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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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Das Fräulein hieß Margret Segcßerin von Walhauvten, die genas eines
Sohnes in der Woche nach Bartholomä im 14S2, Jahr, der ward Jörglin ge¬
nannt, den ich aufgezogen und zur Schule habe gehen lasse" und im 1462, Jahr
hab ich ihn nach Kaufbeuren gelaßen zu einem Schulmeister und gebe für ihn
jedes Jahr 7 Gulden °°) Kostgeld. Darnach auf Dreikönig in dem 1453. Jahr
genas dieselbe Margret einer Tochter, die ward Hildgart genannt, die starb an
dem andern Tag danach und liegt zu Se. Ulrich begraben bei andern kleinen
Kindern.

Am Mittwoch nach S. Pauli Bekehrung (1464) nahm ich zum Weib der
Münsterlerin, der Krämerin, Tochter, die hieß Dorothea, die war eine so fromme
und ehrbare Tochter, als es in der ganzen Stadt nur eine geben mochte; Gott
vom Himmel sei gedankt für seine göttliche Gnade, daß er mir 3 so fromme
Hausfrauen beschert hat. Diese meine liebe Hausfrau, Dorothea Münsterlerin,
hab ich gehabt in aller Freundschaft und Liebe 6 Jahre und sie hat 4 Kindlein
Von mir gehabt; der allmächtige Gott sei ihr ewiger Lohn und laße sie deß
genießen.

Danach starb meine liebe Hausfrau Dorothea Münsterlerin im Kindbett,
als das Kind 10 Tage alt war, Gott vom Himmel sei ihr gnädig. Amen.
Geschah im 14S9. Jahr.

Als ich meine Hausfrau, der Münsterlerin Tochter, nahm, da wohnte ich
in ihrem Haus, das am Judenberg gelegen ist und nahm damals das Korn¬
ungeld") ein und man gab mir dafür 43 si,°°) im J.ihr. Und ich blieb also
in meiner Schwieger Haus bei 3 Jahren, bis man das Kornungeld w'eder ab¬
ließ; dann zog ich in mein neues Haus in der Sachsengasse, das ich selber
gebaut hatte und bewohnte es ganz hinten und vorn und Stadel") und Garten.
Darin blieb ich bis ich auf den Salzstadcl°^) kam.

Ich kam auf den Salzstadel zu Weihnachten 14S6 und war noch darauf
als man zählte 1462; wie lang ich aber noch darauf bleibe, das steht bei Gott.

In dem Jahr, als ich aus den Salzstadel kam, auf Se. Michels Tag im
14S6. Jahr, da lag Herzog Sigmund und mit ihm der Bischof von Trient vor
Bisin") mit vielem Volk; darauf saß ein Edelmann, genannt der Gradner;
der war des Herzogs Diener gewesen und war gar gewaltig in dem Land und
dem Herzog gar lieb. Es fügte sich bald danach, daß derselbe Gradner bei
dem Herrn verleumdet ward und der Herzog stellte ihm nach und hätte ihn
gern gefangen. Das ward nun der Gradner inne und säumte nicht länger
und sah. was er zu schaffen hatte und nahm überall von den besten Schlößcrn,
die der Herzog hatte, was darauf war von Geschütz und Vorräthen und führte



°°) 16 Thlr. 10 Sgr. °°) Getreidcsteuer. °°) c, 100 Thlr, Scheune.
") Salzmagazin. zzurg Visein (Beseno) zwischen Trient und Roveredo, die vom Bischof
von Trient zu Lehen ging.

Das Fräulein hieß Margret Segcßerin von Walhauvten, die genas eines
Sohnes in der Woche nach Bartholomä im 14S2, Jahr, der ward Jörglin ge¬
nannt, den ich aufgezogen und zur Schule habe gehen lasse» und im 1462, Jahr
hab ich ihn nach Kaufbeuren gelaßen zu einem Schulmeister und gebe für ihn
jedes Jahr 7 Gulden °°) Kostgeld. Darnach auf Dreikönig in dem 1453. Jahr
genas dieselbe Margret einer Tochter, die ward Hildgart genannt, die starb an
dem andern Tag danach und liegt zu Se. Ulrich begraben bei andern kleinen
Kindern.

Am Mittwoch nach S. Pauli Bekehrung (1464) nahm ich zum Weib der
Münsterlerin, der Krämerin, Tochter, die hieß Dorothea, die war eine so fromme
und ehrbare Tochter, als es in der ganzen Stadt nur eine geben mochte; Gott
vom Himmel sei gedankt für seine göttliche Gnade, daß er mir 3 so fromme
Hausfrauen beschert hat. Diese meine liebe Hausfrau, Dorothea Münsterlerin,
hab ich gehabt in aller Freundschaft und Liebe 6 Jahre und sie hat 4 Kindlein
Von mir gehabt; der allmächtige Gott sei ihr ewiger Lohn und laße sie deß
genießen.

Danach starb meine liebe Hausfrau Dorothea Münsterlerin im Kindbett,
als das Kind 10 Tage alt war, Gott vom Himmel sei ihr gnädig. Amen.
Geschah im 14S9. Jahr.

