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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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Gerichts für Hochverrat!) und Verbrechen gegen die Sicherheit des Bundes.
Außerdem wurde besonders von hannoverischer Seite die Begründung eines
Bundesgerichts, welches der EnNvurf nicht kennt, befürwortet, vom Regierungs-
commissär Herrn v. Savigny aber bekämpft. Der dresdner Abgeordnete Dr.
Schwarze wurde bei diesen Verhandlungen in einen kleinen Privatkampf mit
dem Abgeordneten Wölfel verwickelt, der, an eine vielbesprochene Scene in
Sachsen anknüpfend, die Mitglieder der bewaffneten Macht noch besonders dem
Rechtsschutz des Bundes empfohlen wissen wollte. Es war erfreulich, Herrn
Dr. Schwarze dabei so warme, aufrichtig bundesfreundliche Gesinnungen ent¬
wickeln zu hören, von deren Allgemeinheit in Sachsen er auch unter andern
als nothwendige Folge das Aufhören der fatalen und überflüssigen preußischen
Besatzung gewisser sächsischer Städte erwartet. Wiggers von Rostock entnahm
aus der Erfahrung, welche man bei dem bekannten Proceß gegen die dortigen
Nationalvereinsmitglieder' gemacht, die Begründung seines Zusatzantrags, den
Bundesrath als Nachfolger des alten Bundestags zu dem Bnndesorgan zu
bestimmen, das nöthigenfalls den im eignen Lande versagten Rechtsschutz des
Einzelnen übernimmt. Bei den Abstimmungen dieses Abends wurde, mit
Hinweglassung jenes oben genannten Strafgesetzparagraphen, Artikel 68 mit
dem Amendement des Dr. Schwarze (nach welchem die näheren Bestimmungen
über die Zuständigkeit und das Verfahren des obersten Gerichtshofes gesetzlich
erfolgen sollen) der Art. 69, und mit Wiggers Zusatz Art. 70 angenommen.

Es blieb für die letzte Sitzung der Schlußberathung kein weiteres Material
mehr als' die Bestimmungen des Entwurfs über die Beziehungen des Bundes
zu Süddeutschland sowie Titel und Eingang der ganzen Urkunde.

Abänderungen der Vorlagen in Bezug auf erstern Punkt v>arm n.ur.von
zwei -Seiten beantragt, vom Schleswig-holsteinischen Abgeo- reden Schrader,
und der äußersten Linken durch Duncker (Berlin) vertreten. B^c ',,'^en den¬
selben Zweck, den süddeutschen Staaten den Beitritt zum Bunde e,?S el,! Recht
offen zu halten, dessen GeKendmachung in der Hauptsache nur von ihrem Wunsch
und Willen abhängt, während eine von den Nationalliberalcn vorgeschlagene
Fassung solchen Beitritt nur auf Vorschlag des Präsidiums im Wege der
Bundesgesetzg.'dung ernogli^t sehen will. Die von dem -sächsischen Ab¬
geordneten Herrn Bebel revrviscntirte radical-, so wie Herrn Wigcudo groß-
deutsch-demokratische Absicht wurde von beiden dem Reichstage nicht vorenthalten.
Die dabei zu Tage tretenden Anschauungen dieser Herren von dem wahren
unheilvollen Wesen der von Preußen angestrebten Gestaltung Deutschlands
waren freilich in diesem Hause patriotische Verschw.ndung. Nachdem Herr
v. Vincke noch einmal zu guter Letzt mit klangvoller patriotischer Rhetorik
'seine Kritik sämmtlicher Amendements geschlossen und Graf Bismarck seine


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Gerichts für Hochverrat!) und Verbrechen gegen die Sicherheit des Bundes.
Außerdem wurde besonders von hannoverischer Seite die Begründung eines
Bundesgerichts, welches der EnNvurf nicht kennt, befürwortet, vom Regierungs-
commissär Herrn v. Savigny aber bekämpft. Der dresdner Abgeordnete Dr.
Schwarze wurde bei diesen Verhandlungen in einen kleinen Privatkampf mit
dem Abgeordneten Wölfel verwickelt, der, an eine vielbesprochene Scene in
Sachsen anknüpfend, die Mitglieder der bewaffneten Macht noch besonders dem
Rechtsschutz des Bundes empfohlen wissen wollte. Es war erfreulich, Herrn
Dr. Schwarze dabei so warme, aufrichtig bundesfreundliche Gesinnungen ent¬
wickeln zu hören, von deren Allgemeinheit in Sachsen er auch unter andern
als nothwendige Folge das Aufhören der fatalen und überflüssigen preußischen
Besatzung gewisser sächsischer Städte erwartet. Wiggers von Rostock entnahm
aus der Erfahrung, welche man bei dem bekannten Proceß gegen die dortigen
Nationalvereinsmitglieder' gemacht, die Begründung seines Zusatzantrags, den
Bundesrath als Nachfolger des alten Bundestags zu dem Bnndesorgan zu
bestimmen, das nöthigenfalls den im eignen Lande versagten Rechtsschutz des
Einzelnen übernimmt. Bei den Abstimmungen dieses Abends wurde, mit
Hinweglassung jenes oben genannten Strafgesetzparagraphen, Artikel 68 mit
dem Amendement des Dr. Schwarze (nach welchem die näheren Bestimmungen
über die Zuständigkeit und das Verfahren des obersten Gerichtshofes gesetzlich
erfolgen sollen) der Art. 69, und mit Wiggers Zusatz Art. 70 angenommen.

