Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band.Pause begreiflich. Es ist ein Wechsel der Temperatur, der in der Natur Dennoch will dieser Trost mit sammt dem herabgesetzten Briefporto nicht Und hier ist der Punkt, wo die Wege des Ministeriums Varnbüler und Wie ein längst entschwundener Traum gemahnen jetzt in eisiger Winter¬ Grenzboten I. 1868. 3
Pause begreiflich. Es ist ein Wechsel der Temperatur, der in der Natur Dennoch will dieser Trost mit sammt dem herabgesetzten Briefporto nicht Und hier ist der Punkt, wo die Wege des Ministeriums Varnbüler und Wie ein längst entschwundener Traum gemahnen jetzt in eisiger Winter¬ Grenzboten I. 1868. 3
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Pause begreiflich. Es ist ein Wechsel der Temperatur, der in der Natur
der Dinge liegt, und der in dem vorliegenden Fall um so unvermeidlicher
war, als jene Bewegung bei den vorhandenen Widerstandkräften durch un¬
gewöhnliche und künstliche Mittel hatte unterstützt werden müssen, die erst
dann wieder zu gewinnen sind, wenn abermals die eherne Nothwendigkeit
sie ruft. Auch würde es eine allzu lebhafte Ungeduld verrathen, wenn man
sich beklagen wollte, daß seit jenen Verträgen nicht bereits weitere That¬
sachen im Sinn der Vereinigung von Nord und Süd zu verzeichnen sind.
Und übrigens fehlt es ja gar nicht an Dokumenten, daß auch seitdem die
Einheitskräfte nicht geruht haben; ist doch wenigstens der Zollvertrag ein
weiterer Schritt für Einheit auf einem zwar beschränkten, doch nicht verächt¬
lichen und unwichtigen Gebiet.
Dennoch will dieser Trost mit sammt dem herabgesetzten Briefporto nicht
recht verfangen. Wir sind nun einmal verwöhnt durch den Sturmschritt, in wel¬
chem das vorige Jahr einhergegangen ist. Rückschritt erscheint uns, wenn
Stillstand in der Bewegung eintreten will, die für uns noch lange nicht zur
Ruhe gekommen ist. Die bisherigen Erfolge sind Etappen, die uns das Ziel
näher bringen sollen, aber das Ziel nicht ersetzen können. Und wo es nicht
anerkannt wird, daß die jetzigen Zustände nur provisorische sind, nur Ab¬
schlagszahlungen, die höchstens eine Weile befriedigen können, da ist der
Verdacht verzeihlich, daß selbst jene Verträge, wenn durch sie dauernde Ein¬
richtungen geschaffen werden sollten, zweischneidige Instrumente sind, die mög¬
licherweise ebenso aufhalten als fördern können.
Und hier ist der Punkt, wo die Wege des Ministeriums Varnbüler und
der nationalen Partei des Landes sich trennen oder vielmehr sich getrennt
haben. Die Freundschaft, wenn man so sagen darf, die zwischen beiden zum
Zweck, jene Verträge durchzusetzen, bestand, hat nie einen hohen Wärmegrad
gehabt. Es war vorauszusehen, daß sie sich wieder lockern würde. Daß
sie aber so rasch und vollständig in die Brüche ging, daran trifft jedenfalls
die nationale Partei keine Schuld, welche ihrerseits aus ihren letzten Zielen
kein Hehl gemacht und nichts von dem , was sie in jenen Wochen gethan und
gesprochen, zurückzunehmen hat.
Wie ein längst entschwundener Traum gemahnen jetzt in eisiger Winter¬
zeit jene sonnigen Herbsttage, da die Regierung und die Krone selbst ein so
feuriges Interesse für die nationale Verbindung mit Preußen an den Tag
legten. Herr v. Varnbüler war ein anderer vor Königgrätz, ein anderer nach
Königgrätz; ein anderer vor Genehmigung der Verträge, ein anderer nach
derselben. Kaum war der knappe Sieg in den Kammern erfochten, so be¬
gann der Wind aus anderer Himmelsgegend zu blasen. Bis Hieher und nicht
weiter — mit diesem Gedanken erfolgte die zustimmende Unterschrift. Nach-
Grenzboten I. 1868. 3
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