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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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General- und Svecialdebatte über das Capitel von den Bundesfinanzen
haben die Versammlung während der letzter" Hälfte der Montags- und des
größten Theils der Dienstagssitzung beschäftigt. Hier war es die nationalliberale
Partei, welche durch die von einem ihrer bedeutendsten Führer, Miquöl, gestellten
und wirklich zur Annahme gebrauten Amendements sehr wesentliche Modifica-
tionen des ursprünglichen Entwurfs herbeiführte. Freilich sind diese Dinge zu¬
nächst nur rein ideale, theoretische. Ja nicht einmal für ihre Aufrechthaltung
bei der definitiven Abstimmung in der kommenden Woche haben wir die Garantie.
Es kommen grade hierbei Punkte von höchster principieller und praktischer
Wichtigkeit in Frage. Der Entwurf will, -- immer natürlich abgesehen von
dein festgestellten Aufwande für das Bundesheer und die Marine -- die ge¬
meinschaftlichen Ausgaben für die Dauer einer Legislaturperiode d. h. also
immer gleich für drei Jahre festgestellt sehn. Er wil'l ferner dem Präsidium
das Recht vindicire", wenn die aus den Zöllen, den Bundcsstencrn, dem Post-
und Tclegraphenwesen fließenden gemeinsamen Einahmen die gemeinsamen Aus¬
gaben nicht decken, Matrikularbciträgc auszuschreiben nach Maßgabe der Be¬
völkerungen der Einzelstaaten und "nach Bedarf". Und über die Verwendung
dieser beide" Gattungen von Einnahmen verpflichtet er das Präsidium, dem
Bundesrat!) und dem ilieichstag Rechnung zu legen. Die Montags - General¬
debatte gab Gneist, Miquöl. den Ministern v. d. Heydt und v. Roon Veran¬
lassung, in längern Reden noch einmal ihre Anschauungen von dem dem Reichstag
einzuräumenden Budgetrecht zu entwickeln. Auch die beiden erstgenannten
Abgeordneten sind nicht mehr der Meinung, dies Recht soweit ausgedehnt wissen
zu wolle", daß alljährlich der Bestand der Armee gleichsam immer wieder von
neuem in Frage gestellt werde, uno sie. wie Gneist sagte, somit "nur bütwcise"
bestehe; aber ebenso wenig kann er die Ueberzeugung von der Nothwendigkeit
der parlamentarischen Controle auch des Mil>täretats soweit verläugnen, daß er
durch die Bewilligung eines Pans.bquantums für alle Zeiten eine Minimalzahl
der Armee f<se!>eilend, jenen der Prüfung der Volksvertretung durchaus zu ent-
ziehn sich entschlösse. Miquvls Bedenken wendeten sich hauptsächlich gegen die
dreijährige Finanzperiodc, welche er durch die einjährige ersetzt haben möchte,
und gegen die im Entwurf der Bundesregierung gewahrte Macht, die Matri-
kularbeiträge na.b freiem Ermessen zur Deckung etwaiger Mängel in den Einnah-
men aus Zöllen ze. auszuschreiben. N.res den Erläuterungen des Finanzminisiers
schien es übrigens, als wenn die Negierung diesem Paragraphen des Entwurfs
gar nicht die von Miquöl darin gesehene Deutung gegeben hätte und vielmehr
ganz in seinem S um bei der Veranschlagung der Einnahmen im Boraus auch
me zum Ersatz nöthig werdenden Malrikularbeiträge bereits sür die betreffende
Finanzpcriode auf den Etat zu bürgen gedächte. Herr v. Roon versagte sich
das Vergnügen nicht, wie es seit der Zeit jenes berühmten persönlichen varia-


General- und Svecialdebatte über das Capitel von den Bundesfinanzen
haben die Versammlung während der letzter» Hälfte der Montags- und des
größten Theils der Dienstagssitzung beschäftigt. Hier war es die nationalliberale
Partei, welche durch die von einem ihrer bedeutendsten Führer, Miquöl, gestellten
und wirklich zur Annahme gebrauten Amendements sehr wesentliche Modifica-
tionen des ursprünglichen Entwurfs herbeiführte. Freilich sind diese Dinge zu¬
nächst nur rein ideale, theoretische. Ja nicht einmal für ihre Aufrechthaltung
bei der definitiven Abstimmung in der kommenden Woche haben wir die Garantie.