Es blieb für die letzte Sitzung der Schlußberathung kein weiteres Material
mehr als' die Bestimmungen des Entwurfs über die Beziehungen des Bundes
zu Süddeutschland sowie Titel und Eingang der ganzen Urkunde.

Abänderungen der Vorlagen in Bezug auf erstern Punkt v>arm n.ur.von
zwei -Seiten beantragt, vom Schleswig-holsteinischen Abgeo- reden Schrader,
und der äußersten Linken durch Duncker (Berlin) vertreten. B^c ',,'^en den¬
selben Zweck, den süddeutschen Staaten den Beitritt zum Bunde e,?S el,! Recht
offen zu halten, dessen GeKendmachung in der Hauptsache nur von ihrem Wunsch
und Willen abhängt, während eine von den Nationalliberalcn vorgeschlagene
Fassung solchen Beitritt nur auf Vorschlag des Präsidiums im Wege der
Bundesgesetzg.'dung ernogli^t sehen will. Die von dem -sächsischen Ab¬
geordneten Herrn Bebel revrviscntirte radical-, so wie Herrn Wigcudo groß-
deutsch-demokratische Absicht wurde von beiden dem Reichstage nicht vorenthalten.
Die dabei zu Tage tretenden Anschauungen dieser Herren von dem wahren
unheilvollen Wesen der von Preußen angestrebten Gestaltung Deutschlands
waren freilich in diesem Hause patriotische Verschw.ndung. Nachdem Herr
v. Vincke noch einmal zu guter Letzt mit klangvoller patriotischer Rhetorik
'seine Kritik sämmtlicher Amendements geschlossen und Graf Bismarck seine


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[0159] Gerichts für Hochverrat!) und Verbrechen gegen die Sicherheit des Bundes. Außerdem wurde besonders von hannoverischer Seite die Begründung eines Bundesgerichts, welches der EnNvurf nicht kennt, befürwortet, vom Regierungs- commissär Herrn v. Savigny aber bekämpft. Der dresdner Abgeordnete Dr. Schwarze wurde bei diesen Verhandlungen in einen kleinen Privatkampf mit dem Abgeordneten Wölfel verwickelt, der, an eine vielbesprochene Scene in Sachsen anknüpfend, die Mitglieder der bewaffneten Macht noch besonders dem Rechtsschutz des Bundes empfohlen wissen wollte. Es war erfreulich, Herrn Dr. Schwarze dabei so warme, aufrichtig bundesfreundliche Gesinnungen ent¬ wickeln zu hören, von deren Allgemeinheit in Sachsen er auch unter andern als nothwendige Folge das Aufhören der fatalen und überflüssigen preußischen Besatzung gewisser sächsischer Städte erwartet. Wiggers von Rostock entnahm aus der Erfahrung, welche man bei dem bekannten Proceß gegen die dortigen Nationalvereinsmitglieder' gemacht, die Begründung seines Zusatzantrags, den Bundesrath als Nachfolger des alten Bundestags zu dem Bnndesorgan zu bestimmen, das nöthigenfalls den im eignen Lande versagten Rechtsschutz des Einzelnen übernimmt. Bei den Abstimmungen dieses Abends wurde, mit Hinweglassung jenes oben genannten Strafgesetzparagraphen, Artikel 68 mit dem Amendement des Dr. Schwarze (nach welchem die näheren Bestimmungen über die Zuständigkeit und das Verfahren des obersten Gerichtshofes gesetzlich erfolgen sollen) der Art. 69, und mit Wiggers Zusatz Art. 70 angenommen. Es blieb für die letzte Sitzung der Schlußberathung kein weiteres Material mehr als' die Bestimmungen des Entwurfs über die Beziehungen des Bundes zu Süddeutschland sowie Titel und Eingang der ganzen Urkunde. Abänderungen der Vorlagen in Bezug auf erstern Punkt v>arm n.ur.von zwei -Seiten beantragt, vom Schleswig-holsteinischen Abgeo- reden Schrader, und der äußersten Linken durch Duncker (Berlin) vertreten. B^c ',,'^en den¬ selben Zweck, den süddeutschen Staaten den Beitritt zum Bunde e,?S el,! Recht offen zu halten, dessen GeKendmachung in der Hauptsache nur von ihrem Wunsch und Willen abhängt, während eine von den Nationalliberalcn vorgeschlagene Fassung solchen Beitritt nur auf Vorschlag des Präsidiums im Wege der Bundesgesetzg.'dung ernogli^t sehen will. Die von dem -sächsischen Ab¬ geordneten Herrn Bebel revrviscntirte radical-, so wie Herrn Wigcudo groß- deutsch-demokratische Absicht wurde von beiden dem Reichstage nicht vorenthalten. Die dabei zu Tage tretenden Anschauungen dieser Herren von dem wahren unheilvollen Wesen der von Preußen angestrebten Gestaltung Deutschlands waren freilich in diesem Hause patriotische Verschw.ndung. Nachdem Herr v. Vincke noch einmal zu guter Letzt mit klangvoller patriotischer Rhetorik 'seine Kritik sämmtlicher Amendements geschlossen und Graf Bismarck seine 20*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/159>, abgerufen am 02.10.2024.