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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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Politik treiben sollen, oder in damaliger Weist ausgedrückt, sich nicht in aus¬
wärtige Kriege und fremde Dinge und Geschäfte missen, sondern ihre eigenen
Angelegenheiten besorgen mögen. Zweitens, daß sie jene Stcinkercien und
Naufeieicn, in wei.ben ihre Theologen zum größten Scandal und sa'aber der
Christenheit sich herumtummeln, nicht länger dulden. Drittens, daß der durch¬
lauchtigste Fürst meine Kaufleute unbelästigt Handel treiben und sich überhaupt
alle Engländer empfehlen sein lasse. Viertens, daß er jenen abscheuliä'en
Schmähschriften und Pasquillen gegen meine Person, die überall die bösartigsten
Lügen ausstreuen, nach Kräften entgegentrete und mich vertheidige."

Damit war die Audienz zu Ende und Breuning hatte nun Zeit genug,
über das schwere Gewicht der Worte, die er zuletzt gehört, "achzudenken. In
der That ließe sich ein ganzes Buch als Commentar darüber schreiben, und
wenn der Commentar von denen, für die er bestimmt ist, wirklich beherzigt
würde, konnte ein solches Buch eines der nützlichsten werden, die unser schreib¬
seliges Vaterland erzeugt hat. Nur die Bemerkung sei hier gestattet, daß sich
auch in diesem Falle wieder einmal zeigte, wie viel richtiger und klarer die
Ausländer die eigentlichen Krebsschäden der deutschen Zustände von jeher heraus¬
zufinden verstanden, als unsere Lancsleute selbst, besonders wenn sie Schwaben
sind. --

Wie in der Hauptsache, so auch in Nebendingen waltete ein Unstern über
dem braven Schwabe". sein Herr hatte ihm noch allerlei andere fürstliche
Desidcrien ans Herz gelegt: er sollte englische Bluthunde mitbringen; aber da¬
von konnte er durchaus nichts Ausbündiges erlangen ebenso wenig wollte der
Pferdehandel glücke". Ein für 23 Pfund Sterling erhandelter Schimmel, der
gut Zeit ging, erwies sich nachher als mit dem spät behaftet. Dagegen
wurden eine "Gutsche" nach englischer Mode, zwölf Paar Strümpfe von allerlei
Farben, Handschuhe und eine englische Armbrust, Dinge, woran freilich dem
Herzog weniger als a" dem Se. Georg oder an den Bluthunden und Zelt¬
gänger gelegen war, wirtlich acquirirt. Das Beste an dem ganzen verunglückten
Unternehmen war, daß es wenigstens nach heutigem Maßstab nicht sehr viel
Geld kostete. Denn die Generalliquidation, die der Gesandte nach seiner Rück-
kehr einreichte und die von dem Herzog approbirt wurde, betrug nur 1367
Gulden 14 Batzen 1 Kreutzer, also etwa nach unserm heutigen Geldwerth 4500
Gulden, freilich noch viel zu viel für eine pure ni.ltigkcit, besonders wenn
man die ewige Geldnoth und daraus folgende Gcldbettclei erwägt, wozu der
sonst so hochstrebende Sinn des Herzogs doch seinen Landständen gegenüber
sich herablassen mußte. Auch zur Bestreitung dieser Reisekosten hatte ein An-
lehen von 700 Gulden bei einem nürnberger Handelsmann aufgenommen wer¬
den müssen.

Der Mißerfolg von 1595 schreckte indessen den Herzog nicht ab, schon drei


Politik treiben sollen, oder in damaliger Weist ausgedrückt, sich nicht in aus¬
wärtige Kriege und fremde Dinge und Geschäfte missen, sondern ihre eigenen
Angelegenheiten besorgen mögen. Zweitens, daß sie jene Stcinkercien und
Naufeieicn, in wei.ben ihre Theologen zum größten Scandal und sa'aber der
Christenheit sich herumtummeln, nicht länger dulden. Drittens, daß der durch¬
lauchtigste Fürst meine Kaufleute unbelästigt Handel treiben und sich überhaupt
alle Engländer empfehlen sein lasse. Viertens, daß er jenen abscheuliä'en
Schmähschriften und Pasquillen gegen meine Person, die überall die bösartigsten
Lügen ausstreuen, nach Kräften entgegentrete und mich vertheidige."

Damit war die Audienz zu Ende und Breuning hatte nun Zeit genug,
über das schwere Gewicht der Worte, die er zuletzt gehört, »achzudenken. In
der That ließe sich ein ganzes Buch als Commentar darüber schreiben, und
wenn der Commentar von denen, für die er bestimmt ist, wirklich beherzigt
würde, konnte ein solches Buch eines der nützlichsten werden, die unser schreib¬
seliges Vaterland erzeugt hat. Nur die Bemerkung sei hier gestattet, daß sich
auch in diesem Falle wieder einmal zeigte, wie viel richtiger und klarer die
Ausländer die eigentlichen Krebsschäden der deutschen Zustände von jeher heraus¬
zufinden verstanden, als unsere Lancsleute selbst, besonders wenn sie Schwaben
sind. —

