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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band.

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ohne Nachtheil unter das angegebene Maß herabgehen darf. Allerdings ist
es ein Gedanke von achtungswerther Konsequenz, daß bei der Nothwendig¬
keit möglichst schweren Calibers das Schiff eigentlich nur eine schwimmende
Lafette (ÜOiitinA Ap.n-earriagv) für ein einziges möglichst schweres Geschütz
sein müsse, und dieser Gedanke des englischen Unterstaatssecretairs Stansfield
fand denn auch im englischen Unterhause gelegentlich der Flottendebatten vor
einigen Jahren die beifälligste Würdigung. Aber wie jedes Prinzip, aus
die Spitze getrieben, für die Praxis unhaltbar wird, so ist es auch mit
dieser an sich sehr geistreichen und sehr bestechenden Ansicht. Wir, haben
bereits oben gezeigt, daß ein Schiff von der Größe, wie sie durch die
nothwendigen Anforderungen an Schnelligkeit und Stabilität geboten iI,
ebensogut wie ein einziges Geschütz des größten für Schiffe anwendbaren
Calibers deren mehrere führen kann, da hier nicht sowohl die allgemeine
Tragfähigkeit des Schiffs, als vielmehr die locale Widerstandskraft in Be¬
tracht kommt. Ferner würde das Schiff mit nur einem Geschütz sofort ganz
werthlos werden, sobald das letztere beschädigt ist, und außerdem leiden die
größten Caliber an dem bedenklichen Fehler, daß sie nur in sehr großen
Pausen zu feuern vermögen, der Armstrong 600 Pfänder z, B. nur dreimal
in einer Stunde, weshalb das Schiff mit nur einem Geschütz überhaupt viel
zu selten feuern könnte. Wir werden also für unsere Hochseeschiffe am besten
die Zahl von 8--12 Pivotgeschützen anzunehmen haben, indem wir den an
sich richtigen Grundsatz, statt vieler leichter Geschütze wenige schwere Geschütze
anzuwenden, nicht übertreiben.

Zur Deckung dieser Geschütze auf dem Oberdeck wirkliche drehbare Thürme
anzubringen, würde aber nach dem, was wir früher bei Besprechung des "Ar-
minius" über dieselben bemerkten, nicht gerade praktisch sein. Denn es würde
dabei der schwerwiegende Fehler der Thürme zur Geltung kommen, daß die¬
selben zu viel von der drehbaren Maschinerie den Schüssen des Feindes aus¬
setzen und durch den heftigen Rückprall der letzteren, sowie durch den Rück¬
prall ihres eigenen schweren Geschützes, mit der Zeit in ihren Drehungsachsen
verbogen oder in den Führungen festgeklemmt werden. Ein zweiter, nicht
weniger bedeutender Fehler der Thürme ist es, daß sie entweder für Schüsse
mit hoher Elevation eine sehr hoch über dem Fußboden liegende Decke und
sehr hohe Geschützpforten haben, also viel Fläche exponiren müssen, oder
aber, daß sie, wie der "Arminius", gänzlich darauf verzichten müssen, mit
großer Elevation oder Depression zu feuern, daß sie also dann weder weit
entfernte Schiffe, noch auch hochgelegene Küstenbatterien*) beschießen können,



") Man denke an die Rolle des dänischen "Rolf Krake" gegenüber d°r> hoch gelegenen
preußischen Batterien bei Düppel! Ueberdies durchschossen die lepleren dem Schiffe, dessen P""'

ohne Nachtheil unter das angegebene Maß herabgehen darf. Allerdings ist
es ein Gedanke von achtungswerther Konsequenz, daß bei der Nothwendig¬
keit möglichst schweren Calibers das Schiff eigentlich nur eine schwimmende
Lafette (ÜOiitinA Ap.n-earriagv) für ein einziges möglichst schweres Geschütz
sein müsse, und dieser Gedanke des englischen Unterstaatssecretairs Stansfield
fand denn auch im englischen Unterhause gelegentlich der Flottendebatten vor
einigen Jahren die beifälligste Würdigung. Aber wie jedes Prinzip, aus
die Spitze getrieben, für die Praxis unhaltbar wird, so ist es auch mit
dieser an sich sehr geistreichen und sehr bestechenden Ansicht. Wir, haben
bereits oben gezeigt, daß ein Schiff von der Größe, wie sie durch die
nothwendigen Anforderungen an Schnelligkeit und Stabilität geboten iI,
ebensogut wie ein einziges Geschütz des größten für Schiffe anwendbaren
Calibers deren mehrere führen kann, da hier nicht sowohl die allgemeine
Tragfähigkeit des Schiffs, als vielmehr die locale Widerstandskraft in Be¬
tracht kommt. Ferner würde das Schiff mit nur einem Geschütz sofort ganz
werthlos werden, sobald das letztere beschädigt ist, und außerdem leiden die
größten Caliber an dem bedenklichen Fehler, daß sie nur in sehr großen
Pausen zu feuern vermögen, der Armstrong 600 Pfänder z, B. nur dreimal
in einer Stunde, weshalb das Schiff mit nur einem Geschütz überhaupt viel
zu selten feuern könnte. Wir werden also für unsere Hochseeschiffe am besten
die Zahl von 8—12 Pivotgeschützen anzunehmen haben, indem wir den an
sich richtigen Grundsatz, statt vieler leichter Geschütze wenige schwere Geschütze
anzuwenden, nicht übertreiben.