Es kommen grade hierbei Punkte von höchster principieller und praktischer
Wichtigkeit in Frage. Der Entwurf will, — immer natürlich abgesehen von
dein festgestellten Aufwande für das Bundesheer und die Marine — die ge¬
meinschaftlichen Ausgaben für die Dauer einer Legislaturperiode d. h. also
immer gleich für drei Jahre festgestellt sehn. Er wil'l ferner dem Präsidium
das Recht vindicire», wenn die aus den Zöllen, den Bundcsstencrn, dem Post-
und Tclegraphenwesen fließenden gemeinsamen Einahmen die gemeinsamen Aus¬
gaben nicht decken, Matrikularbciträgc auszuschreiben nach Maßgabe der Be¬
völkerungen der Einzelstaaten und „nach Bedarf". Und über die Verwendung
dieser beide» Gattungen von Einnahmen verpflichtet er das Präsidium, dem
Bundesrat!) und dem ilieichstag Rechnung zu legen. Die Montags - General¬
debatte gab Gneist, Miquöl. den Ministern v. d. Heydt und v. Roon Veran¬
lassung, in längern Reden noch einmal ihre Anschauungen von dem dem Reichstag
einzuräumenden Budgetrecht zu entwickeln. Auch die beiden erstgenannten
Abgeordneten sind nicht mehr der Meinung, dies Recht soweit ausgedehnt wissen
zu wolle», daß alljährlich der Bestand der Armee gleichsam immer wieder von
neuem in Frage gestellt werde, uno sie. wie Gneist sagte, somit „nur bütwcise"
bestehe; aber ebenso wenig kann er die Ueberzeugung von der Nothwendigkeit
der parlamentarischen Controle auch des Mil>täretats soweit verläugnen, daß er
durch die Bewilligung eines Pans.bquantums für alle Zeiten eine Minimalzahl
der Armee f<se!>eilend, jenen der Prüfung der Volksvertretung durchaus zu ent-
ziehn sich entschlösse. Miquvls Bedenken wendeten sich hauptsächlich gegen die
dreijährige Finanzperiodc, welche er durch die einjährige ersetzt haben möchte,
und gegen die im Entwurf der Bundesregierung gewahrte Macht, die Matri-
kularbeiträge na.b freiem Ermessen zur Deckung etwaiger Mängel in den Einnah-
men aus Zöllen ze. auszuschreiben. N.res den Erläuterungen des Finanzminisiers
schien es übrigens, als wenn die Negierung diesem Paragraphen des Entwurfs
gar nicht die von Miquöl darin gesehene Deutung gegeben hätte und vielmehr
ganz in seinem S um bei der Veranschlagung der Einnahmen im Boraus auch
me zum Ersatz nöthig werdenden Malrikularbeiträge bereits sür die betreffende
Finanzpcriode auf den Etat zu bürgen gedächte. Herr v. Roon versagte sich
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[0156] General- und Svecialdebatte über das Capitel von den Bundesfinanzen haben die Versammlung während der letzter» Hälfte der Montags- und des größten Theils der Dienstagssitzung beschäftigt. Hier war es die nationalliberale Partei, welche durch die von einem ihrer bedeutendsten Führer, Miquöl, gestellten und wirklich zur Annahme gebrauten Amendements sehr wesentliche Modifica- tionen des ursprünglichen Entwurfs herbeiführte. Freilich sind diese Dinge zu¬ nächst nur rein ideale, theoretische. Ja nicht einmal für ihre Aufrechthaltung bei der definitiven Abstimmung in der kommenden Woche haben wir die Garantie. Es kommen grade hierbei Punkte von höchster principieller und praktischer Wichtigkeit in Frage. Der Entwurf will, — immer natürlich abgesehen von dein festgestellten Aufwande für das Bundesheer und die Marine — die ge¬ meinschaftlichen Ausgaben für die Dauer einer Legislaturperiode d. h. also immer gleich für drei Jahre festgestellt sehn. Er wil'l ferner dem Präsidium das Recht vindicire», wenn die aus den Zöllen, den Bundcsstencrn, dem Post- und Tclegraphenwesen fließenden gemeinsamen Einahmen die gemeinsamen Aus¬ gaben nicht decken, Matrikularbciträgc auszuschreiben nach Maßgabe der Be¬ völkerungen der Einzelstaaten und „nach Bedarf". Und über die Verwendung dieser beide» Gattungen von Einnahmen verpflichtet er das Präsidium, dem Bundesrat!) und dem ilieichstag Rechnung zu legen. Die Montags - General¬ debatte gab Gneist, Miquöl. den Ministern v. d. Heydt und v. Roon Veran¬ lassung, in längern Reden noch einmal ihre Anschauungen von dem dem Reichstag einzuräumenden Budgetrecht zu entwickeln. Auch die beiden erstgenannten Abgeordneten sind nicht mehr der Meinung, dies Recht soweit ausgedehnt wissen zu wolle», daß alljährlich der Bestand der Armee gleichsam immer wieder von neuem in Frage gestellt werde, uno sie. wie Gneist sagte, somit „nur bütwcise" bestehe; aber ebenso wenig kann er die Ueberzeugung von der Nothwendigkeit der parlamentarischen Controle auch des Mil>täretats soweit verläugnen, daß er durch die Bewilligung eines Pans.bquantums für alle Zeiten eine Minimalzahl der Armee f<se!>eilend, jenen der Prüfung der Volksvertretung durchaus zu ent- ziehn sich entschlösse. Miquvls Bedenken wendeten sich hauptsächlich gegen die dreijährige Finanzperiodc, welche er durch die einjährige ersetzt haben möchte, und gegen die im Entwurf der Bundesregierung gewahrte Macht, die Matri- kularbeiträge na.b freiem Ermessen zur Deckung etwaiger Mängel in den Einnah- men aus Zöllen ze. auszuschreiben. N.res den Erläuterungen des Finanzminisiers schien es übrigens, als wenn die Negierung diesem Paragraphen des Entwurfs gar nicht die von Miquöl darin gesehene Deutung gegeben hätte und vielmehr ganz in seinem S um bei der Veranschlagung der Einnahmen im Boraus auch me zum Ersatz nöthig werdenden Malrikularbeiträge bereits sür die betreffende Finanzpcriode auf den Etat zu bürgen gedächte. Herr v. Roon versagte sich das Vergnügen nicht, wie es seit der Zeit jenes berühmten persönlichen varia-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/156>, abgerufen am 01.07.2024.