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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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Männer von Gesittung finden werden, welche aus rein Pcitriotischen und huma¬
nen Beweggründen getiieben und unter verständiger Leitung der erforderlichen
militärischen Disciplin sich fügend, in der ersten Pflege den Verwundeten die
Hilfe des Staats unterstützen und vervollkommnen werden. Die Johanniterx
ritter, welche durch ihre patriotische Hingebung, Opferwilligkeit und Fürsorge
einen so großen und erfolgreichen Einfluß auf das Schicksal der Verwundeten
in den beiden Kriegen des preußischen Heeres zu erkennen gegeben haben, werden
mit ihren Mitgliedern, die dem Ofsiziersstande früher angehörten, die geeignet¬
sten Führer und Leiter abgeben.

2) Der Mangel an Aerzten bei den leichten Fel dlazarethen,
denen die Leistung der ersten ärztlichen Hilfe bei den Verwunde¬
ten zufällt. -- Ein leichtes Feldlazarett) ist jeder Division zugetheilt und
muß derselben, nachdem es seine Aufgabe am Schlachtfeld".' gelöst hat, wieder
folgen, um bei den nächsten Actioncn in Thätigkeit zu treten. Es ist also keine
Heil-, sondern eine Rettungsanstalt, in welcher die das Leben bedrohenden Ver¬
wundungen und Zustände möglichst unschädlich, die Verwundeten transportfähig
gemacht und erquickt werde" sollen, Dies geschieht durch die Ausführung lcbens-
rettcnder, also unaufschiebbarer.Operationen an den nicht zu erkaltenden Glie¬
dern, durch Blutstillung, Lagerung und Befestigung der zu erhaltenden zerschossenen
Glieder mittelst Gips- und Scbiencnvcrbänden und durch Anlegring von Deck¬
verbänden bei Substanzverlust durch Granatsplitter und andere große zerstörende
Geschosse. Zur Losung solcher technischer Aufgaben wird oft bei einem Ver¬
wundeten das gleichzeitige Zusammenwirken mehrer Sachverständigen, bei Unter¬
stützung durch die hinreichende Zahl von geübte" Gehilfen, erforderlich. Hierzu
wurden bisher für die bei einer Division von 12,000 Mann vorkommenden
Verwundeten die Hälfte des änlichen Personals eines Divisionslazareths, d.h.
6 bis 7 Aerzte (2 Stabs- und 4- Assistenzärte, denen der Chefarzt zutreten
kann) und 4 Lazarethgehilfen bestimmt, welche der auf das Schlachtfeld rücken¬
der einen Abtheilung, das fahrende Detachement genannt, angehören, während
die andere Hälfte der Aerzte bei der andern Abtheiln,'g, dem Depot, zurückbleibt,
das die transportabel gemachten Verwundeten aufzunehmen und zu verpflegen
hat, bis dieselben in einer Feldheilanstalt d.h. in einem schweren Feldlazarett)
oder Kriegslazareth untergebracht sind.

Bei Gefechten und kleinen militärischen Actionen kann ein solches geringes
Personal wohl hinreichend sein, die erste Hilfe zu leisten, daß dasselbe aber
bei Schlachten nicht genügen kann, die ihm dann zufallende große Arbeit recht¬
zeitig auszuführen, liegt auf der Hand. Schon bei der Reorganisation der
Armee im Jahre 1809 wurde von Sachverständigen für jede Brigade ein sol¬
ches Lazarett) mit ,16 Aerzten etatmäßig für nothwendig gehalten, von der Aus¬
führung dieses Vorhabens aber abgestanden, weit dem Staate hierzu bei dem


Männer von Gesittung finden werden, welche aus rein Pcitriotischen und huma¬
nen Beweggründen getiieben und unter verständiger Leitung der erforderlichen
militärischen Disciplin sich fügend, in der ersten Pflege den Verwundeten die
Hilfe des Staats unterstützen und vervollkommnen werden. Die Johanniterx
ritter, welche durch ihre patriotische Hingebung, Opferwilligkeit und Fürsorge
einen so großen und erfolgreichen Einfluß auf das Schicksal der Verwundeten
in den beiden Kriegen des preußischen Heeres zu erkennen gegeben haben, werden
mit ihren Mitgliedern, die dem Ofsiziersstande früher angehörten, die geeignet¬
sten Führer und Leiter abgeben.