Als ich meine Hausfrau, der Münsterlerin Tochter, nahm, da wohnte ich
in ihrem Haus, das am Judenberg gelegen ist und nahm damals das Korn¬
ungeld") ein und man gab mir dafür 43 si,°°) im J.ihr. Und ich blieb also
in meiner Schwieger Haus bei 3 Jahren, bis man das Kornungeld w'eder ab¬
ließ; dann zog ich in mein neues Haus in der Sachsengasse, das ich selber
gebaut hatte und bewohnte es ganz hinten und vorn und Stadel") und Garten.
Darin blieb ich bis ich auf den Salzstadcl°^) kam.

Ich kam auf den Salzstadel zu Weihnachten 14S6 und war noch darauf
als man zählte 1462; wie lang ich aber noch darauf bleibe, das steht bei Gott.

In dem Jahr, als ich aus den Salzstadel kam, auf Se. Michels Tag im
14S6. Jahr, da lag Herzog Sigmund und mit ihm der Bischof von Trient vor
Bisin") mit vielem Volk; darauf saß ein Edelmann, genannt der Gradner;
der war des Herzogs Diener gewesen und war gar gewaltig in dem Land und
dem Herzog gar lieb. Es fügte sich bald danach, daß derselbe Gradner bei
dem Herrn verleumdet ward und der Herzog stellte ihm nach und hätte ihn
gern gefangen. Das ward nun der Gradner inne und säumte nicht länger
und sah. was er zu schaffen hatte und nahm überall von den besten Schlößcrn,
die der Herzog hatte, was darauf war von Geschütz und Vorräthen und führte



°°) 16 Thlr. 10 Sgr. °°) Getreidcsteuer. °°) c, 100 Thlr, Scheune.
») Salzmagazin. zzurg Visein (Beseno) zwischen Trient und Roveredo, die vom Bischof
von Trient zu Lehen ging.
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[0232] Das Fräulein hieß Margret Segcßerin von Walhauvten, die genas eines Sohnes in der Woche nach Bartholomä im 14S2, Jahr, der ward Jörglin ge¬ nannt, den ich aufgezogen und zur Schule habe gehen lasse» und im 1462, Jahr hab ich ihn nach Kaufbeuren gelaßen zu einem Schulmeister und gebe für ihn jedes Jahr 7 Gulden °°) Kostgeld. Darnach auf Dreikönig in dem 1453. Jahr genas dieselbe Margret einer Tochter, die ward Hildgart genannt, die starb an dem andern Tag danach und liegt zu Se. Ulrich begraben bei andern kleinen Kindern. Am Mittwoch nach S. Pauli Bekehrung (1464) nahm ich zum Weib der Münsterlerin, der Krämerin, Tochter, die hieß Dorothea, die war eine so fromme und ehrbare Tochter, als es in der ganzen Stadt nur eine geben mochte; Gott vom Himmel sei gedankt für seine göttliche Gnade, daß er mir 3 so fromme Hausfrauen beschert hat. Diese meine liebe Hausfrau, Dorothea Münsterlerin, hab ich gehabt in aller Freundschaft und Liebe 6 Jahre und sie hat 4 Kindlein Von mir gehabt; der allmächtige Gott sei ihr ewiger Lohn und laße sie deß genießen. Danach starb meine liebe Hausfrau Dorothea Münsterlerin im Kindbett, als das Kind 10 Tage alt war, Gott vom Himmel sei ihr gnädig. Amen. Geschah im 14S9. Jahr. Als ich meine Hausfrau, der Münsterlerin Tochter, nahm, da wohnte ich in ihrem Haus, das am Judenberg gelegen ist und nahm damals das Korn¬ ungeld") ein und man gab mir dafür 43 si,°°) im J.ihr. Und ich blieb also in meiner Schwieger Haus bei 3 Jahren, bis man das Kornungeld w'eder ab¬ ließ; dann zog ich in mein neues Haus in der Sachsengasse, das ich selber gebaut hatte und bewohnte es ganz hinten und vorn und Stadel") und Garten. Darin blieb ich bis ich auf den Salzstadcl°^) kam. Ich kam auf den Salzstadel zu Weihnachten 14S6 und war noch darauf als man zählte 1462; wie lang ich aber noch darauf bleibe, das steht bei Gott. In dem Jahr, als ich aus den Salzstadel kam, auf Se. Michels Tag im 14S6. Jahr, da lag Herzog Sigmund und mit ihm der Bischof von Trient vor Bisin") mit vielem Volk; darauf saß ein Edelmann, genannt der Gradner; der war des Herzogs Diener gewesen und war gar gewaltig in dem Land und dem Herzog gar lieb. Es fügte sich bald danach, daß derselbe Gradner bei dem Herrn verleumdet ward und der Herzog stellte ihm nach und hätte ihn gern gefangen. Das ward nun der Gradner inne und säumte nicht länger und sah. was er zu schaffen hatte und nahm überall von den besten Schlößcrn, die der Herzog hatte, was darauf war von Geschütz und Vorräthen und führte °°) 16 Thlr. 10 Sgr. °°) Getreidcsteuer. °°) c, 100 Thlr, Scheune. ») Salzmagazin. zzurg Visein (Beseno) zwischen Trient und Roveredo, die vom Bischof von Trient zu Lehen ging.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/232>, abgerufen am 22.07.2024.