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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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binetsrath Seiner Hoheit wieder zurückgeschickt mit einem ganz groben Brief,
worin er sagt, er habe Geldgeschäfte für die preußische Monarchie zu führen,
aber nicht für Privatleute, und er könne sich um so weniger zu jenem Geschäfte
hergeben, weil sonst für leicht zu bethörende Unkundige der Irrthum, als wenn
der Herzog noch regiere, hervorgerufen oder, wo er bestehe, genährt werden
und später von verhängnisvollen Folgen begleitet sein könne. Siehst Du,
Mama, der glaubt denn doch gewiß nicht an die Rückkehr unseres guten
Herzogs."

"Pah, das ist nur Einer," sagt die Mutter, indem sie verächtlich die Ober¬
lippe kräuselt, "das ist eine Ausnahme und eine Schwalbe macht keinen
Sommer. Er wird's schon spüren, wenn der Herzog sein Land wieder bekommt,
dafür, daß er mit dem Preuß' kalefactort hat, wird er dann die längste Zeit
gerentmeistert haben."

"Aber, Mama, es kann lange dauern, bis unser guter Herzog sein Reich
wieder antritt."

"Ach was, und zwischenzcitig können wir's abhalten. Das ist gewiß, er
kriegt die ganze Domäne. Die darf ihm der Preuß' nicht vorenthalten. Er
zieht dann mehr Geld aus dem Lande, als der Preuß' mit all seinen Steuer¬
künsten. Er schöpft zuerst mit den großen Löffeln die Fettaugen von der Suppe;
und wenn dann der hungrige Preuß' kommt und will Steuern haben, dann hat
er das nachsehn. Wer will gegen den Herzog aufkommen, wenn er wieder
der Herr ist von Quellen, Bädern, Wasser und Wiesen, von Wild und Wald,
von Weinbergen und Bergwerken und Hütten und Hämmern. Weh denen, die
sich gegen ihn vergangen haben; und auch die. so weder kalt noch warm waren,
die wird er ausspeien aus seinem Munde. Geht es nicht mit der Domänen-
Verwaltung noch ganz im alten Geleise? Wenn die Stadt für eine öffentliche
Anlage einen Domänenacker haben will, dann heißt's: "Was fällt Euch ein?
Keine Scholle; oder Ihr müßtet uns denn ein Stück von Eurem Stadtwald
dafür hergeben, der uns für die Jagd recht passend gelegen ist." Und wie geht's
mit der Jagd? Seit dem ersten Mai haben die Nativnalvereins-Apostel ver¬
kündigt, der König von Preußen habe die Jagd mit Stumpf und Stiel aufge¬
hoben; und die Gemeinden haben sich daran gemacht und haben die Jagden
wollen verpachten. Aber was waren die so irre! Man hat ihnen auf die
Finger geklopft und hat ihnen gesagt: Anton, laß die Hand davon, der Herr
von Baumbach, Seiner Hoheit Obcrjägermeister, muß erst die Jagdbezirke zu-
rechtschncidcn, damit Seine Hoheit nicht zu kurz kommt, sondern sich Leibjagd¬
reviere pachten kann, so viel ihm beliebt; denn der Herr Obcrjägermeister ist
immer noch der Chef des gesammten Forstwesens bei der herzoglichen Landes¬
regierung."

"Bei der königlichen," seufzt die Tochter.


Nrcnzboten II. 18K7. 50

binetsrath Seiner Hoheit wieder zurückgeschickt mit einem ganz groben Brief,
worin er sagt, er habe Geldgeschäfte für die preußische Monarchie zu führen,
aber nicht für Privatleute, und er könne sich um so weniger zu jenem Geschäfte
hergeben, weil sonst für leicht zu bethörende Unkundige der Irrthum, als wenn
der Herzog noch regiere, hervorgerufen oder, wo er bestehe, genährt werden
und später von verhängnisvollen Folgen begleitet sein könne. Siehst Du,
Mama, der glaubt denn doch gewiß nicht an die Rückkehr unseres guten
Herzogs."

„Pah, das ist nur Einer," sagt die Mutter, indem sie verächtlich die Ober¬
lippe kräuselt, „das ist eine Ausnahme und eine Schwalbe macht keinen
Sommer. Er wird's schon spüren, wenn der Herzog sein Land wieder bekommt,
dafür, daß er mit dem Preuß' kalefactort hat, wird er dann die längste Zeit
gerentmeistert haben."

„Aber, Mama, es kann lange dauern, bis unser guter Herzog sein Reich
wieder antritt."

„Ach was, und zwischenzcitig können wir's abhalten. Das ist gewiß, er
kriegt die ganze Domäne. Die darf ihm der Preuß' nicht vorenthalten. Er
zieht dann mehr Geld aus dem Lande, als der Preuß' mit all seinen Steuer¬
künsten. Er schöpft zuerst mit den großen Löffeln die Fettaugen von der Suppe;
und wenn dann der hungrige Preuß' kommt und will Steuern haben, dann hat
er das nachsehn. Wer will gegen den Herzog aufkommen, wenn er wieder
der Herr ist von Quellen, Bädern, Wasser und Wiesen, von Wild und Wald,
von Weinbergen und Bergwerken und Hütten und Hämmern. Weh denen, die
sich gegen ihn vergangen haben; und auch die. so weder kalt noch warm waren,
die wird er ausspeien aus seinem Munde. Geht es nicht mit der Domänen-
Verwaltung noch ganz im alten Geleise? Wenn die Stadt für eine öffentliche
Anlage einen Domänenacker haben will, dann heißt's: „Was fällt Euch ein?
Keine Scholle; oder Ihr müßtet uns denn ein Stück von Eurem Stadtwald
dafür hergeben, der uns für die Jagd recht passend gelegen ist." Und wie geht's
mit der Jagd? Seit dem ersten Mai haben die Nativnalvereins-Apostel ver¬
kündigt, der König von Preußen habe die Jagd mit Stumpf und Stiel aufge¬
hoben; und die Gemeinden haben sich daran gemacht und haben die Jagden
wollen verpachten. Aber was waren die so irre! Man hat ihnen auf die
Finger geklopft und hat ihnen gesagt: Anton, laß die Hand davon, der Herr
von Baumbach, Seiner Hoheit Obcrjägermeister, muß erst die Jagdbezirke zu-
rechtschncidcn, damit Seine Hoheit nicht zu kurz kommt, sondern sich Leibjagd¬
reviere pachten kann, so viel ihm beliebt; denn der Herr Obcrjägermeister ist
immer noch der Chef des gesammten Forstwesens bei der herzoglichen Landes¬
regierung."

„Bei der königlichen," seufzt die Tochter.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/397>, abgerufen am 22.07.2024.