welche erst in der Vorstadt gelegen, waren wegen der Masse Men¬<lb/> schen wo anders hin marschirt, man sah aber täglich eine große Menge Offi¬<lb/> ziers und Soldaten aus und eingehen. In der Pleißenburg lag nur eine<lb/> Compagnie von denen Gustav (?), welche sehr travailliret aussahen. Den<lb/> Sonntag waren wir nebst Monsieur von Resten und anderen Landsleuten<lb/> hinaus nach dem zwei Stunden von Leipzig gelegenen Ort Nanstedt ge¬<lb/> fahren, allwo Jhro Königl. Majestät von Schweden ihr Hauptquartier<lb/> hatten und gingen da des Vormittags in die Predigt, welche der Herr Super¬<lb/> intendent Dr. Meyer aus Bremen damals hielt. Wir hatten da Gelegen¬<lb/> heit, den König nebst allen seinen bei sich habenden Generalen und-Räthen<lb/> uns recht zu betrachten. So lange als vor der Predigt gesungen und der<lb/> Text abgelesen wird, stehet der König, nachdem aber setzet er sich und leget<lb/> den Kopf vorn nieder. Wie nach der Predigt gebetet wird, lieget er wie<lb/> jeder andere auf den Knieen, so daß er sich in allen Stücken sehr devot er¬<lb/> zeiget. Der Herzog von Mecklenburg und Prinz von Württemberg, wie auch<lb/> der Graf Piper, Reinschild, Stromberg und andere begleiteten den König<lb/> hernach nach seinem Cabinet. Eine Stunde hernach wurde zur Tafel geblasen,<lb/> und wie nun ein jeder begierig wurde, den König auch speisen zu sehen, so<lb/> war es ein schrecklich Gedränge von Menschen, sodaß die schwedische Wache,<lb/> so vor dem Taselgemach stund, genöthigt war vor sich zu schlagen, denn das<lb/> Gemach war schon so voll Zuschauer, daß fast keiner mehr hinein konnte<lb/> und niemand hatte die Geduld, so lange zu warten, bis die Einen hinein und<lb/> die Andern wieder heraus gelassen wurden. Ich kam nebst noch einigen<lb/> Landsleuten, durch Hilfe eines Freundes aus Leipzig umgeschlagen hinein,<lb/> inzwischen Andere, die solches auch Probiren wollten, mit Schlägen abgewiesen<lb/> wurden. Das Logement war gar nicht hübsch aufgezieret und nichts anderes<lb/> darin zu sehen, als eine Partie Carabiners, Pauken und Trompeten. Des<lb/> Königs Cabinet war gleich nebenan und stunden zwei von der Garde davor.<lb/> Nachdem wir ein wenig im Gemach gewesen, kam der König mit großen<lb/> Geschwindschritten herein, begleitet vom Herzog von Mecklenburg, dem Prin¬<lb/> zen von Württemberg, General Neinschild, Stromberg und noch einigen ande¬<lb/> ren Offiziers mehr. Nachdem durch einen schwedischen Pagen das Gebet ge¬<lb/> sprochen war, setzte sich ein jeder an seinem Platz nieder. Hinter dem König<lb/> stund ein Kammerherr, und dem Könige gegenüber der Tranchirer- Ihre<lb/> Königl. Majestät sahen die meiste Zeit vor sich nieder und waren voller Ge¬<lb/> danken, thaten aber eine gute Mahlzeit, doch nahmen sie nicht mehr als<lb/> einen Becher voll Bier und das zu fünf bis sechs Malen. Die anderen<lb/> Herren redeten zwar zuweilen miteinander, der König aber nicht. Unter den<lb/> Pagen und Laquaien, die hinter dem Tisch aufwarteten, war auch ein kleiner<lb/> polnischer Knabe mit einem geschorenen Kopf und ein Finger breitem Haar</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0280]
Truppen, welche erst in der Vorstadt gelegen, waren wegen der Masse Men¬
schen wo anders hin marschirt, man sah aber täglich eine große Menge Offi¬
ziers und Soldaten aus und eingehen. In der Pleißenburg lag nur eine
Compagnie von denen Gustav (?), welche sehr travailliret aussahen. Den
Sonntag waren wir nebst Monsieur von Resten und anderen Landsleuten
hinaus nach dem zwei Stunden von Leipzig gelegenen Ort Nanstedt ge¬
fahren, allwo Jhro Königl. Majestät von Schweden ihr Hauptquartier
hatten und gingen da des Vormittags in die Predigt, welche der Herr Super¬
intendent Dr. Meyer aus Bremen damals hielt. Wir hatten da Gelegen¬
heit, den König nebst allen seinen bei sich habenden Generalen und-Räthen
uns recht zu betrachten. So lange als vor der Predigt gesungen und der
Text abgelesen wird, stehet der König, nachdem aber setzet er sich und leget
den Kopf vorn nieder. Wie nach der Predigt gebetet wird, lieget er wie
jeder andere auf den Knieen, so daß er sich in allen Stücken sehr devot er¬
zeiget. Der Herzog von Mecklenburg und Prinz von Württemberg, wie auch
der Graf Piper, Reinschild, Stromberg und andere begleiteten den König
hernach nach seinem Cabinet. Eine Stunde hernach wurde zur Tafel geblasen,
und wie nun ein jeder begierig wurde, den König auch speisen zu sehen, so
war es ein schrecklich Gedränge von Menschen, sodaß die schwedische Wache,
so vor dem Taselgemach stund, genöthigt war vor sich zu schlagen, denn das
Gemach war schon so voll Zuschauer, daß fast keiner mehr hinein konnte
und niemand hatte die Geduld, so lange zu warten, bis die Einen hinein und
die Andern wieder heraus gelassen wurden. Ich kam nebst noch einigen
Landsleuten, durch Hilfe eines Freundes aus Leipzig umgeschlagen hinein,
inzwischen Andere, die solches auch Probiren wollten, mit Schlägen abgewiesen
wurden. Das Logement war gar nicht hübsch aufgezieret und nichts anderes
darin zu sehen, als eine Partie Carabiners, Pauken und Trompeten. Des
Königs Cabinet war gleich nebenan und stunden zwei von der Garde davor.
Nachdem wir ein wenig im Gemach gewesen, kam der König mit großen
Geschwindschritten herein, begleitet vom Herzog von Mecklenburg, dem Prin¬
zen von Württemberg, General Neinschild, Stromberg und noch einigen ande¬
ren Offiziers mehr. Nachdem durch einen schwedischen Pagen das Gebet ge¬
sprochen war, setzte sich ein jeder an seinem Platz nieder. Hinter dem König
stund ein Kammerherr, und dem Könige gegenüber der Tranchirer- Ihre
Königl. Majestät sahen die meiste Zeit vor sich nieder und waren voller Ge¬
danken, thaten aber eine gute Mahlzeit, doch nahmen sie nicht mehr als
einen Becher voll Bier und das zu fünf bis sechs Malen. Die anderen
Herren redeten zwar zuweilen miteinander, der König aber nicht. Unter den
Pagen und Laquaien, die hinter dem Tisch aufwarteten, war auch ein kleiner
polnischer Knabe mit einem geschorenen Kopf und ein Finger breitem Haar
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |