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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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Bekanntlich enthalten unsere Kriegsflotten heutzutage hauptsächlich vier
Elemente: erstens eine Anzahl von Segelschiffen, welche sich noch aus den
Zeiten erhalten haben, wo die Kriegsschiffe ausschließlich von Holz gebaute
Segelschiffe waren und die gegenwärtig theilweise noch als Uebungsschiffe be¬
nutzt werden; sodann eine Anzahl hölzerner Raddampfer, welche ebenfalls
für den wirklichen Kriegsgebrauch fast ganz veraltet sind; ferner als das Gros
unserer Flotten die S es ra u b end a in Pf er, und zwar Holzschiffe für das Ge¬
fecht bestimmt, oder aber Transportschiffe von Holz oder Eisen. Als vierte Classe
endlich kommen dazu die von Holz oder Eisen gebauten Panzerschiffe-, Con-
structionen neuester Erfindung. Während für große Seeschlachten diese vierte
Abtheilung, die Classe der Panzerschiffe, eine sehr hohe Bedeutung beansprucht,
besteht doch der Haupttheil unserer Flotten der Zahl nach und was den über¬
seeischen Dienst anlangt auch der Wichtigkeit nach, aus den Schiffen der dritten
Kategorie. Diese letzteren, die hölzernen Schraubenschifse, sind stets zu¬
gleich Segelschiffe mit vollständiger Takelage, nur unter Wasser noch mit
einer Schraube, wie innen mit der Maschine versehn und von etwas längerem
Bau des Rumpfs: sonst aber sind sie den Schiffen der ersten Classe, den Segel¬
schiffen der Kriegsmarine, ähnlich und sie haben deshalb auch dieselbe Classi-
fication und Benennung der einzelnen Arten, wie diese und wie die Schiffe der
Handelsmarine, welche ja auch bei weitem zum größten Theil Segelschiffe sind.
Selbst aus die Panzerschiffe hat sich dieselbe Classification zum Theil aus-
gedehnt. Man kann deshalb wohl sagen, daß die Benennung fast aller Arten
unserer heutigen Kriegsschiffe noch aus den Zeiten stammt, wo die Kriegsschiffe
ausschließlich Segelschiffe waren: wir haben im Grunde trotz aller Veränder¬
ungen der Technik noch dieselben Namen, wie sie im Anfang des Jahrhunderts,
in den Flotten von Abukir, von Trafalgar, von Navarin gebräuchlich waren.

Beim Segelschiffe beruht die Manövrirfähigkeit und damit seine Tauglich"
keit für den Seekrieg zum großen Theil auf der Takelage, d. h. seiner Bemastung
mit den verschiedenen Raaen und Segeln, die sie trägt, und da außerdem die
Form der Takelage das Augenfälligste und äußerlich am besten Unterscheidende
für die verschiedenen Schiffe ist, so lag es nahe, daß man die verschiedenen
Classen der Kriegsschiffe nach der Verschiedenheit ihrer Takelage benannte,
ebenso wie dies mit den Schissen der Handelsmarine heute noch der Fall
ist. Deshalb entsprechen sich Classification und Benennung der Handels¬
schiffe und Kriegsschiffe von etwa gleicher Größe. Das Princip, welches für
die Takelung der Schiffe aller Erlassen gleiche Geltung hat, beruht nun darin,
daß man über die Mitte des Schiffs Raasegel anbringt, d. h. viereckige Segel,
welche in normaler Lage querschiffs, parallel einem senkrechten Querschnitt des
Schiffes, stehen und die besonders geeignet sind, das Schiff vor dem Winde
-- d. h. wenn dieser von hinten her weht -- mit größtmöglicher Kraft vor-


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Bekanntlich enthalten unsere Kriegsflotten heutzutage hauptsächlich vier
Elemente: erstens eine Anzahl von Segelschiffen, welche sich noch aus den
Zeiten erhalten haben, wo die Kriegsschiffe ausschließlich von Holz gebaute
Segelschiffe waren und die gegenwärtig theilweise noch als Uebungsschiffe be¬
nutzt werden; sodann eine Anzahl hölzerner Raddampfer, welche ebenfalls
für den wirklichen Kriegsgebrauch fast ganz veraltet sind; ferner als das Gros
unserer Flotten die S es ra u b end a in Pf er, und zwar Holzschiffe für das Ge¬
fecht bestimmt, oder aber Transportschiffe von Holz oder Eisen. Als vierte Classe
endlich kommen dazu die von Holz oder Eisen gebauten Panzerschiffe-, Con-
structionen neuester Erfindung. Während für große Seeschlachten diese vierte
Abtheilung, die Classe der Panzerschiffe, eine sehr hohe Bedeutung beansprucht,
besteht doch der Haupttheil unserer Flotten der Zahl nach und was den über¬
seeischen Dienst anlangt auch der Wichtigkeit nach, aus den Schiffen der dritten
Kategorie. Diese letzteren, die hölzernen Schraubenschifse, sind stets zu¬
gleich Segelschiffe mit vollständiger Takelage, nur unter Wasser noch mit
einer Schraube, wie innen mit der Maschine versehn und von etwas längerem
Bau des Rumpfs: sonst aber sind sie den Schiffen der ersten Classe, den Segel¬
schiffen der Kriegsmarine, ähnlich und sie haben deshalb auch dieselbe Classi-
fication und Benennung der einzelnen Arten, wie diese und wie die Schiffe der
Handelsmarine, welche ja auch bei weitem zum größten Theil Segelschiffe sind.
Selbst aus die Panzerschiffe hat sich dieselbe Classification zum Theil aus-
gedehnt. Man kann deshalb wohl sagen, daß die Benennung fast aller Arten
unserer heutigen Kriegsschiffe noch aus den Zeiten stammt, wo die Kriegsschiffe
ausschließlich Segelschiffe waren: wir haben im Grunde trotz aller Veränder¬
ungen der Technik noch dieselben Namen, wie sie im Anfang des Jahrhunderts,
in den Flotten von Abukir, von Trafalgar, von Navarin gebräuchlich waren.

Beim Segelschiffe beruht die Manövrirfähigkeit und damit seine Tauglich«
keit für den Seekrieg zum großen Theil auf der Takelage, d. h. seiner Bemastung
mit den verschiedenen Raaen und Segeln, die sie trägt, und da außerdem die
Form der Takelage das Augenfälligste und äußerlich am besten Unterscheidende
für die verschiedenen Schiffe ist, so lag es nahe, daß man die verschiedenen
Classen der Kriegsschiffe nach der Verschiedenheit ihrer Takelage benannte,
ebenso wie dies mit den Schissen der Handelsmarine heute noch der Fall
ist. Deshalb entsprechen sich Classification und Benennung der Handels¬
schiffe und Kriegsschiffe von etwa gleicher Größe. Das Princip, welches für
die Takelung der Schiffe aller Erlassen gleiche Geltung hat, beruht nun darin,
daß man über die Mitte des Schiffs Raasegel anbringt, d. h. viereckige Segel,
welche in normaler Lage querschiffs, parallel einem senkrechten Querschnitt des
Schiffes, stehen und die besonders geeignet sind, das Schiff vor dem Winde
— d. h. wenn dieser von hinten her weht — mit größtmöglicher Kraft vor-


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[0255] Bekanntlich enthalten unsere Kriegsflotten heutzutage hauptsächlich vier Elemente: erstens eine Anzahl von Segelschiffen, welche sich noch aus den Zeiten erhalten haben, wo die Kriegsschiffe ausschließlich von Holz gebaute Segelschiffe waren und die gegenwärtig theilweise noch als Uebungsschiffe be¬ nutzt werden; sodann eine Anzahl hölzerner Raddampfer, welche ebenfalls für den wirklichen Kriegsgebrauch fast ganz veraltet sind; ferner als das Gros unserer Flotten die S es ra u b end a in Pf er, und zwar Holzschiffe für das Ge¬ fecht bestimmt, oder aber Transportschiffe von Holz oder Eisen. Als vierte Classe endlich kommen dazu die von Holz oder Eisen gebauten Panzerschiffe-, Con- structionen neuester Erfindung. Während für große Seeschlachten diese vierte Abtheilung, die Classe der Panzerschiffe, eine sehr hohe Bedeutung beansprucht, besteht doch der Haupttheil unserer Flotten der Zahl nach und was den über¬ seeischen Dienst anlangt auch der Wichtigkeit nach, aus den Schiffen der dritten Kategorie. Diese letzteren, die hölzernen Schraubenschifse, sind stets zu¬ gleich Segelschiffe mit vollständiger Takelage, nur unter Wasser noch mit einer Schraube, wie innen mit der Maschine versehn und von etwas längerem Bau des Rumpfs: sonst aber sind sie den Schiffen der ersten Classe, den Segel¬ schiffen der Kriegsmarine, ähnlich und sie haben deshalb auch dieselbe Classi- fication und Benennung der einzelnen Arten, wie diese und wie die Schiffe der Handelsmarine, welche ja auch bei weitem zum größten Theil Segelschiffe sind. Selbst aus die Panzerschiffe hat sich dieselbe Classification zum Theil aus- gedehnt. Man kann deshalb wohl sagen, daß die Benennung fast aller Arten unserer heutigen Kriegsschiffe noch aus den Zeiten stammt, wo die Kriegsschiffe ausschließlich Segelschiffe waren: wir haben im Grunde trotz aller Veränder¬ ungen der Technik noch dieselben Namen, wie sie im Anfang des Jahrhunderts, in den Flotten von Abukir, von Trafalgar, von Navarin gebräuchlich waren. Beim Segelschiffe beruht die Manövrirfähigkeit und damit seine Tauglich« keit für den Seekrieg zum großen Theil auf der Takelage, d. h. seiner Bemastung mit den verschiedenen Raaen und Segeln, die sie trägt, und da außerdem die Form der Takelage das Augenfälligste und äußerlich am besten Unterscheidende für die verschiedenen Schiffe ist, so lag es nahe, daß man die verschiedenen Classen der Kriegsschiffe nach der Verschiedenheit ihrer Takelage benannte, ebenso wie dies mit den Schissen der Handelsmarine heute noch der Fall ist. Deshalb entsprechen sich Classification und Benennung der Handels¬ schiffe und Kriegsschiffe von etwa gleicher Größe. Das Princip, welches für die Takelung der Schiffe aller Erlassen gleiche Geltung hat, beruht nun darin, daß man über die Mitte des Schiffs Raasegel anbringt, d. h. viereckige Segel, welche in normaler Lage querschiffs, parallel einem senkrechten Querschnitt des Schiffes, stehen und die besonders geeignet sind, das Schiff vor dem Winde — d. h. wenn dieser von hinten her weht — mit größtmöglicher Kraft vor- 32*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/255>, abgerufen am 22.07.2024.