Zur Deckung dieser Geschütze auf dem Oberdeck wirkliche drehbare Thürme
anzubringen, würde aber nach dem, was wir früher bei Besprechung des „Ar-
minius" über dieselben bemerkten, nicht gerade praktisch sein. Denn es würde
dabei der schwerwiegende Fehler der Thürme zur Geltung kommen, daß die¬
selben zu viel von der drehbaren Maschinerie den Schüssen des Feindes aus¬
setzen und durch den heftigen Rückprall der letzteren, sowie durch den Rück¬
prall ihres eigenen schweren Geschützes, mit der Zeit in ihren Drehungsachsen
verbogen oder in den Führungen festgeklemmt werden. Ein zweiter, nicht
weniger bedeutender Fehler der Thürme ist es, daß sie entweder für Schüsse
mit hoher Elevation eine sehr hoch über dem Fußboden liegende Decke und
sehr hohe Geschützpforten haben, also viel Fläche exponiren müssen, oder
aber, daß sie, wie der „Arminius", gänzlich darauf verzichten müssen, mit
großer Elevation oder Depression zu feuern, daß sie also dann weder weit
entfernte Schiffe, noch auch hochgelegene Küstenbatterien*) beschießen können,



") Man denke an die Rolle des dänischen „Rolf Krake" gegenüber d°r> hoch gelegenen
preußischen Batterien bei Düppel! Ueberdies durchschossen die lepleren dem Schiffe, dessen P»»'
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[0230] ohne Nachtheil unter das angegebene Maß herabgehen darf. Allerdings ist es ein Gedanke von achtungswerther Konsequenz, daß bei der Nothwendig¬ keit möglichst schweren Calibers das Schiff eigentlich nur eine schwimmende Lafette (ÜOiitinA Ap.n-earriagv) für ein einziges möglichst schweres Geschütz sein müsse, und dieser Gedanke des englischen Unterstaatssecretairs Stansfield fand denn auch im englischen Unterhause gelegentlich der Flottendebatten vor einigen Jahren die beifälligste Würdigung. Aber wie jedes Prinzip, aus die Spitze getrieben, für die Praxis unhaltbar wird, so ist es auch mit dieser an sich sehr geistreichen und sehr bestechenden Ansicht. Wir, haben bereits oben gezeigt, daß ein Schiff von der Größe, wie sie durch die nothwendigen Anforderungen an Schnelligkeit und Stabilität geboten iI, ebensogut wie ein einziges Geschütz des größten für Schiffe anwendbaren Calibers deren mehrere führen kann, da hier nicht sowohl die allgemeine Tragfähigkeit des Schiffs, als vielmehr die locale Widerstandskraft in Be¬ tracht kommt. Ferner würde das Schiff mit nur einem Geschütz sofort ganz werthlos werden, sobald das letztere beschädigt ist, und außerdem leiden die größten Caliber an dem bedenklichen Fehler, daß sie nur in sehr großen Pausen zu feuern vermögen, der Armstrong 600 Pfänder z, B. nur dreimal in einer Stunde, weshalb das Schiff mit nur einem Geschütz überhaupt viel zu selten feuern könnte. Wir werden also für unsere Hochseeschiffe am besten die Zahl von 8—12 Pivotgeschützen anzunehmen haben, indem wir den an sich richtigen Grundsatz, statt vieler leichter Geschütze wenige schwere Geschütze anzuwenden, nicht übertreiben. Zur Deckung dieser Geschütze auf dem Oberdeck wirkliche drehbare Thürme anzubringen, würde aber nach dem, was wir früher bei Besprechung des „Ar- minius" über dieselben bemerkten, nicht gerade praktisch sein. Denn es würde dabei der schwerwiegende Fehler der Thürme zur Geltung kommen, daß die¬ selben zu viel von der drehbaren Maschinerie den Schüssen des Feindes aus¬ setzen und durch den heftigen Rückprall der letzteren, sowie durch den Rück¬ prall ihres eigenen schweren Geschützes, mit der Zeit in ihren Drehungsachsen verbogen oder in den Führungen festgeklemmt werden. Ein zweiter, nicht weniger bedeutender Fehler der Thürme ist es, daß sie entweder für Schüsse mit hoher Elevation eine sehr hoch über dem Fußboden liegende Decke und sehr hohe Geschützpforten haben, also viel Fläche exponiren müssen, oder aber, daß sie, wie der „Arminius", gänzlich darauf verzichten müssen, mit großer Elevation oder Depression zu feuern, daß sie also dann weder weit entfernte Schiffe, noch auch hochgelegene Küstenbatterien*) beschießen können, ") Man denke an die Rolle des dänischen „Rolf Krake" gegenüber d°r> hoch gelegenen preußischen Batterien bei Düppel! Ueberdies durchschossen die lepleren dem Schiffe, dessen P»»'

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_117005/230>, abgerufen am 05.02.2025.