Wie in der Hauptsache, so auch in Nebendingen waltete ein Unstern über
dem braven Schwabe». sein Herr hatte ihm noch allerlei andere fürstliche
Desidcrien ans Herz gelegt: er sollte englische Bluthunde mitbringen; aber da¬
von konnte er durchaus nichts Ausbündiges erlangen ebenso wenig wollte der
Pferdehandel glücke». Ein für 23 Pfund Sterling erhandelter Schimmel, der
gut Zeit ging, erwies sich nachher als mit dem spät behaftet. Dagegen
wurden eine „Gutsche" nach englischer Mode, zwölf Paar Strümpfe von allerlei
Farben, Handschuhe und eine englische Armbrust, Dinge, woran freilich dem
Herzog weniger als a» dem Se. Georg oder an den Bluthunden und Zelt¬
gänger gelegen war, wirtlich acquirirt. Das Beste an dem ganzen verunglückten
Unternehmen war, daß es wenigstens nach heutigem Maßstab nicht sehr viel
Geld kostete. Denn die Generalliquidation, die der Gesandte nach seiner Rück-
kehr einreichte und die von dem Herzog approbirt wurde, betrug nur 1367
Gulden 14 Batzen 1 Kreutzer, also etwa nach unserm heutigen Geldwerth 4500
Gulden, freilich noch viel zu viel für eine pure ni.ltigkcit, besonders wenn
man die ewige Geldnoth und daraus folgende Gcldbettclei erwägt, wozu der
sonst so hochstrebende Sinn des Herzogs doch seinen Landständen gegenüber
sich herablassen mußte. Auch zur Bestreitung dieser Reisekosten hatte ein An-
lehen von 700 Gulden bei einem nürnberger Handelsmann aufgenommen wer¬
den müssen.

Der Mißerfolg von 1595 schreckte indessen den Herzog nicht ab, schon drei


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[0027] Politik treiben sollen, oder in damaliger Weist ausgedrückt, sich nicht in aus¬ wärtige Kriege und fremde Dinge und Geschäfte missen, sondern ihre eigenen Angelegenheiten besorgen mögen. Zweitens, daß sie jene Stcinkercien und Naufeieicn, in wei.ben ihre Theologen zum größten Scandal und sa'aber der Christenheit sich herumtummeln, nicht länger dulden. Drittens, daß der durch¬ lauchtigste Fürst meine Kaufleute unbelästigt Handel treiben und sich überhaupt alle Engländer empfehlen sein lasse. Viertens, daß er jenen abscheuliä'en Schmähschriften und Pasquillen gegen meine Person, die überall die bösartigsten Lügen ausstreuen, nach Kräften entgegentrete und mich vertheidige." Damit war die Audienz zu Ende und Breuning hatte nun Zeit genug, über das schwere Gewicht der Worte, die er zuletzt gehört, »achzudenken. In der That ließe sich ein ganzes Buch als Commentar darüber schreiben, und wenn der Commentar von denen, für die er bestimmt ist, wirklich beherzigt würde, konnte ein solches Buch eines der nützlichsten werden, die unser schreib¬ seliges Vaterland erzeugt hat. Nur die Bemerkung sei hier gestattet, daß sich auch in diesem Falle wieder einmal zeigte, wie viel richtiger und klarer die Ausländer die eigentlichen Krebsschäden der deutschen Zustände von jeher heraus¬ zufinden verstanden, als unsere Lancsleute selbst, besonders wenn sie Schwaben sind. — Wie in der Hauptsache, so auch in Nebendingen waltete ein Unstern über dem braven Schwabe». sein Herr hatte ihm noch allerlei andere fürstliche Desidcrien ans Herz gelegt: er sollte englische Bluthunde mitbringen; aber da¬ von konnte er durchaus nichts Ausbündiges erlangen ebenso wenig wollte der Pferdehandel glücke». Ein für 23 Pfund Sterling erhandelter Schimmel, der gut Zeit ging, erwies sich nachher als mit dem spät behaftet. Dagegen wurden eine „Gutsche" nach englischer Mode, zwölf Paar Strümpfe von allerlei Farben, Handschuhe und eine englische Armbrust, Dinge, woran freilich dem Herzog weniger als a» dem Se. Georg oder an den Bluthunden und Zelt¬ gänger gelegen war, wirtlich acquirirt. Das Beste an dem ganzen verunglückten Unternehmen war, daß es wenigstens nach heutigem Maßstab nicht sehr viel Geld kostete. Denn die Generalliquidation, die der Gesandte nach seiner Rück- kehr einreichte und die von dem Herzog approbirt wurde, betrug nur 1367 Gulden 14 Batzen 1 Kreutzer, also etwa nach unserm heutigen Geldwerth 4500 Gulden, freilich noch viel zu viel für eine pure ni.ltigkcit, besonders wenn man die ewige Geldnoth und daraus folgende Gcldbettclei erwägt, wozu der sonst so hochstrebende Sinn des Herzogs doch seinen Landständen gegenüber sich herablassen mußte. Auch zur Bestreitung dieser Reisekosten hatte ein An- lehen von 700 Gulden bei einem nürnberger Handelsmann aufgenommen wer¬ den müssen. Der Mißerfolg von 1595 schreckte indessen den Herzog nicht ab, schon drei

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/27>, abgerufen am 22.07.2024.