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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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Rahnis und Pösneck abzuziehen, wo er, in Gemeinschaft mit dem General
Graf Tauentzien. die Avantgarde der sich bei Mittel-Pöllnitz sammelnden linken
Flügelarmee bilden solle; der Fürst beabsichtige nicht, sich in der am 9. zu
nehmenden Aufstellung zu schlagen, sondern nur in 4 Colonnen an der Saale
bereit zu stehen, um am 10. nach Mittel-Pöllnitz zu marschiren." Dieser Be¬
fehl beruhte auf der Annahme, daß mein die Armee bei Kasta, Orlamünde und
Rudolstadt über die Saale nach Neustadt und Mittel Pöllnitz führen könne.
Der Prinz erfuhr aber in Rudolstadt, daß an den genannten Punkten, wegen
der steilen und schlechten Gebirgswege auf der rechten Seite der Saale, die
Passage für Artillerie und Train nicht stattfinden könne, und daß für diesen
Zweck nur der Weg über Lvbcda und der über Saalfeld zu benutzen sei. Er
sah also, wie Höpsner ausführt, daß wenn der Feind sich des Punktes von
Saalfeld bemächtigte, der eigenen Avantgarde nicht alium der Uebergang über
die Saale verwehrt und dieselbe dadurch vom Gros des Corps abgeschnitten
werden könnte, sondern der Feind auch in den Stand gesetzt würde, sich der
Brücke bei Saalfeld zu bedienen, um auf dem guten Wege nach Neustadt zu
marschiren, dem aus schlechten Gebirgswegen dcfilirenden Corps in die Flanken
zu fallen und vor demselben Neustadt zu erreichen. Seine rechte Flanke sah
der Prinz bei Blankenburg durch den General Pelee, die linke bei Pösneck
durch den General Schimmelpfennig gedeckt, und so beschloß er Saalfeld zu
halten. "Er schrieb deshalb um 9 Uhr Abends an den König, meldete die
empfangenen Nachüchten vom Feinde, daß er in der Nacht die Avantgarde bei
Rudolstadt concentriren werde, um nach Neustadt a. O. zu marschiren und
daher bitte, von der am folgenden Tage nach der Gegend von Blankenhayn
rückender Hauptarmee einen Theil in das Saalthal zu werfen und gegen Grä-
fenlhai vorrücken zu lassen, um dadurch dem nach Neustadt rückender Hohen-
loheschcn Corps gegen den auf Saalfeld vordringenden Feind die rechte Flanke
und den Vorgang im Sacillhal selbst zu decke". Abschrift dieses Schreibens
sandte er dem Fürsten Hohenlohe durch den sächsischen Lieutenant Egidi nach Jena."
Der Fürst hatte sich seinerseits erst nach jenem Befehle an den Prinzen ent¬
schlossen, seine Truppen von Mittel-Pöllnitz zurückzunehmen; ein Umstand, wel¬
cher der Stellung von Saatfeld einstweilen nichts von ihrer Wichtigkeit benahm.
Nun will Rüste von Lilienstern (mit seinem Meister Massenbach) von einem
Befehle wissen, der in der Nacht vom 9. auf den 10. dem Prinzen zugeschickt
sei: "sich nicht von Rudolstadt zu entfernen, und den Feind nicht anzugreifen,
sondern sich im Gegentheil, falls er mit Uebermacht angegriffen werden sollte,
auf den Generallieutenant v. Grawert nach Orlamünde zurückzuziehen. Das
Weitere werde ihm der Fürst morgen mündlich mittheilen." Es ist durchaus
zu bezweifeln, ob dieser Befehl überhaupt ertheilt worden ist. Aeußerlich ist
er gar nicht beglaubigt. Es ist nicht gesagt, in welcher Form noch durch wen


Rahnis und Pösneck abzuziehen, wo er, in Gemeinschaft mit dem General
Graf Tauentzien. die Avantgarde der sich bei Mittel-Pöllnitz sammelnden linken
Flügelarmee bilden solle; der Fürst beabsichtige nicht, sich in der am 9. zu
nehmenden Aufstellung zu schlagen, sondern nur in 4 Colonnen an der Saale
bereit zu stehen, um am 10. nach Mittel-Pöllnitz zu marschiren." Dieser Be¬
fehl beruhte auf der Annahme, daß mein die Armee bei Kasta, Orlamünde und
Rudolstadt über die Saale nach Neustadt und Mittel Pöllnitz führen könne.
Der Prinz erfuhr aber in Rudolstadt, daß an den genannten Punkten, wegen
der steilen und schlechten Gebirgswege auf der rechten Seite der Saale, die
Passage für Artillerie und Train nicht stattfinden könne, und daß für diesen
Zweck nur der Weg über Lvbcda und der über Saalfeld zu benutzen sei. Er
sah also, wie Höpsner ausführt, daß wenn der Feind sich des Punktes von
Saalfeld bemächtigte, der eigenen Avantgarde nicht alium der Uebergang über
die Saale verwehrt und dieselbe dadurch vom Gros des Corps abgeschnitten
werden könnte, sondern der Feind auch in den Stand gesetzt würde, sich der
Brücke bei Saalfeld zu bedienen, um auf dem guten Wege nach Neustadt zu
marschiren, dem aus schlechten Gebirgswegen dcfilirenden Corps in die Flanken
zu fallen und vor demselben Neustadt zu erreichen. Seine rechte Flanke sah
der Prinz bei Blankenburg durch den General Pelee, die linke bei Pösneck
durch den General Schimmelpfennig gedeckt, und so beschloß er Saalfeld zu
halten. „Er schrieb deshalb um 9 Uhr Abends an den König, meldete die
empfangenen Nachüchten vom Feinde, daß er in der Nacht die Avantgarde bei
Rudolstadt concentriren werde, um nach Neustadt a. O. zu marschiren und
daher bitte, von der am folgenden Tage nach der Gegend von Blankenhayn
rückender Hauptarmee einen Theil in das Saalthal zu werfen und gegen Grä-
fenlhai vorrücken zu lassen, um dadurch dem nach Neustadt rückender Hohen-
loheschcn Corps gegen den auf Saalfeld vordringenden Feind die rechte Flanke
und den Vorgang im Sacillhal selbst zu decke». Abschrift dieses Schreibens
sandte er dem Fürsten Hohenlohe durch den sächsischen Lieutenant Egidi nach Jena."
Der Fürst hatte sich seinerseits erst nach jenem Befehle an den Prinzen ent¬
schlossen, seine Truppen von Mittel-Pöllnitz zurückzunehmen; ein Umstand, wel¬
cher der Stellung von Saatfeld einstweilen nichts von ihrer Wichtigkeit benahm.
Nun will Rüste von Lilienstern (mit seinem Meister Massenbach) von einem
Befehle wissen, der in der Nacht vom 9. auf den 10. dem Prinzen zugeschickt
sei: „sich nicht von Rudolstadt zu entfernen, und den Feind nicht anzugreifen,
sondern sich im Gegentheil, falls er mit Uebermacht angegriffen werden sollte,
auf den Generallieutenant v. Grawert nach Orlamünde zurückzuziehen. Das
Weitere werde ihm der Fürst morgen mündlich mittheilen." Es ist durchaus
zu bezweifeln, ob dieser Befehl überhaupt ertheilt worden ist. Aeußerlich ist
er gar nicht beglaubigt. Es ist nicht gesagt, in welcher Form noch durch wen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/90>, abgerufen am 20.10.2024.