2) Der Mangel an Aerzten bei den leichten Fel dlazarethen,
denen die Leistung der ersten ärztlichen Hilfe bei den Verwunde¬
ten zufällt. — Ein leichtes Feldlazarett) ist jeder Division zugetheilt und
muß derselben, nachdem es seine Aufgabe am Schlachtfeld«.' gelöst hat, wieder
folgen, um bei den nächsten Actioncn in Thätigkeit zu treten. Es ist also keine
Heil-, sondern eine Rettungsanstalt, in welcher die das Leben bedrohenden Ver¬
wundungen und Zustände möglichst unschädlich, die Verwundeten transportfähig
gemacht und erquickt werde» sollen, Dies geschieht durch die Ausführung lcbens-
rettcnder, also unaufschiebbarer.Operationen an den nicht zu erkaltenden Glie¬
dern, durch Blutstillung, Lagerung und Befestigung der zu erhaltenden zerschossenen
Glieder mittelst Gips- und Scbiencnvcrbänden und durch Anlegring von Deck¬
verbänden bei Substanzverlust durch Granatsplitter und andere große zerstörende
Geschosse. Zur Losung solcher technischer Aufgaben wird oft bei einem Ver¬
wundeten das gleichzeitige Zusammenwirken mehrer Sachverständigen, bei Unter¬
stützung durch die hinreichende Zahl von geübte» Gehilfen, erforderlich. Hierzu
wurden bisher für die bei einer Division von 12,000 Mann vorkommenden
Verwundeten die Hälfte des änlichen Personals eines Divisionslazareths, d.h.
6 bis 7 Aerzte (2 Stabs- und 4- Assistenzärte, denen der Chefarzt zutreten
kann) und 4 Lazarethgehilfen bestimmt, welche der auf das Schlachtfeld rücken¬
der einen Abtheilung, das fahrende Detachement genannt, angehören, während
die andere Hälfte der Aerzte bei der andern Abtheiln,'g, dem Depot, zurückbleibt,
das die transportabel gemachten Verwundeten aufzunehmen und zu verpflegen
hat, bis dieselben in einer Feldheilanstalt d.h. in einem schweren Feldlazarett)
oder Kriegslazareth untergebracht sind.

Bei Gefechten und kleinen militärischen Actionen kann ein solches geringes
Personal wohl hinreichend sein, die erste Hilfe zu leisten, daß dasselbe aber
bei Schlachten nicht genügen kann, die ihm dann zufallende große Arbeit recht¬
zeitig auszuführen, liegt auf der Hand. Schon bei der Reorganisation der
Armee im Jahre 1809 wurde von Sachverständigen für jede Brigade ein sol¬
ches Lazarett) mit ,16 Aerzten etatmäßig für nothwendig gehalten, von der Aus¬
führung dieses Vorhabens aber abgestanden, weit dem Staate hierzu bei dem


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[0129] Männer von Gesittung finden werden, welche aus rein Pcitriotischen und huma¬ nen Beweggründen getiieben und unter verständiger Leitung der erforderlichen militärischen Disciplin sich fügend, in der ersten Pflege den Verwundeten die Hilfe des Staats unterstützen und vervollkommnen werden. Die Johanniterx ritter, welche durch ihre patriotische Hingebung, Opferwilligkeit und Fürsorge einen so großen und erfolgreichen Einfluß auf das Schicksal der Verwundeten in den beiden Kriegen des preußischen Heeres zu erkennen gegeben haben, werden mit ihren Mitgliedern, die dem Ofsiziersstande früher angehörten, die geeignet¬ sten Führer und Leiter abgeben. 2) Der Mangel an Aerzten bei den leichten Fel dlazarethen, denen die Leistung der ersten ärztlichen Hilfe bei den Verwunde¬ ten zufällt. — Ein leichtes Feldlazarett) ist jeder Division zugetheilt und muß derselben, nachdem es seine Aufgabe am Schlachtfeld«.' gelöst hat, wieder folgen, um bei den nächsten Actioncn in Thätigkeit zu treten. Es ist also keine Heil-, sondern eine Rettungsanstalt, in welcher die das Leben bedrohenden Ver¬ wundungen und Zustände möglichst unschädlich, die Verwundeten transportfähig gemacht und erquickt werde» sollen, Dies geschieht durch die Ausführung lcbens- rettcnder, also unaufschiebbarer.Operationen an den nicht zu erkaltenden Glie¬ dern, durch Blutstillung, Lagerung und Befestigung der zu erhaltenden zerschossenen Glieder mittelst Gips- und Scbiencnvcrbänden und durch Anlegring von Deck¬ verbänden bei Substanzverlust durch Granatsplitter und andere große zerstörende Geschosse. Zur Losung solcher technischer Aufgaben wird oft bei einem Ver¬ wundeten das gleichzeitige Zusammenwirken mehrer Sachverständigen, bei Unter¬ stützung durch die hinreichende Zahl von geübte» Gehilfen, erforderlich. Hierzu wurden bisher für die bei einer Division von 12,000 Mann vorkommenden Verwundeten die Hälfte des änlichen Personals eines Divisionslazareths, d.h. 6 bis 7 Aerzte (2 Stabs- und 4- Assistenzärte, denen der Chefarzt zutreten kann) und 4 Lazarethgehilfen bestimmt, welche der auf das Schlachtfeld rücken¬ der einen Abtheilung, das fahrende Detachement genannt, angehören, während die andere Hälfte der Aerzte bei der andern Abtheiln,'g, dem Depot, zurückbleibt, das die transportabel gemachten Verwundeten aufzunehmen und zu verpflegen hat, bis dieselben in einer Feldheilanstalt d.h. in einem schweren Feldlazarett) oder Kriegslazareth untergebracht sind. Bei Gefechten und kleinen militärischen Actionen kann ein solches geringes Personal wohl hinreichend sein, die erste Hilfe zu leisten, daß dasselbe aber bei Schlachten nicht genügen kann, die ihm dann zufallende große Arbeit recht¬ zeitig auszuführen, liegt auf der Hand. Schon bei der Reorganisation der Armee im Jahre 1809 wurde von Sachverständigen für jede Brigade ein sol¬ ches Lazarett) mit ,16 Aerzten etatmäßig für nothwendig gehalten, von der Aus¬ führung dieses Vorhabens aber abgestanden, weit dem Staate hierzu bei dem

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/129>, abgerufen am 24.08.2024.