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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band.

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werden, und unser Vorschlag für den "König Wilhelm" geht deshalb dahin,
die hydraulische Reaction nicht so wie bei der "Waterwitch" anzuwenden,
sondern nur als Hilfsmaschine *).

Auch in der Batterieeinrichtung sei eine Verbesserung für den "Kö¬
nig Wilhelm" vorgeschlagen. Das gewöhnliche Breitseitensystem ist keineswegs
so vollkommen, daß man sich mit demselben begnügen könnte, wenn es auch
bis jetzt seiner Deckhöhe und folglich seiner Seetüchtigkeit**) wegen bei den
für die hohe See bestimmten Panzerflotten das geeignetste ist, sodaß die letz¬
teren jetzt ausschließlich aus Breitseiten-Panzerfregatten gebildet werden.
Radical läßt sich nun den Fehlern der jetzigen Hochseeschiffe nur durch ein
neues System abhelfen, das allein bei ganz neu zu erbauenden Schiffen an¬
wendbar ist, und das wir später erwähnen werden. Aber bei den vorhan¬
denen Panzerfregatten kann man einem Theil der Uebelstände durch Annahme
einer Einrichtung begegnen, welche Reed vor einigen Jahren erfunden und
z. B. bei der "Pallas" zur Anwendung gebracht hat; dies sind die "Jn-
dents", eine äußerst sinnreiche Erfindung.

Man denke sich eine Breitseiten-Panzerfregatte mit Geschützpforten, die
außerordentlich weit von einander stehen, wie es ja bei den Schiffen der Fall
ist, welche nach dem neuesten System sehr schwere, aber darum wenige und
weit abstehende Geschütze führen. AM der Wandlänge aber, die zwischen
je zwei Pforten steht, denke man sich das mittlere Drittel herausgenom¬
men, sodaß ein breites viereckiges Loch von der Höhe der Pforten in
der Schiffswand entsteht. Von den beiden senkrechten Kanten dieses Loches
gehen dann zwei gleich hohe Panzerwände convergirend nach dem Innern
des Schiffs hinein, und treffen einige Fuß von der Schiffswand nach innen
mit einem mehr oder minder spitzen Winkel zusammen. In der Mitte jeder
dieser Panzerwände ist nun eine neue Geschützpforte eingeschnitten; jedes Ge¬
schütz hat infolge dessen auf jeder Flanke, d. h. in dem Ausschnitt rechts
und links von seinem Platze, eine solche "Irdene"-Pforte, und kann durch
diese, wenn es auf seiner Kreisschiene entsprechend gedreht wird, schräg nach
vorn oder nach hinten feuern, außerdem natürlich auch rechtwinklig nach der
Seite durch seine gewöhnliche Pforte. Das System bietet mannichfache Aehn-
lichkeit mit der bastionirten Front einer Festung. Denkt man sich eine ganz
gerade Enceinte mit Bastionen darin, bei welchen die Spitze nicht durch eine
Fläche gebildet wird, sondern durch eine einfache, der Enceinte parallele Face




") Der Verfasser behält sich vor, die dafür nöthigen technischen Modificationen an anderer
Stelle darzulegen.
") Unter Seetüchtigkeit wollen wir die Eigenschaft verstanden wissen, daß das Schiff
ohne Nachtheile einem Sturm in offener See trotzen kann, unter Sccfahigkcit die Eigenschaft
guten Manövrircns und Steuerns und großer Schnelligkeit.
Grenzboten I. 1868. 19

werden, und unser Vorschlag für den „König Wilhelm" geht deshalb dahin,
die hydraulische Reaction nicht so wie bei der „Waterwitch" anzuwenden,
sondern nur als Hilfsmaschine *).

Auch in der Batterieeinrichtung sei eine Verbesserung für den „Kö¬
nig Wilhelm" vorgeschlagen. Das gewöhnliche Breitseitensystem ist keineswegs
so vollkommen, daß man sich mit demselben begnügen könnte, wenn es auch
bis jetzt seiner Deckhöhe und folglich seiner Seetüchtigkeit**) wegen bei den
für die hohe See bestimmten Panzerflotten das geeignetste ist, sodaß die letz¬
teren jetzt ausschließlich aus Breitseiten-Panzerfregatten gebildet werden.
Radical läßt sich nun den Fehlern der jetzigen Hochseeschiffe nur durch ein
neues System abhelfen, das allein bei ganz neu zu erbauenden Schiffen an¬
wendbar ist, und das wir später erwähnen werden. Aber bei den vorhan¬
denen Panzerfregatten kann man einem Theil der Uebelstände durch Annahme
einer Einrichtung begegnen, welche Reed vor einigen Jahren erfunden und
z. B. bei der „Pallas" zur Anwendung gebracht hat; dies sind die „Jn-
dents", eine äußerst sinnreiche Erfindung.

Man denke sich eine Breitseiten-Panzerfregatte mit Geschützpforten, die
außerordentlich weit von einander stehen, wie es ja bei den Schiffen der Fall
ist, welche nach dem neuesten System sehr schwere, aber darum wenige und
weit abstehende Geschütze führen. AM der Wandlänge aber, die zwischen
je zwei Pforten steht, denke man sich das mittlere Drittel herausgenom¬
men, sodaß ein breites viereckiges Loch von der Höhe der Pforten in
der Schiffswand entsteht. Von den beiden senkrechten Kanten dieses Loches
gehen dann zwei gleich hohe Panzerwände convergirend nach dem Innern
des Schiffs hinein, und treffen einige Fuß von der Schiffswand nach innen
mit einem mehr oder minder spitzen Winkel zusammen. In der Mitte jeder
dieser Panzerwände ist nun eine neue Geschützpforte eingeschnitten; jedes Ge¬
schütz hat infolge dessen auf jeder Flanke, d. h. in dem Ausschnitt rechts
und links von seinem Platze, eine solche „Irdene"-Pforte, und kann durch
diese, wenn es auf seiner Kreisschiene entsprechend gedreht wird, schräg nach
vorn oder nach hinten feuern, außerdem natürlich auch rechtwinklig nach der
Seite durch seine gewöhnliche Pforte. Das System bietet mannichfache Aehn-
lichkeit mit der bastionirten Front einer Festung. Denkt man sich eine ganz
gerade Enceinte mit Bastionen darin, bei welchen die Spitze nicht durch eine
Fläche gebildet wird, sondern durch eine einfache, der Enceinte parallele Face




") Der Verfasser behält sich vor, die dafür nöthigen technischen Modificationen an anderer
Stelle darzulegen.
") Unter Seetüchtigkeit wollen wir die Eigenschaft verstanden wissen, daß das Schiff
ohne Nachtheile einem Sturm in offener See trotzen kann, unter Sccfahigkcit die Eigenschaft
guten Manövrircns und Steuerns und großer Schnelligkeit.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_117005/153>, abgerufen am 05.02.2025.