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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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und wenn man auch das Remm ge on-System nicht zu derselben Zeit für
die neu zu beschaffender Gewehre einführte, so steht doch dessen Einführung
außer Frage. Das Wänzlgewehr ist eine Hinterladungswaffe mit Einheits-
patrone, deren Entzündung ein auf den am hintern Patronenrande angebrachten
Zündstoff schräg wirkender Zündstift besorgt. Der Verschluß ist sehr einfach,
sicher, solid und gestattet eine Feuergeschwindigkeit von acht bis neun gezielten
Schüssen in der Minute. Bon Außen sieht das Gewehr einem gewöhnlichen
Kapselgcwehr ziemlich ähnlich. Die mit dieser Waffe angestellten Versuche haben
das glänzendste Resultat geliefert, jedoch erscheinen die Umgestaltungskosten
ziemlich beträchtlich. Die vor einigen Wochen von dem "Kamerad" gebrachte
Sensationsnachricht, daß das Wänzlgewehr sich als gänzlich unbrauchbar er¬
wiesen habe und die weitere Fabrikation eingestellt worden sei, war eine Erfin¬
dung, von einigen Lieferanten ausgedacht. Es wird in dem Arsenal fortwäh¬
rend an der Umgestaltung der vorräthigen alten Gewehre gearbeitet, doch ist
die Zahl der bereits umgeänderten Waffen im Verhältniß zu dem Bedarfe noch
ziemlich gering. Ueber die Vorzüge des Remingtongewehres sind alle
Stimmen einig und der hessische Hauptmann v. Plönnies -- eine Autorität
ersten Ranges -- nennt es eine auf der Höhe des Fortschrittes stehende Waffe;
lnder sind bis jetzt nur wenige hundert Exemplare angefertigt, theils aus öko¬
nomischen Rücksichten, theils weil man zuerst die alten Vorräthe verbrauchen
will. Von einer Einübung der Truppen kann unter diesen Umständen noch
keine Rede sein und es stände daher, wenn es zum Kriege käme, die östreichische
Armee in Bezug auf die Bewaffnung ihren Gegnern nicht viel besser als im
Beginne des vorjährigen Krieges gegenüber. --

Eine gute Neuerung war, daß General John zum Kriegsminister und
Generalquartiermeister ernannt wurde. Dagegen wurde die Marine wieder der
früheren Leitung übergeben und auch bei dem Landheere geschah vieles, wozu
weder Albrecht mock John ihre Beistimmung ertheilt hatten. Daß ein Avance¬
mentgesetz, durch welches die Intelligenz der Armee zu größerer Geltung ge¬
langen sollte, einer reiflicher Erwägung bedürfte, mochte niemand bezweifeln,
und es hätten daher bis zur Vollendung desselben Beförderungen und Ernen¬
nungen so viel als möglich sißirt werden sollen. Statt dessen aber schien man
die gegebene Frist benutzen zu wollen und es fanden -- natürlich nur in d>n
oberen Graden -- so zahlreiche Beförderungen statt, wie kaum vor Beginn les
Krieges der Fall gewesen war. Auch im Uebngen geschah nur wenig, um die
Intelligenz besonders in dem Offiziercorps zu heben. Man brachte nur hin
und wieder die alten Befehle hinsichtlich der Gründung von Regimentebiblio-
theken und Lesevereincn in Erinnerung, gab sich aber keine Mühe, zu unter-
uchcn, ob und wie diese Befehle vollzogen würden. Wie in früherer Zeit, so
sollten auch jetzt die Offiziere eine oder zwei schriftliche Bearbeitungen kalt>scher


und wenn man auch das Remm ge on-System nicht zu derselben Zeit für
die neu zu beschaffender Gewehre einführte, so steht doch dessen Einführung
außer Frage. Das Wänzlgewehr ist eine Hinterladungswaffe mit Einheits-
patrone, deren Entzündung ein auf den am hintern Patronenrande angebrachten
Zündstoff schräg wirkender Zündstift besorgt. Der Verschluß ist sehr einfach,
sicher, solid und gestattet eine Feuergeschwindigkeit von acht bis neun gezielten
Schüssen in der Minute. Bon Außen sieht das Gewehr einem gewöhnlichen
Kapselgcwehr ziemlich ähnlich. Die mit dieser Waffe angestellten Versuche haben
das glänzendste Resultat geliefert, jedoch erscheinen die Umgestaltungskosten
ziemlich beträchtlich. Die vor einigen Wochen von dem „Kamerad" gebrachte
Sensationsnachricht, daß das Wänzlgewehr sich als gänzlich unbrauchbar er¬
wiesen habe und die weitere Fabrikation eingestellt worden sei, war eine Erfin¬
dung, von einigen Lieferanten ausgedacht. Es wird in dem Arsenal fortwäh¬
rend an der Umgestaltung der vorräthigen alten Gewehre gearbeitet, doch ist
die Zahl der bereits umgeänderten Waffen im Verhältniß zu dem Bedarfe noch
ziemlich gering. Ueber die Vorzüge des Remingtongewehres sind alle
Stimmen einig und der hessische Hauptmann v. Plönnies — eine Autorität
ersten Ranges — nennt es eine auf der Höhe des Fortschrittes stehende Waffe;
lnder sind bis jetzt nur wenige hundert Exemplare angefertigt, theils aus öko¬
nomischen Rücksichten, theils weil man zuerst die alten Vorräthe verbrauchen
will. Von einer Einübung der Truppen kann unter diesen Umständen noch
keine Rede sein und es stände daher, wenn es zum Kriege käme, die östreichische
Armee in Bezug auf die Bewaffnung ihren Gegnern nicht viel besser als im
Beginne des vorjährigen Krieges gegenüber. —

Eine gute Neuerung war, daß General John zum Kriegsminister und
Generalquartiermeister ernannt wurde. Dagegen wurde die Marine wieder der
früheren Leitung übergeben und auch bei dem Landheere geschah vieles, wozu
weder Albrecht mock John ihre Beistimmung ertheilt hatten. Daß ein Avance¬
mentgesetz, durch welches die Intelligenz der Armee zu größerer Geltung ge¬
langen sollte, einer reiflicher Erwägung bedürfte, mochte niemand bezweifeln,
und es hätten daher bis zur Vollendung desselben Beförderungen und Ernen¬
nungen so viel als möglich sißirt werden sollen. Statt dessen aber schien man
die gegebene Frist benutzen zu wollen und es fanden — natürlich nur in d>n
oberen Graden — so zahlreiche Beförderungen statt, wie kaum vor Beginn les
Krieges der Fall gewesen war. Auch im Uebngen geschah nur wenig, um die
Intelligenz besonders in dem Offiziercorps zu heben. Man brachte nur hin
und wieder die alten Befehle hinsichtlich der Gründung von Regimentebiblio-
theken und Lesevereincn in Erinnerung, gab sich aber keine Mühe, zu unter-
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sollten auch jetzt die Offiziere eine oder zwei schriftliche Bearbeitungen kalt>scher


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/338>, abgerufen am 22.07.2024.